Klima­krise im Paradies

Wir sahen es an der Aar 2021, wir haben es in weiten Teilen Süddeutsch­lands in diesem Jahr gesehen: Extrem­wet­ter­er­eig­nisse sind keine Seltenheit mehr: Jahrhun­dert­ereig­nisse häufen sich. Während der Wasser­stand mehrerer Flüsse im Süden Deutsch­lands noch hoch ist, aber nur noch wenig Regen erwartet wird und auch in Passau der Katastro­phenfall aufge­hoben wurde, erwarten andere Teile Europas Rekord­tem­pe­ra­turen. Für Griechenland und die Türkei werden bis zu 45 Grad vorher­ge­sehen. Noch vor wenigen Jahren war Juni eine ideale Reisezeit für Griechenland. Dieses Jahr werde ich eines Besseren belehrt. Auf Rhodos sind es derzeit 39 Grad und damit ist es eigentlich zu heiß, um das Haus zu verlassen – ähnlich sieht es auf anderen griechi­schen Inseln aus: Akute Waldbrand­gefahr. Rhodos war erst im Sommer 2023 von verhee­renden Waldbränden besonders stark getroffen worden. Weite Landstriche bis zum Meer in Richtung Kiotari wirken nun surreal. Verkohlte Bäume wirken wie stumme Zeugen, dass die Hügel auch in diesem Teil der Insel noch im letzten Jahr grün bewaldet waren.

Spricht man mit Anwohnern vor Ort, hört man von Menschen, die im Feuer alles – bis auf das eigene Leben – verloren haben und nun schauen, wo sie unter­kommen und neu beginnen können. Versi­che­rungen gab es nicht. Zwar werden vereinzelt Bäume aus kosme­ti­schen Gründen entlang der Straßen wieder angepflanzt, doch auch einige von diesen werden schon braun. Zumindest sind die Touristen wieder da – auch im Gebiet um Kiotari. Andere Teile der Insel sind weiterhin wunder­schön. Traum­hafte Strände, quirlige Ortschaften und archäo­lo­gische Stätten machen den Reiz dieses „Edelsteins im Meer“ aus, wie ihn Udo Jürgens in „Rhodos im Regen“ etwas schnulzig besang. Wer kennt es nicht? Grüne Hügel, Meer und Wind und griechi­scher Wein, so wie das Blut der Erde. Aber angesichts der Tempe­ra­turen schon Anfang Juni steht die Frage im Raum, wie lange Griechenland noch ein Reiseziel für den Sommer sein kann. „Wir tun zu wenig für die Klima­an­passung“, sagt ein in Deutschland promo­vierter Arzt, der auf der Insel prakti­ziert und mit dem man ins Gespräch kommt. Der Energie­bedarf ist bereits jetzt enorm. Gleichwohl steckt die Trans­for­mation der Energie­er­zeugung vor Ort allen­falls in den Kinder­schuhen. Windener­gie­an­lagen sieht man nicht, PV ist kaum zu finden und der Haupt­en­er­gie­bedarf der Insel wird weiterhin durch das Kraftwerk in Soroni gedeckt, das nach eigenen Recherchen Schweröl verbrennt. (Dirk Buchsteiner)

2024-06-14T11:48:42+02:0014. Juni 2024|Energiewende weltweit, Industrie, Kommentar, re unterwegs|

Das neue Klimaanpassungsgesetz

Der Klima­wandel ist schon da und setzt sich weiter fort. Es ist nur noch offen, wie viel wärmer es in Deutschland wird. Manche sprechen sogar schon von 6°C, um die Deutschland wärmer wird, wenn weltweit die Tempe­ratur um 3° C zunimmt. Deswegen kann Klima­schutz­po­litik sich nicht nur darauf beschränken, die Emissionen zu senken. Sondern auch Anpas­sungs­stra­tegien an eine verän­derte Umwelt zu entwi­ckeln. Um dies zu gewähr­leisten hat der Bundestag am 16.11.2023 ein Bundes­kli­ma­an­pas­sungs­gesetz verab­schiedet (wir haben über den Entwurf schon berichtet).

Wer eine konkrete Strategie sucht, wird aber nicht fündig. Diese soll erst entwi­ckelt werden, und zwar durch die Bundes­re­gierung bis zum 30.09.2025, also einige Tage nach der voraus­sichtlich nächsten Bundes­tagswahl. Diese Strategie soll ausge­sprochen breit ausfallen, und außer nahelie­genden Themen wie Küsten­schutz oder Stadt­ent­wicklung auch Aspekte wie Gesund­heits­schutz oder Finanz­wirt­schaft umfassen. Entwi­ckelt werden sollen Ziele, Indika­toren und Maßnahmen.

§ 4 sieht eine Klima­ri­si­ko­analyse vor, die rollierend alle acht Jahre überar­beitet wird. Fortschritte sollen in regel­mä­ßigen Monitoring-Berichten alle vier Jahre dokumen­tiert und veröf­fent­licht werden. Auf Basis des Monito­rings wird dann die Anpas­sungs­stra­tegie fortge­schrieben. In jedem Fall will der Bund mit seinen eigenen Liegen­schaften mit gutem Vorbild vorangehen.

