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Aktionsplan Kreis­lauf­wirt­schaft

Nun tut sich wohl doch was in Sachen Kreislaufwirtschaft:

Das Bundes­um­welt­mi­nis­terium hat mit dem Aktions­pro­gramm Kreis­lauf­wirt­schaft einen konkreten Schritt zur Umsetzung der Natio­nalen Kreis­lauf­wirt­schafts­stra­tegie (NKWS) vorge­stellt. Ziel ist es, kurzfristig Maßnahmen zu reali­sieren, mit denen bis Ende 2027 substan­zielle Fortschritte beim Schließen von Stoff­kreis­läufen erzielt werden sollen. Kern ist, den Verbrauch von Primär­roh­stoffen zu senken, die Ressour­cen­ef­fi­zienz zu erhöhen und gleich­zeitig die ökolo­gische und wirtschaft­liche Resilienz Deutsch­lands zu stärken.
Zu den wichtigsten Maßnahmen des Programms gehören unter anderem die Reform gesetz­licher Regelungen wie dem Kreis­lauf­wirt­schafts­gesetz und der Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung (wir dürfen gespannt sein!) sowie Anpas­sungen im Verpa­ckungs­gesetz (nun ja, wir müssen auch die EU-Verpa­­ckungs­­­ver­­­ordnung berück­sich­tigen), um den Einsatz von Rezyklaten zu erleichtern und verbind­licher zu gestalten. Dazu gehört auch eine Stärkung der öffent­lichen Beschaffung als Hebel: Ausschrei­bungen sollen früher und stärker ökolo­gische und kreis­lauf­ori­en­tierte Kriterien enthalten. Wir brauchen z.B. weniger Angst vor MEB!

Ein weiterer Schwer­punkt liegt auf Digita­li­sierung und Infor­ma­ti­ons­in­fra­struktur. Das Programm sieht unter anderem vor, ein Circular Economy Infor­mation System (CEIS) aufzu­bauen sowie Produkt­pässe und Daten­räume zur Nachver­folgung von Stoff‑ und Waren­strömen zu entwi­ckeln. Mit solchen digitalen Instru­menten sollen Prozesse trans­pa­renter, Kreis­läufe effizi­enter und Innova­tionen beschleunigt werden.
Förder­pro­gramme und Innova­ti­ons­an­reize sind zentrale Bausteine: Geplant sind Pilot‑ und Demons­tra­ti­ons­pro­jekte, insbe­sondere bei kriti­schen und strate­gi­schen Rohstoffen sowie bei Recycling­ver­fahren etwa für Batterien oder Photo­vol­ta­ik­module. Auch der Mittel­stand soll gezielt unter­stützt werden. Zudem sind Maßnahmen zur Beratung, Vernetzung und Quali­fi­zierung in Planung sowie ein Ausbau der Kapazi­täten in Recycling und Infrastruktur.

Die Reaktionen aus der Branche zeigen ein geteiltes Bild: Viele begrüßen das Programm als wichtigen Impuls, etwa im Bereich Digita­li­sierung oder Förderung. Gleichwohl wird bemängelt, dass Verbind­lichkeit und Tempo noch nicht ausreichen. Kritik­punkte sind unter anderem fehlende Rezyklat­quoten, zu langsame Geneh­mi­gung­ver­fahren und unklare Rechts­rahmen. Es wird erwartet, dass aus den angekün­digten Maßnahmen bald konkrete gesetz­liche Schritte werden, die Planungs­si­cherheit und Inves­ti­ti­ons­an­reize bieten.

Entscheidend wird sein, ob die Zusagen in prakti­kable Regelungen überführt werden und wie schnell Erwei­te­rungen und Anpas­sungen erfolgen, und ob sich dann auch Behörden, Wirtschaft und Kommunen gemeinsam auf die neuen Rahmen­be­din­gungen einstellen.

(Dirk Buchsteiner)

Von |17. Oktober 2025|Kategorien: Abfall­recht|0 Kommentare

Der Hamburger Hafen auf dem Weg zur Klimaneutralität

Die Stadt Hamburg hat über den zukünf­tigen Klima­schutz der Stadt abgestimmt. Bei dem Volks­ent­scheid „Hamburger Zukunfts­ent­scheid“ am 12. Oktober haben 53,2 % der gültig abgege­benen Stimmen für eine verschärfte Klima­po­litik gestimmt, 46,8 % dagegen. Damit wurde entschieden, das Zieljahr für die Klima­neu­tra­lität der Stadt von 2045 auf 2040 vorzu­ziehen. Die Wahlbe­tei­ligung lag bei rund 43,6 % der Stimmberechtigten.

