Die Klima­an­pas­sungs­stra­tegie Deutschland im Entwurf

Spanien macht es erneut überdeutlich: Schon heute hat die Erder­wärmung ein Ausmaß erreicht, dass bessere Anpas­sungs­stra­tegien erfor­derlich macht. Denn selbst wenn die Bemühungen, Emissionen zu senken, erfolg­reich sind: Die schon emittierten Treib­hausgase werden in den nächsten Jahrzehnten unwei­gerlich das führen, dass es nicht bei den bisher 1,3° C bleibt.

Die Bundes­re­gierung hat deswegen erstmals einen recht­lichen Rahmen für die Anpassung an den unver­meid­lichen Klima­wandel gesetzt. Seit dem 01. Juli 2024 ist das Bundes-Klima­an­pas­sungs­gesetz (KAnG) in Kraft. Das KAnG verpflichtet Bund und Länder, eine Klima­an­pas­sungs­stra­tegie zu erarbeiten und in regel­mä­ßigem Turnus weiter­zu­ent­wi­ckeln (zum Gesetz schon hier).

Die erste Anpas­sungs­stra­tegie des Bundes liegt inzwi­schen im Entwurf vor. Die Anhörung von Bürgern und Verbänden hat statt­ge­funden. Inter­essant ist das Dokument allemal:

Die Strategie umfasst sechs ausdrücklich benannte Bereiche und übergreifende/ergänzende Handlungs­felder. Jeweils werden Risiken, Ziele und Instru­mente aufge­führt. Namentlich benannt sind Infra­struktur, Land und Landnutzung, Wald und Forst, Gesundheit und Pflege, Stadt­ent­wicklung, Raumordnung und Bevöl­ke­rungs­schutz, Wasser und Wirtschaft.

Viele der vorge­schla­genen Maßnahmen sind seit vielen Jahren bekannt, wie etwa mehr kühlende Oberflächen, mehr Stadtgrün und mehr Versi­cke­rungs­flächen, Aufklärung über zusätz­liche gesund­heit­liche Risiken wie zuneh­mende Pollen­all­ergien und Infek­ti­ons­krank­heiten und Dach‑, Fassaden- und Liegen­schafts­be­grü­nungen. Ziel ist es jeweils, die Residenz des jewei­ligen Sektors zu erhöhen, also Schäden durch eine wärmere Umwelt zu verringern und Risiken zu vermeiden.

Viele der vorge­schla­genen Maßnahmen wirken unmit­telbar einleuchtend, auf den zweiten Blick dürften sie aber Spreng­stoff entfalten. Denn gerade Städte sind durch eine Zunahme von Hitze, Trockenheit und Extrem­wetter besonders gefährdet, gleich­zeitig ist die Nutzungs­kon­kurrenz in Metro­polen aber auch besonders hoch. Flächen freizu­halten oder gar genutzte Flächen zu entsiegeln ist vielfach deswegen keine populäre Maßnahme. Auch die Erhöhung der biolo­gi­schen Vielfalt in der Landwirt­schaft und in Wäldern zur Resili­enz­er­höhung sehen Unter­nehmen kriti­scher als Wissen­schaftler, die die Strategie entwi­ckelt haben. Um so inter­es­santer ist es, wie die Strategie aussieht, wenn sie fertig ist, denn die Leitlinien der künftigen politi­schen Entwick­lungen hängt sicher nicht nur, aber eben auch davon ab, ob Maßnahmen Deutschland klima­wan­d­el­fester machen oder nicht. Der Prozess bleibt also weiter spannend (Miriam Vollmer).

Von |2024-11-01T15:37:43+01:001. November 2024|Klimaschutz|

Das neue Klimaanpassungsgesetz

Der Klima­wandel ist schon da und setzt sich weiter fort. Es ist nur noch offen, wie viel wärmer es in Deutschland wird. Manche sprechen sogar schon von 6°C, um die Deutschland wärmer wird, wenn weltweit die Tempe­ratur um 3° C zunimmt. Deswegen kann Klima­schutz­po­litik sich nicht nur darauf beschränken, die Emissionen zu senken. Sondern auch Anpas­sungs­stra­tegien an eine verän­derte Umwelt zu entwi­ckeln. Um dies zu gewähr­leisten hat der Bundestag am 16.11.2023 ein Bundes­kli­ma­an­pas­sungs­gesetz verab­schiedet (wir haben über den Entwurf schon berichtet).