Ein wichtiger Punkt: Das Gesetz enthält ein Berück­sich­ti­gungs­gebot bei Planungen und Entschei­dungen durch die öffent­liche Hand. Viele dieser Punkte sind bereits in anderen Fachge­setzen berück­sichtigt, wie etwa der Hochwas­ser­schutz oder der Schutz des Grund­wassers. Neu ist aber vor allem der übergrei­fende Charakter: Bei allem, was Behörden tun, müssen sie mitbe­denken, dass es wärmer wird und die Umwelt sich verändert. In diesen Kontext gehört auch ein – aller­dings recht weiches – Entsiegelungsgebot.

Flut, Unterzeichnen, Untergang, Wasser

Doch nicht nur der Bund soll aktiv werden: Auch die Länder müssen einen Umgang mit der Erder­wärmung finden. Sie müssen eigene Strategien entwi­ckeln und bis 2027 dem Bund vorlegen. Auch diese Strategien werden regel­mäßig fortge­schrieben und Fortschritte berichtet. Auch die Pflicht zur Konzept­ent­wicklung gilt auch für die Länder.

Ausdrücklich gewährt das Gesetz keine indivi­du­ellen Rechte. Es sollen also weder Bürger auf einen (besseren) Plan klagen können, noch Schadens­ersatz geltend machen können, wenn der Plan versagt und sie spezi­fisch durch den Klima­wandel bedingte Schäden erleiden. In diesem Fall hätte vielleicht der Planungs­träger versagt. Doch Bürger oder Unter­nehmen nützt das nichts (Miriam Vollmer).

2023-11-24T00:32:02+01:0024. November 2023|Energiepolitik|

Klima­wandel, Moorre­natu­rierung und Wasser­recht (II)

Graben in Norddeutschland

Graben in der Bremer Wümme­nie­derung (Foto: Olaf Dilling)

Vor kurzem hatten wir schon einmal über Klima­wandel und Moorschutz geschrieben. Dabei war von den recht­lichen Regeln des Wasser­ma­nage­ments in der Fläche die Rede. Im Folgenden werden wir kurz eine der zentralen Stell­schrauben für die Renatu­rierung von Mooren im Wasser­recht erläutern.

Bisher ist es so, dass Entwäs­serung durch Landwirt­schaft gegenüber Anstauen und Wieder­vernässen in gewisser Weise privi­le­giert ist. Zwar handelt es sich bei beiden Maßnahmen in der Regel um Benut­zungen von Gewässern, die nach § 8 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) geneh­mi­gungs­pflichtig sind. Denn nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 5 WHG sind beide Tätig­keiten als Benutzung definiert.

Aller­dings gibt es nach § 46 WHG auch erlaub­nis­freie Benut­zungen. Und nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 gibt es eine Ausnahme bei Ablei­tungen „für Zwecke der gewöhn­lichen Boden­ent­wäs­serung landwirt­schaftlich, forst­wirt­schaftlich oder gärtne­risch genutzter Grund­stücke“. Eine Erlaubnis oder Bewil­ligung ist nicht erfor­derlich, „soweit keine signi­fi­kanten nachtei­ligen Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt zu besorgen sind“. Anders sieht es beim Stauen von Gräben oder anderen Fließ­ge­wässern aus. Hier ist immer eine Geneh­migung erfor­derlich: Insofern besteht ein Ungleichgewicht.

Aller­dings wird in einer Entscheidung des VG Magdeburg von 2018 überzeugend begründet, dass bei der Entwäs­serung von Moorböden solche „signi­fi­kanten nachtei­ligen Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt“ in der Regel anzunehmen sind. Daher wäre auch hier grund­sätzlich eine Geneh­migung erfor­derlich. Dies nicht so sehr – wie in dem Fall von der Behörde argumen­tiert – weil Schad­stoffe direkter und damit durch das Torfsub­strat weniger gefiltert in den Vorfluter gelangen. Sondern, so das Gericht, weil sich der Moorboden durch die Entwäs­serung und den Kontakt mit Sauer­stoff zersetzt.

Das hat drei Folgen: Erstens wird die organische Substanz durch Mikro­or­ga­nismen „veratmet“, was zu den bekannten erheb­lichen CO2-Emissionen führt. Zweitens hat dies zur Folge, dass über Jahrtau­sende gespei­cherte Nährstoffe freiwerden, so dass auch die umlie­genden Gewässer stärker belastet werden. Und drittens kann der Boden sich über die Jahre erheblich absenken und an Speicher­fä­higkeit verlieren, was langfristig wiederum ungünstige Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt haben kann. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung besonders auf die Freisetzung von Nährstoffen abgestellt. Daher war eine Geneh­migung der Drainage erfor­derlich. Außerdem war die Verpflichtung zum regel­mä­ßigen Messen von Schad­stoffen zumindest im Grundsatz gerechtfertigt.

Wir vermuten, dass die Erkenntnis der Geneh­mi­gungs­be­dür­figkeit der Dränage und Entwäs­serung von Moorböden in der Fläche bisher noch nicht so richtig angekommen ist. Dafür ist die Notwen­digkeit dieser Praxis einfach zu tief in der norddeut­schen Seele verwurzelt. Grade vor dem Hinter­grund von Klima­wandel und Trockenheit muss jedoch beachtet werden, dass die Entwäs­serung von Böden keine Selbst­ver­ständ­lichkeit ist. Auch sie bedarf rechtlich geregelter Rahmen­be­din­gungen, die auf ein umfas­sen­deres Wasser­ma­nagement abzielen, das ein Absenken des Grund­was­ser­spiegels verhindert (Olaf Dilling).

 

2021-06-23T17:07:32+02:0023. Juni 2021|Naturschutz, Umwelt, Verwaltungsrecht, Wasser|