Aber kann eine Stadt wie Hamburg, inbesondere mit dem dortigen Übersee­hafen als einem der größten Seehäfen Europas­über­haupt klima­neurtal werden?

Davon geht zumindest die hafen­eigene Planung – auch schon vor dem Volks­ent­scheid – aus. Bis spätestens 2040 soll ein Großteil der Hafen­ak­ti­vi­täten klima­neutral werden. Stadt, Hafen­be­triebe und Logis­tik­un­ter­nehmen haben dazu eine Vielzahl von Projekten und Strategien gestartet, um den Energie­ver­brauch zu senken, Emissionen zu vermeiden und erneu­erbare Energien in den Betrieb zu integrieren.

Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), das größte Hafen­un­ter­nehmen der Stadt, hat sich ambitio­nierte Klima­ziele gesetzt. Bis 2030 will die HHLA ihre CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2018 halbieren – und bis 2040 vollständig klima­neutral arbeiten. Ein Leucht­turm­projekt ist dabei das Container Terminal Alten­werder (CTA), das weltweit als erste klima­neu­trale Umschlag­anlage zerti­fi­ziert wurde.Dort kommen vollelek­trische Contai­ner­trans­porter und automa­ti­sierte Anlagen zum Einsatz, die mit Ökostrom betrieben werden. Zudem testet die HHLA im Rahmen des Projekts „Clean Port & Logistics“ den Einsatz von Wasser­stoff in Hafen­lo­gistik und Transport, um fossile Brenn­stoffe langfristig zu ersetzen.

Der Hamburger Senat hat zudem festgelegt, dass alle öffent­lichen Unter­nehmen – zu denen auch die Hamburg Port Authority (HPA) zählt – ab 2024 Treib­haus­gas­bi­lanzen erstellen und Klima­stra­tegien mit dem Ziel der Klima­neu­tra­lität bis 2040 entwi­ckeln müssen.Der Hafen ist dabei ein Schlüs­sel­be­reich: Als logis­ti­sches Drehkreuz mit Energie‑, Industrie- und Verkehrs­in­fra­struktur trägt er wesentlich zu den CO₂-Emissionen der Stadt bei. Entspre­chend hat die HPA Projekte wie den „Sustainable Energy Hub Hamburg“ gestartet, um grüne Energie­träger wie Wasser­stoff, Biogas und synthe­tische Kraft­stoffe im Hafen anzusiedeln.

Hamburg sieht im Wasser­stoff den zentralen Energie­träger der Zukunft. Mehrere Unter­nehmen im Hafen testen bereits Brenn­stoff­zel­len­fahr­zeuge, Wasser­stoff­tank­stellen und Elektrolyse-Anlagen. Der Hafen soll sich so zu einem Knoten­punkt für den Import, die Lagerung und den Umschlag von grünem Wasser­stoff entwi­ckeln – nicht nur für den Eigen­bedarf, sondern auch für die Industrie im Norden Deutschlands.

Parallel dazu inves­tiert der Hafen in Landstrom­an­lagen, um Schiffen während der Liege­zeiten eine emissi­ons­freie Energie­ver­sorgung zu ermög­lichen. Ziel ist, dass möglichst viele Contai­ner­schiffe und Kreuz­fahrt­schiffe künftig mit Strom statt mit Diesel­ge­ne­ra­toren versorgt werden. Ergänzt wird das durch den Ausbau alter­na­tiver Kraft­stoffe wie LNG und den verstärkten Einsatz digitaler Techno­logien, um Logis­tik­pro­zesse effizi­enter und energie­spa­render zu gestalten.

Der Weg zur Klima­neu­tra­lität des Hamburger Hafens ist so gesehen bei näherer betrachtung kein einzelnes Vorhaben, sondern eine Gemein­schafts­aufgabe: Neben der HHLA und der HPA sind zahlreiche Spedi­teure, Termi­nal­be­treiber, Reede­reien und Energie­un­ter­nehmen beteiligt. Viele dieser Akteure haben eigene Klima­stra­tegien entwi­ckelt, die sich an den Zielen der Stadt orientieren.