Wer eine konkrete Strategie sucht, wird aber nicht fündig. Diese soll erst entwi­ckelt werden, und zwar durch die Bundes­re­gierung bis zum 30.09.2025, also einige Tage nach der voraus­sichtlich nächsten Bundes­tagswahl. Diese Strategie soll ausge­sprochen breit ausfallen, und außer nahelie­genden Themen wie Küsten­schutz oder Stadt­ent­wicklung auch Aspekte wie Gesund­heits­schutz oder Finanz­wirt­schaft umfassen. Entwi­ckelt werden sollen Ziele, Indika­toren und Maßnahmen.

§ 4 sieht eine Klima­ri­si­ko­analyse vor, die rollierend alle acht Jahre überar­beitet wird. Fortschritte sollen in regel­mä­ßigen Monitoring-Berichten alle vier Jahre dokumen­tiert und veröf­fent­licht werden. Auf Basis des Monito­rings wird dann die Anpas­sungs­stra­tegie fortge­schrieben. In jedem Fall will der Bund mit seinen eigenen Liegen­schaften mit gutem Vorbild vorangehen.

Ein wichtiger Punkt: Das Gesetz enthält ein Berück­sich­ti­gungs­gebot bei Planungen und Entschei­dungen durch die öffent­liche Hand. Viele dieser Punkte sind bereits in anderen Fachge­setzen berück­sichtigt, wie etwa der Hochwas­ser­schutz oder der Schutz des Grund­wassers. Neu ist aber vor allem der übergrei­fende Charakter: Bei allem, was Behörden tun, müssen sie mitbe­denken, dass es wärmer wird und die Umwelt sich verändert. In diesen Kontext gehört auch ein – aller­dings recht weiches – Entsiegelungsgebot.

Flut, Unterzeichnen, Untergang, Wasser

Doch nicht nur der Bund soll aktiv werden: Auch die Länder müssen einen Umgang mit der Erder­wärmung finden. Sie müssen eigene Strategien entwi­ckeln und bis 2027 dem Bund vorlegen. Auch diese Strategien werden regel­mäßig fortge­schrieben und Fortschritte berichtet. Auch die Pflicht zur Konzept­ent­wicklung gilt auch für die Länder.

Ausdrücklich gewährt das Gesetz keine indivi­du­ellen Rechte. Es sollen also weder Bürger auf einen (besseren) Plan klagen können, noch Schadens­ersatz geltend machen können, wenn der Plan versagt und sie spezi­fisch durch den Klima­wandel bedingte Schäden erleiden. In diesem Fall hätte vielleicht der Planungs­träger versagt. Doch Bürger oder Unter­nehmen nützt das nichts (Miriam Vollmer).

Von |2023-11-24T00:32:02+01:0024. November 2023|Energiepolitik|

Der Entwurf des Klimaanpassungsgesetzes

Schon heute hat sich die Durch­schnitts­tem­pe­ratur der Erde um etwa 1,2° C erhöht. Es gibt mehr Unwetter, wie etwa Stark­regen, in denen in kurzer Zeit extreme Wasser­mengen fallen, daneben aber mehr lange Phasen der Trockenheit, und die Tage, an denen es wärmer wird als 30° C haben sich erheblich vermehrt. Doch bis heute ist die Bundes­re­publik auf diese Verän­de­rungen, die nicht mehr durch künftige Klima­schutz­be­mü­hungen abgewendet werden können, nicht gut vorbe­reitet. Das will die Bundes­re­gierung nun durch den Entwurf eines Klima­an­pas­sungs­ge­setzes ändern, den das Bundes­ka­binett am 13.07.2023, zwei Jahre nach dem Hochwasser im Ahrtal, beschlossen hat.

