besAR unter Beschuss
Wieder einmal steht die besondere Ausgleichsregelung (besAR) unter Beschuss. Frau Dr. Julia Verlinden, die energiepolitische Sprecherin der Fraktion Die Grünen fordert, der Kreis der begünstigten Unternehmen müsse eingeschränkt werden. Wenn für ein Fünftel des gesamten deutschen Stromverbrauchs eine Ausnahme gelte, dann sei das zu viel.
Doch worum geht es eigentlich bei dieser Ausnahme?
Bekanntlich wird die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind oder Wasser gefördert. In der Vergangenheit erhielten solche Anlagen durchweg eine Garantievergütung für 20 Jahre. Heute ist dies nur noch ausnahmsweise der Fall. In aller Regel werden die so erzeugten Strom heute regulär vermarktet und nur durch einen Zuschlag gefördert. Die Zahlungen zur Förderung werden aus einem zentralen Konto geleistet, das alle Letztverbraucher über eine Umlage füllen. Derzeit beträgt diese Umlage 6,79 Cent pro kWh.
Die von Frau Verlinden gegeißelte Ausnahme beruht auf den §§ 63 EEG 2017 ff. Hiernach müssen bestimmte als stromkostenintensiv eingestufte Branchen nicht die volle EEG-Umlage zahlen. Die Stromkostenintensität bezeichnet dabei das Verhältnis der Stromkosten zum arithmetischen Mittel der Bruttowertschöpfung in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren des Unternehmens.
Die EEG-Umlage wird für die Betroffenen der Höhe nach begrenzt. Bis einschließlich 1 GWh gilt dies jedoch nicht. Hier gilt ein Selbstbehalt, für den die Industrie auch nicht weniger zahlt als jeder von uns daheim. Bei den 1 GWh übersteigenden Mengen wird differenziert. Unternehmen, die besonders stromkostenintensiv sind, zahlen weniger als solche, bei denen die Stromkostenintensität hoch, aber eben nicht genauso hoch ist. Hier enthält das EEG 2017 zwei Listen in Anlage 4, die Branchen aufführen, von denen man weiß, dass sie besonders hohe Stromkosten tragen. Es gelten dabei sowohl Höchstgrenzen, als auch eine Untergrenze. Ob ein Unternehmen die Kriterien erfüllt, testiert erst ein Wirtschaftsprüfer, dann prüft das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die alljährlich zum 30.06. eingehenden Anträge.
Doch bei aller Differenzierung nach Branchen: warum wird die Industrie überhaupt bevorteilt? Grund für die Erleichterungen sind die unterschiedlichen Belastungen von Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Denn in vielen Ländern, in denen die Wettbewerber der stromintensiven Industrie ansässig sind, existieren keine vergleichbaren Belastungen. Gerade bei Unternehmen, deren Produktionskosten stark von den Stromkosten abhängen, würde sich eine volle EEG Umlage als echter Hemmschuh oder gar als absolutes Produktionshindernis erweisen.
Natürlich ist eine Überförderung stets auszuschließen. Hierüber wacht – schließlich handelt es sich um Beihilfen – die Europäische Kommission. Doch anders als Frau Dr. Verlinden meint, profitiert die Industrie von der besAR nicht auf Kosten der Verbraucher. Denn diese sind ja nicht nur Stromkunden. Sie profitieren auch als Arbeitnehmer und Bürger von einer leistungsfähigen Industrie.