Mit seinen ehrgei­zigen Zielen und konkreten Projekten gehört Hamburg auf jeden Fall zu den Vorreitern unter den europäi­schen Seehäfen auf dem Weg zur Klima­neu­tra­lität. Doch der Weg ist noch weit: Neben techni­schen Heraus­for­de­rungen wird es darauf ankommen, die Energie­ver­sorgung konse­quent auf erneu­erbare Quellen umzustellen und Inves­ti­tionen langfristig zu sichern.

Wenn alle geplanten Maßnahmen greifen, könnte der Hamburger Hafen ab 2040 nicht nur ein wichtiger Wirtschafts­faktor, sondern auch ein Symbol für nachhaltige Hafen­wirt­schaft werden.

(Christian Dümke)

Von |17. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein|1 Kommentar

Scheitert Reiches Kraftwerksstrategie?

Die Idee, neue Gaskraft­werke zu bauen, ist ja nicht neu. Schon die Ampel­re­gierung wollte kurzfristig Förde­rungen für fünf Gigawatt (GW) Gaskraft­werke für die Versor­gungs­si­cherheit sowie weitere sieben GW H2-ready Gaskraft­werke ausschreiben. Dies hatte das Wirtschafts­mi­nis­terium unter Habeck mit der Europäi­schen Kommission verhandelt. Der Plan schei­terte jedoch an der damaligen Opposition: Die CDU war überzeugt, eine bessere Kraft­werks­stra­tegie aufsetzen zu können. Ein KWSG wurde noch konsul­tiert, aber nicht mehr beschlossen.

Schnell wurde deutlich, dass das neue Wirtschafts­mi­nis­terium unter Reiche deutlich mehr Kapazi­täten ausschreiben will. Statt zwölf GW sollen bis 2030 nun 20 GW Gaskraft­werks­leistung gebaut werden. Es soll dabei nicht nur um Versor­gungs­si­cherheit gehen, sondern auch um eine Dämpfung der Preise durch eine Vergrö­ßerung des Angebots. Außerdem will die aktuelle Bundes­re­gierung keine zwingende Umstellung auf Wasser­stoff zur Voraus­setzung der Förderung machen. Darüber hinaus sollen nicht nur die netztech­nisch sinnvollen Standorte im Süden besonders gefördert werden, sondern auch solche im Osten.

Ging die neue Bundes­re­gierung zu Beginn noch recht optimis­tisch davon aus, dass die Ausschrei­bungen noch im laufenden Jahr starten könnten, hakte es schnell in Brüssel. Denn Beihilfen unter­liegen der Kontrolle durch die Europäische Kommission – und diese sieht die Pläne offenbar kritisch. Nun hat die Deutsche Umwelt­hilfe die Kanzlei K & L Gates damit beauf­tragt, zu prüfen, ob die Kommission sich zu Recht querstellt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass es wohl schwierig werden dürfte, sich hier gegen die Kommission durchzusetzen.

Eine Beihilfe sei nur geneh­mi­gungs­fähig, wenn die Förderung aufgrund eines Markt­ver­sagens erfor­derlich sei und wenn sie geeignet, techno­lo­gie­offen, angemessen und trans­parent ausge­staltet werde. In dieser Hinsicht zeigen sich die Gutachter skeptisch. Ein natio­nales Markt­ver­sagen liege schon dann nicht vor, wenn andere europäische Mitglied­staaten über ausrei­chende Überka­pa­zi­täten verfügten. Zudem sei der Plan des Wirtschafts­mi­nis­te­riums nicht techno­lo­gie­offen genug. Es sei nämlich nicht belegt, dass die zusätz­liche Leistung ausschließlich durch Gaskraft­werke aufge­bracht werden könne; Großbat­terien, Speicher und andere Formen der Flexi­bi­li­sierung seien nicht ausrei­chend geprüft worden. Die Gutachter sehen entspre­chend keine evident stich­hal­tigen Gründe dafür, dass ausge­rechnet Gas einge­setzt werden müsse. In Hinblick auf das Verfahren sei zudem proble­ma­tisch, dass das Minis­terium offenbar konkrete stand­ort­be­zogene Zusagen formu­liert, statt die Kapazi­täten wettbe­werblich und trans­parent auszu­schreiben. Generell zeigen sich die Gutachter nicht überzeugt, dass durch eine so große Zahl neuer Kraft­werke keine übermä­ßigen negativen Auswir­kungen auf Wettbewerb und Handel in der EU entstehen würden. 