Das Klima­an­pas­sungs­gesetz enthält selbst keine verbind­lichen Regeln, wie Deutsch­lands Anpas­sungs­stra­tegie aussehen soll, sondern gibt Bund, Ländern und über diese der kommu­nalen Ebene vor, jeweils im Rahmen ihrer Zustän­dig­keiten eine Klima­an­pas­sungs­stra­tegie zu entwi­ckeln. Der Bund soll dabei bis September 2025, dem Ende der Legis­la­tur­pe­riode, in der Pflicht sein, danach ist das Konzept alle vier Jahre fortzu­ent­wi­ckeln. Es ist augesprochen breit angelegt und berührt Bereiche wie Wasser ebenso wie Gebäude, Wälder, die Landwirt­schaft, die Auswir­kungen auf die Gesundheit und die Entwicklung der Städte. Es soll messbare Ziele und Maßnahmen enthalten, aber – das gilt für das gesamte Gesetz – nicht durch Bürger oder Unter­nehmen einklagbar sein. Es bleibt abzuwarten, ob das dem Planungselan der Verwaltung nicht abträglich ist.

Free Flood Road photo and picture

Die Länder können eigene Klima­an­pas­sungs­ge­setze erlassen, sie sind aber alle verpflichtet, bis Ende Januar 2026 eine eigene Klima­an­pas­sungs­stra­tegie zu entwi­ckeln. Es obliegt ihnen, dass für die Städte und Gemeinden und die Landkeise jeweils Klima­an­pas­sungs­kon­zepte entwi­ckelt und auch umgesetzt werden. Sie berichten darüber an den Bund.

Ein wichtiger Punkt: Das Klima­an­pas­sungs­gesetz soll ein Berück­sich­ti­gungs­gebot für die Klima­an­passung enthalten, das bei Planungen und Entschei­dungen berück­sichtigt werden soll, und zwar sollen sowohl bereits einge­tretene, als auch künftige Auswir­kungen des Klima­wandels berück­sichtigt werden. Besonders genannt wird dabei die Entsie­gelung von Böden.

Wie geht es nun weiter? Nach der Sommer­pause werden sich Bundestag und Bundesrat mit dem Gesetz beschäf­tigen. Noch steht also nichts fest (Miriam Vollmer).

 

Von |2023-07-14T20:56:58+02:0014. Juli 2023|Umwelt|

Klima­an­passung: Auch eine Heraus­for­derung für Kommunen

Eine mobile Barriere mit Verbotsschild und Hinweis auf Hochwasser neben einer Autobahnbrücke

Hochwas­ser­er­eig­nisse dürften sich aufgrund des Klima­wandels trotz der Zunahme von Dürren in Deutschland häufen (Foto: Markus Distelrath – Pixabay).

Das Kompe­tenz­zentrum Klima­folgen und Anpassung (KomPass) im Umwelt­bun­desamt hatte für heute Vormittag einge­laden. Anlass war die Veröf­fent­li­chung einer neuen UBA-Studie über die Risiken und Anpas­sungs­er­for­der­nisse, die der Klima­wandel in Deutschland bringen wird.

Der Präsident des Umwelt­bun­desamts Professor Dirk Messmer machte gleich von Anfang an klar: Wenn wir nichts tun, droht alles instabil zu werden und die Kosten des Klima­wandels werden langfristig untragbar. Das gilt sowohl für die Vermeidung der schlimmsten Verläufe als auch für die Maßnahmen zur Anpassung, die schon jetzt notwendig werden. Ein Beispiel sind „Schwamm­städte“, die so konstruiert und geplant sind, dass sie Extrem­wetter abfedern: große Hitze und Stark­regen. Oder eine klima­re­sis­tente Landwirt­schaft, die trotz Trockenheit ertrag­reich wirtschaftet.

Denn bis die Maßnahmen greifen, dauert es einige Zeit. Mag sein, dass in Zukunft der Wein auch an Eider und Weser wächst, aber bis ein Weinstock reichlich trägt, können schon mal 15 bis 20 Jahre vergehen. Das Problem bei dieser langfris­tigen Planung ist, so Walter Kahlenborn von Adelphi, einem Berliner umwelt­po­li­ti­schen ThinkTank, dass die Prognosen bisher im Detail oft noch unsicher sind. Das ist gerade für die Forst­wirt­schaft mit ihren langen Wachstums- und Preis­zyklen schwierig.

Klar ist aller­dings bereits jetzt, dass es Heraus­for­de­rungen in unter­schied­lichen Branchen und Lebens­be­reichen gibt, die sich in ihren Auswir­kungen zum Teil poten­zieren könnten: Betroffen sind sicher vor allem die natur­nut­zenden Wirtschafts­zweige wie Land- und Forst­wirt­schaft, Fischerei und Wasser­wirt­schaft. Küsten­schutz, Gesund­heits­sektor und Städtebau.