Diese Argumente sind alles andere als an den Haaren herbei­ge­zogen. Die Beihil­fen­prüfung dient dem Schutz des europäi­schen Wettbe­werbs und soll nationale Allein­gänge zur Förderung heimi­scher Unter­nehmen gerade verhindern. Der Aufbau von Erzeu­gungs­ka­pa­zi­täten, der durch großzügige Förderung Anbieter aus Deutsch­lands Nachbar­ländern aus dem Markt drängen könnte, ist daher proble­ma­tisch. Auch die anderen Bedenken erscheinen logisch. Es ist daher unwahr­scheinlich, dass die Kommission die geänderten Pläne der neuen Bundes­re­gierung so noch durch­winkt. Mindestens eine lange Ausein­an­der­setzung und eine erheb­liche Anpassung der Strategie werden wohl erfor­derlich sein, um überhaupt ausschreiben zu können.

Dieses mögliche Scheitern des Plans betrifft viele Akteure. Für die Betreiber geplanter Anlagen ist der verspätete Start Gift. Denn wegen der abseh­baren Minderung des Erdgas­ein­satzes mit dem Ziel null in 2045 ist das Zeitfenster, in dem mit diesen Kraft­werken Gewinne erzielt werden können, kurz und nicht beliebig nach hinten verlän­gerbar, wenn die Kraft­werke nicht – wie ursprünglich von der Ampel vorge­sehen – auf Wasser­stoff umgerüstet werden. Für dieje­nigen, die Batte­rie­speicher errichten, könnte die Inves­tition zumindest teilweise entwertet werden, wenn der Staat durch subven­tio­nierte Anlagen die Markt­pa­ra­meter im Bereich der System­dienst­leis­tungen verschiebt. Und klar ist: Sollte es so kommen, wären die Letzt­ver­braucher die großen Verlierer – die Netzsta­bi­li­täts­maß­nahmen kämen riskant spät, und die Kapazi­täten, die keiner braucht, müssten trotzdem finan­ziert werden (Miriam Vollmer).

Von |17. Oktober 2025|Kategorien: Energie­po­litik|Schlag­wörter: , |2 Kommentare

Vorher­sehbar und folgenlos? Unfälle mangels sicherer Verkehrsregelung

Es kommt immer wieder vor, dass Bürger vor offen­sicht­lichen Gefah­ren­stellen im Verkehr warnen, aber die zuständige Behörde untätig bleibt: „Es sei ja noch nichts vorge­fallen“, so dass die Grundlage zum Eingreifen fehle, heißt es dann manchmal, was für Betroffene zynisch klingen muss. Wenn es dann zum Unfall kommt, stellt sich die Frage nach der Verant­wortung der Behörde und deren Mitar­beiter, sei es Amtshaftung, sei es straf­recht­liche Verant­wort­lichkeit. Manchmal gab es auch Weisungen aus der Politik, die für die Untätigkeit ursächlich waren. 

Ein Beispiel ist ein Unfall in Berlin. Eltern, Anwohner und eine Schule hatten bereits Anfang des Jahres vor einer gefähr­lichen Ampel­schaltung auf einem Schulweg gewarnt gehabt. Durch die Staus nach Eröffnung der A100 hatte sich die Situation an der Kreuzung noch einmal verschärft. Wenig später ist ein Kind, das bei grünem Signal die Ampel überquert hatte, von einem Kraft­fahrer überfahren und schwer verletzt worden. Nach Auskunft des Tages­spiegel hatten beide, sowohl das Kind als auch der Kraft­fahrer offenbar zugleich ein grünes Licht­signal gesehen.