Letzterem war auch eigens eine der paral­lelen Sitzungen gewidmet: Vor allem Stadt­planer und Vertre­te­rinnen von Kommunen haben dort in Form einer Podiums­dis­kussion darüber debat­tiert, was für Heraus­for­de­rungen das Management von Hochwasser und Klima­er­wärmung in Städten und Gemeinden mit sich bringt. Mitunter ging es dabei um altbe­kannte Forde­rungen, dass es mehr Grün in den Städten geben sollte und dass zu viel Beton für ein ungüns­tiges Mikro­klima sorgt. Daran schließen sich jedoch oft auch ganz konkrete recht­liche oder rechts­po­li­tische Fragen an: Was genau gehört in Bebau­ungs­pläne, wie lassen sich Frisch­luft­schneisen freihalten, welche Hebel bietet das Baupla­nungs- und das Wasser­recht, um Boden­ver­sie­gelung entge­gen­zu­wirken und inner­städ­tische Gewässer natur­näher und resili­enter zu gestalten. Auf die Kommunen kommen auch bei der Klima­an­passung eine Menge neuer Hausauf­gaben hinzu. Eine Abstimmung unter den Teilnehmer ergab aber, dass die Mehrheit der Gemeinden das Problem zumindest erkannt haben soll (Olaf Dilling).

 

Von |2021-06-14T22:13:05+02:0014. Juni 2021|Allgemein, Umwelt|

Klima­an­passung beim Küstenschutz

Während immer eifriger, aber zugleich weitgehend folgenlos, darüber gestritten wird, wie der Klima­wandel zu stoppen sei, haben die notwen­digen Anpas­sungen an den Klima­wandel längst begonnen. Schließlich ist es ja nicht so, dass kein Klima­schutz kostenlos zu haben wäre. Im Gegenteil, vermutlich werden die Maßnahmen zur Anpassung an die Erwärmung des Klimas und das Ansteigen des Meeres­spiegels und die zu erwar­tenden Einbußen am Ende insgesamt sehr viel teurer, als recht­zeitige Maßnahmen zur Senkung der Treib­haus­gas­emis­sionen gewesen wären. Aber es ist wie so oft im Leben, das Hemd ist halt immer näher als die Hose.

Aber mal zu einem Beispiel der Anpas­sungen: An unseren Küsten ist mit einer Erhöhung des Meeres­spiegels und mit der Zunahme von Extrem­wet­ter­lagen zu rechen. Das wirkt sich ziemlich direkt auf den Küsten­schutz und die Deichsi­cherheit aus. Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 des Grund­ge­setzes (GG) unter­liegt der Küsten­schutz der konkur­rie­renden Gesetz­gebung. Da der Bund bislang die Möglichkeit zur Gesetz­gebung nicht wahrge­nommen hat, sind die Länder zuständig. Schleswig-Holstein und Nieder­sachsen mit Bremen haben jeweils einen Generalplan Küsten­schutz ausge­ar­beitet, der für die nächsten Jahre die Höhe und Beschaf­fenheit der Deiche festlegt. 

Für Nieder­sachsen und Bremen wurden bei den letzten Festle­gungen für die Haupt­deiche 2007 noch relativ konser­vative Schät­zungen hinsichtlich des Anstiegs des Meeres­spiegels von ca. 25 cm bis Ende des Jahrhun­derts angenommen. In Bremen führte dies dazu, dass ein Großteil der Deiche im Mittel um 1,0 m erhöht werden müssen. Nach aktuellen Schät­zungen könnte der Meeres­spiegel bis zum Jahr 2100 sogar um mehr als einen Meter ansteigen.

Dabei ist es jedoch mit der bloßen Deich­er­höhung nicht getan. Vielmehr muss für die Gewinnung von Bauma­terial, der Kleie, Vorsorge getroffen werden, z.B. durch Poder mit Flach­wasser, in denen Schweb­stoffe sedimen­tieren können. Auch das Deich­vorland spielt eine wichtige Rolle beim Küsten­schutz. Es ist jedoch zu befürchten, dass sowohl das Wattenmeer als auch die Salzwiesen vor dem Deich dem Anstieg des Meeres­spiegels zum Opfer fallen, so dass die Kraft von Sturm­fluten weitge­hende ungebremst auf den Deich einwirkt. Neue Konzepte des Küsten­schutzes sehen daher weichere Maßnahmen vor, z.B. eine Rückver­la­gerung der Vertei­di­gungs­linie, Nutzung unbebauter Polder als Reten­ti­ons­flächen oder Sandspü­lungen. Aller­dings würde dies voraus­setzen, etwas von der Fläche zurück­zu­geben, die von den Vorvätern dem Meer mühsam abgerungen wurden. Das setzt Umdenk­pro­zesse voraus, die ihre Zeit brauchen. Das Problem ist nur, dass die Zeit drängt (Olaf Dilling).