Nun, um dieses Beispiel seriös zu bewerten, müsste man die Aktenlage kennen. Eine „Ferndia­gnose“ würde den Betei­ligten, den Mitar­beitern der Straßen­ver­kehrs­be­hörde inklusive, nicht gerecht. Aber allgemein sind die folgenden Fragen durchaus berechtigt:

Müssen Behörden in Fällen haften, in denen sie ihre Aufgabe, den Verkehr zu regeln und Gefahren abzuwehren, nicht richtig wahrnehmen? Wie ist es, wenn sich recht­liche Regeln ändern? Etwa soll neuer­dings gemäß § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO auf hochfre­quen­tierten Schul­wegen oder vor Spiel­plätzen Tempo 30 angeordnet werden. Das das Ermessen hier stark einge­schränkt ist und die Behörde aufgrund hoher geschützter Verfas­sungs­werte, Leben und körper­liche Unver­sehrtheit, eine Handlungs­pflicht hat, ergibt sich aus der Verwal­tungs­vor­schrift zur StVO (siehe der Verweis auf „Vision Zero“, zu § 1 Rn 1 sowie zu Zeichen 274, Rn. 13a). Sind Behörden also verant­wortlich, wenn sie sich nicht kümmern und sich aufgrund der noch erlaubten zu hohen Geschwin­digkeit schwere Unfälle ereignen? Was ist, wenn der Bürger­meister oder der Landrat an so einer Stelle die Behörde anweist, die „Regel­ge­schwin­digkeit“ von 50 km/h auf Vorfahrts­straßen beizubehalten?

Unübersichtliche mehrspurige Straße mit viel Kfz und schlechten Lichtverhältnissen

Symbolbild: mehrspurige unüber­sicht­liche Straße mit kreuzendem Fußverkehr und schlechten Lichtverhältnissen

Zunächst einmal ist es grund­sätzlich so, dass vom Bundes­ge­richtshof im Haftungs­recht eine Amtspflicht der Behörde anerkannt ist, darüber zu bestimmen, wo welche Verkehrs­zeichen und ‑einrich­tungen im Interesse und zum Schutz aller Verkehrs­teil­nehmer anzubringen sind (BGH, 25.04.1985 – III ZR 53/84, Rn. 7). Aus der Verletzung dieser sogenannten Verkehrs­re­ge­lungs­pflicht kann eine Amtshaftung nach § 839 BGB folgen. Bei Fahrläs­sigkeit gilt bei Verletzung von Verkehrs­re­ge­lungs­pflichten jedoch das sogenannte Verwei­sungs­pri­vileg: Der Geschä­digte muss sich nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst an andere poten­tielle Schädiger halten. Erst wenn er dort nicht Ersatz erlangen kann, kommt die Amtshaftung in Frage.

Auch wenn den für die Amtspflicht­ver­letzung persönlich verant­wort­lichen Beamten Vorsatz oder grobe Fahrläs­sigkeit nachge­wiesen werden kann, kommt die Amtshaftung in Frage. Sie können dann auch nach Art. 34 Satz 2 GG in Regress genommen werden. Dies gilt auch für Wahlbeamte auf Zeit wie Oberbür­ger­meister oder Landräte. Ehren­amt­liche Mitglieder kommu­naler Gremien, die in der Regel nicht verbe­amtet sind oder nicht in ihrer Eigen­schaft als Beamte handeln, sind dagegen nicht regress­pflichtig. Es gibt dafür in den Gemein­de­ord­nungen und Kommu­nal­ver­fas­sungs­ge­setzen der Länder keine Grundlage. Insgesamt ist die Recht­spre­chung typischer­weise zurück­haltend bei der Annahme einer Amtshaftung aufgrund einer verletzten Verkehrs­re­ge­lungs­pflicht. Ausge­schlossen ist sie jedoch nicht.

Wir beraten übrigens gerne Straßen­ver­kehrs­be­hörden und Kommunen, wie sie nach dem refor­mierten Verkehrs­recht ihren Pflichten nachkommen können und sollten. Amtshaf­tungs­pro­zessen sollte idealer­weise dadurch vorge­beugt werden, dass Unfälle von vornherein vermieden werden. Das schont die Staats­kasse und das persön­liche Vermögen von Beamten ebenso wie das Leben und Wohlergehen der Verkehrs­teil­nehmer. (Olaf Dilling)

 

Von |14. Oktober 2025|Kategorien: Verkehr|Schlag­wörter: , , , |1 Kommentar

Rückstellung für den Gasnetzrückbau?