Von |2021-05-06T01:17:15+02:006. Mai 2021|Naturschutz, Umwelt|

Klima­an­passung: Was tun bei Wasserstress?

Auf längere Sicht betrachtet, hat sich das Verhältnis von Wasserd­ar­gebot, also der Menge verfüg­baren Trink­wassers, zur Wasser­nutzung in Deutschland positiv entwi­ckelt. Denn seit den 1990er Jahren ist die Wasser­nutzung durch Einspa­rungen stark zurück­ge­gangen. Die letzten Sommer haben aber gezeigt, dass sich dieser Trend keineswegs fortsetzen muss. Im Gegenteil gilt als einer der entschei­denden Punkte bei der Klima­an­passung auch der Umgang mit Wasser. Denn längere Perioden von Trockenheit oder Hitze im Sommer lassen die Wasser­vorräte relativ schnell schwinden: Einer­seits gibt es dann typischer­weise wenig Nieder­schlag. Anderer­seits steigt der Verbrauch, um die mangelnden Nieder­schläge durch Bewäs­serung oder Befüllung von Schwimm­bädern zu kompensieren.

Zumindest regional kann es dann zu Engpässen kommen, dem sogenannten Wasser­stress. Ein paar Beispiele gab es in den letzten Sommern dafür schon. So wurde 2018 etwa die Nutzung von Fluss­wasser zur Kühlung von Kraft­werken einge­schränkt. Mancherorts, etwa im Landkreis Stade, gab es auch schon Ausfälle der Trink­was­ser­ver­sorgung, auf die mit Nutzungs­ver­boten für bestimmte Zwecke, etwa das Bewässern von Rasen­flächen oder das Befüllen von Swimming Pools reagiert wurde.

Da stellt sich die Frage: Kann die Nutzung von Wasser so ohne Weiteres verboten werden? Wie immer kommt es auch bei dieser Rechts­frage darauf an:

#Wenn das Wasser vom lokalen Versorger über die Trink­was­ser­leitung bezogen wird, richtet sich das Verbot nach der Verordnung über Allge­meine Bedin­gungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV). Darin heißt es in § 22 Abs. 2 Satz 2, dass die Verwendung zur Sicher­stellung der allge­meinen Wasser­ver­sorgung für bestimmte Zwecke beschränkt werden kann.

#Bei der Nutzung von Kühlwasser für Kraft­werke ist oft bereits in der Geneh­migung als Auflage geregelt, dass das Wasser nicht höher erhitzt werden darf, als eine bestimmte vorge­gebene Tempe­ratur (z.B. 30°C). Daher müssen Kohle- oder Atomkraft­werke in Hitze­sommern oft herun­ter­ge­fahren werden.

#Wenn es um die direkte Nutzung von Wasser aus Oberflä­chen­ge­wässern geht, fällt sie unter Umständen unter den Gemein­ge­brauch, der nach § 25 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) durch den Landes­ge­setz­geber definiert wird. In der Regel fällt darunter nur das Schöpfen von Wasser mit Handge­fäßen, so etwa nach § 32 Nieder­sä­chi­sches Wasser­gesetz (NWG). Insofern hat die Wasser­nutzung aufgrund von Gemein­ge­brauch eher histo­rische Bedeutung. Einschrän­kungen aufgrund von Wasser­knappheit spielen heute eine geringe Rolle.

#Aktuell gibt es Überle­gungen, in Hitze­pe­rioden die Bewäs­serung von urbanen Grünflächen effizi­enter zu handhaben. Dafür soll gesam­meltes Regen­wasser oder bereits für andere Zwecke gebrauchtes, gering verschmutztes Wasser genutzt werden. An sich eine gute Idee. Aller­dings muss dabei sicher­ge­stellt werden, dass das Wasser keine Schad­stoffe oder Keime enthält. Das heißt, wie so oft steckt die Tücke im Detail (Olaf Dilling).

Von |2020-09-30T20:42:46+02:0030. September 2020|Umwelt, Wasser|

Green Deal: Boden­schutz ist auch Klima­schutz – Fachbe­richt „The state of soils in Europe“ veröffentlicht

Gesunde Böden sind von grund­le­gender Bedeutung für die Aufrecht­erhaltung der landwirt­schaft­lichen Produk­ti­vität, die Förderung der biolo­gi­schen Vielfalt, die Regulierung der Wasser­res­sourcen, die Abschwä­chung des Klima­wandels und die Klima­an­passung. Boden­ge­sundheit kommt damit also eine Schlüs­sel­funktion zu. Einer­seits ist Boden in beson­derem Maße vom Klima­wandel betroffen, dies umfasst insbe­sondere Erosion durch Trockenheit und durch zunehmend extremere Stark­re­gen­er­eig­nisse, wie in diesem Jahr schon mehrfach passiert und wie es und nun aktuell die schreck­lichen Bilder aus Spanien zeigen. Anderer­seits sind gesunde Böden ein wichtiger Baustein für die Klima­re­si­lienz und es bedarf Feucht­böden, Grünland und Moore als CO2-Senken. Es wird nicht überra­schen, dass eine am 22.10.2024 veröf­fent­lichte Fachpu­bli­kation des Joint Research Centre der EU-Kommission und der Europäi­schen Umwelt­agentur tatsächlich ein besorg­nis­er­re­gendes Bild vom Zustand der Böden in Europa zeichnet. Mehr als 60 % der Böden in der EU sind von Degra­da­ti­ons­pro­zessen betroffen. Die gesamte Boden­erosion in der EU wird auf eine Milliarde Tonnen pro Jahr geschätzt. Die Wasser­erosion ist die am meisten verbreitete Form der Erosion und betrifft derzeit etwa ein Viertel der Böden in der EU, wobei ein Anstieg um 13 bis 25 Prozent bis 2050 prognos­ti­ziert wird. Dies wirkt sich insgesamt auf die Ernäh­rungs­si­cherheit, die Ökosys­tem­leis­tungen und die mensch­liche Gesundheit aus. Die klare Botschaft ist, dass Boden­ge­sundheit auch politisch Priorität bekommen muss. Es bedarf umfas­sender Boden­ma­nage­ment­stra­tegien, um den gewal­tigen Heraus­for­de­rungen zu begegnen. Daher wird dieser Bericht auch inmitten der laufenden Debatten über ökolo­gische Nachhal­tigkeit und Agrar­po­litik von entschei­dender Bedeutung sein.

Gesunde Böden müssen daher nach diesem Bericht im Mittel­punkt des Europäi­schen Grünen Deals stehen. In dieser Hinsicht ist dieser Bericht auf mehrere wichtige politische Initia­tiven der EU Bezug, wie z. B. die EU-Boden­stra­tegie für 2030, die Teil der EU-Biodi­ver­si­täts­stra­tegie für 2030 ist, den Aktionsplan zur Vermeidung von Umwelt­ver­schmutzung und das europäische Klima­gesetz. Die Ergeb­nisse des Berichts gehen über die Boden­ge­sundheit hinaus und sollen die Politik zur Erhaltung der biolo­gi­schen Vielfalt, zur Eindämmung des Klima­wandels und zur Flächen­nut­zungs­planung beein­flussen. Außerdem wird die Notwen­digkeit einer Zusam­men­arbeit aller Betei­ligten betont, um ökolo­gische, soziale und wirtschaft­liche Nachhal­tigkeit in Europa zu gewähr­leisten. (Dirk Buchsteiner)

 

Von |2024-10-31T13:21:44+01:0031. Oktober 2024|Klimaschutz, Umwelt|

Klima­krise im Paradies

Wir sahen es an der Aar 2021, wir haben es in weiten Teilen Süddeutsch­lands in diesem Jahr gesehen: Extrem­wet­ter­er­eig­nisse sind keine Seltenheit mehr: Jahrhun­dert­ereig­nisse häufen sich. Während der Wasser­stand mehrerer Flüsse im Süden Deutsch­lands noch hoch ist, aber nur noch wenig Regen erwartet wird und auch in Passau der Katastro­phenfall aufge­hoben wurde, erwarten andere Teile Europas Rekord­tem­pe­ra­turen. Für Griechenland und die Türkei werden bis zu 45 Grad vorher­ge­sehen. Noch vor wenigen Jahren war Juni eine ideale Reisezeit für Griechenland. Dieses Jahr werde ich eines Besseren belehrt. Auf Rhodos sind es derzeit 39 Grad und damit ist es eigentlich zu heiß, um das Haus zu verlassen – ähnlich sieht es auf anderen griechi­schen Inseln aus: Akute Waldbrand­gefahr. Rhodos war erst im Sommer 2023 von verhee­renden Waldbränden besonders stark getroffen worden. Weite Landstriche bis zum Meer in Richtung Kiotari wirken nun surreal. Verkohlte Bäume wirken wie stumme Zeugen, dass die Hügel auch in diesem Teil der Insel noch im letzten Jahr grün bewaldet waren.

Spricht man mit Anwohnern vor Ort, hört man von Menschen, die im Feuer alles – bis auf das eigene Leben – verloren haben und nun schauen, wo sie unter­kommen und neu beginnen können. Versi­che­rungen gab es nicht. Zwar werden vereinzelt Bäume aus kosme­ti­schen Gründen entlang der Straßen wieder angepflanzt, doch auch einige von diesen werden schon braun. Zumindest sind die Touristen wieder da – auch im Gebiet um Kiotari. Andere Teile der Insel sind weiterhin wunder­schön. Traum­hafte Strände, quirlige Ortschaften und archäo­lo­gische Stätten machen den Reiz dieses „Edelsteins im Meer“ aus, wie ihn Udo Jürgens in „Rhodos im Regen“ etwas schnulzig besang. Wer kennt es nicht? Grüne Hügel, Meer und Wind und griechi­scher Wein, so wie das Blut der Erde. Aber angesichts der Tempe­ra­turen schon Anfang Juni steht die Frage im Raum, wie lange Griechenland noch ein Reiseziel für den Sommer sein kann. „Wir tun zu wenig für die Klima­an­passung“, sagt ein in Deutschland promo­vierter Arzt, der auf der Insel prakti­ziert und mit dem man ins Gespräch kommt. Der Energie­bedarf ist bereits jetzt enorm. Gleichwohl steckt die Trans­for­mation der Energie­er­zeugung vor Ort allen­falls in den Kinder­schuhen. Windener­gie­an­lagen sieht man nicht, PV ist kaum zu finden und der Haupt­en­er­gie­bedarf der Insel wird weiterhin durch das Kraftwerk in Soroni gedeckt, das nach eigenen Recherchen Schweröl verbrennt. (Dirk Buchsteiner)

Von |2024-06-14T11:48:42+02:0014. Juni 2024|Energiewende weltweit, Industrie, Kommentar, re unterwegs|

Schwere Geburt: Verordnung über die Wieder­her­stellung der Natur

Natur­schutz ist nach Europäi­schem Recht bisher vor allem Schutz vor Eingriffen in Lebens­räume oder Schutz vor Störung und Tötung geschützter Arten. Diese Ansätze werden beispiels­weise mit den Vogel­schutz- und der Flora-Fauna-Habitat-Richt­linien verfolgt. Angesichts der Tatsache, dass 81% der natür­lichen Habitate in schlechtem Zustand sind, sollte eigentlich noch eine andere Kompo­nente dazukommen, nämlich die Wieder­her­stellung von Natur.

Ein Kommis­si­ons­entwurf zur Verordnung über die Wieder­her­stellung der Natur ist im Juni vor dem Europäi­schen Parlament gescheitert, nachdem die Umwelt­mi­nister der Mitglieds­staaten bereits für eine entschärfte Fassung gestimmt hatten. Diese Woche soll im Europäi­schen Parlament erneut ein Kompromiss verhandelt werden.

Der Entwurf beinhaltete, dass bis 2030 auf 20% der Meeres- und Landflächen aller Mitglied­staaten Biotope renatu­riert werden sollen. Bis 2050 sollen sogar hinsichtlich aller renatu­rie­rungs­be­dürf­tigen Ökosysteme Maßnahmen zur Renatu­rierung ergriffen werden. Für weitere Landnut­zu