Was wird aus dem 500.000 Kilometer langen deutschen Gasnetz? Bis 2045 muss nach aktueller Rechtslage die netzge­bundene Erdgas­ver­sorgung in Deutschland abgewi­ckelt werden. Es ist absehbar, dass nur ein kleiner Teil des deutschen Gasnetzes dann einer Umnutzung zugeführt werden kann, also etwa für den Transport von Wasser­stoff. Greift der Gesetz­geber nicht ein, muss das Gasnetz mögli­cher­weise zurück­gebaut werden, also ausge­graben und entsorgt.

Es ist absehbar, dass diese Maßnahmen hohe Kosten auslösen. Dies wirft die Frage nach Rückstel­lungen auf. Das Institut der Wirtschafts­prüfer (IDW) hat deswegen im Sommer 2025 darauf hinge­wiesen (Stellung­nahme hier), dass handels­rechtlich Rückstel­lungen bereits zu bilden sind, wenn eine Außen­ver­pflichtung besteht und mit einer Inanspruch­nahme ernsthaft zu rechnen ist. Damit können Rückstel­lungen handels­rechtlich bereits früher und in größerem Umfang erfor­derlich sein, als die Bundes­netz­agentur regula­to­risch anerkennen will. Diese sieht nämlich im Entwurf RAMEN Gas eine regula­to­rische Anerkennung der Rückstel­lungen nur vor, wenn besondere Umstände und konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass die Grund­stücks­ei­gen­tümer den Rückbau verlangen.

Damit könnte eine Situation entstehen, in der handels­rechtlich Rückstel­lungen gebildet werden müssen, die aber im Zuge der Netzent­gelt­be­rechnung für den Gastransport nicht berück­sichtigt werden. Die Gasnetz­be­treiber hätten also ein dickes Finan­zie­rungs­problem. In Zeiten ohnehin program­miert sinkender Umsätze könnte dies die Trans­for­mation der Wärme­wirt­schaft weiter belasten.

Für die Unter­nehmen bedeutet das damit eine Unsicherheit, die eigentlich nur der Gesetz­geber beenden kann. Er muss entweder klar regeln, dass ein Rückbau nur in absoluten Ausnah­me­fällen infrage kommt. Oder zumindest für einen Gleichlauf handels­recht­licher und regula­to­ri­scher Rückstel­lungs­ver­pflich­tungen sorgen.

Von |10. Oktober 2025|Kategorien: Gas|Schlag­wörter: , , |0 Kommentare

Wärme­preise scheitern oft am „Markt­element“

In letzter Zeit häufen sich die gericht­lichen Entschei­dungen zu Wärme­preisen und Preis­än­de­rungs­klauseln in Wärme­ver­sor­gungs­ver­trägen. Besonders im Fokus steht dabei das sog. „Markt­element“.

Preis­an­pas­sungs­klauseln in standar­di­sierten Wärme­lie­fe­rungs­ver­trägen mit Letzt-verbrau­chern, die keine Indus­trie­kunden sind, müssen den Anfor­de­rungen des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV genügen um wirksam zu sein. Hierfür ist es erfor­derlich, dass die Preis­an­pas­sungs­klausel des Wärme­lie­fe­ranten sowohl die Kosten­ent­wicklung bei Erzeugung und Bereit­stellung der Fernwärme durch das Unter­nehmen (Kosten­element) als auch die jewei­ligen Verhält­nisse auf dem Wärme­markt (Markt­element) angemessen berück­sich­tigen. Sie müssen die maßgeb­lichen Berech­nungs­fak­toren dabei vollständig und in allgemein verständ­licher Form ausweisen. Das Kosten­element und das Markt­element sind dabei gleich­rangig (BGH, Urteil vom 19. 07.2017, Az. VIII ZR 268/15).

Der zu berück­sich­ti­gende Wärme­markt erstreckt sich dabei auf andere Energie­träger, als den tatsäch­lichen Brenn­stoff (BGH, 13.07.2011, VIII ZR 339/10). Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwär­me­preise „nicht losgelöst von den Preis­ver­hält­nissen am Wärme­markt vollziehen kann“ (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFern­wärmeV aF]).

Und genau daran scheitern derzeit viele Klauseln. Die gewählten Indizes sind zu einseitig und erstrecken sich oft nur auf Erdgas oder wenige ausge­wählte Einsatz­stoffe. Auch Fehlge­wich­tungen kommen vor, bei denen das Markt­element zwar vorhanden ist, aber bei der Preis­bildung nicht den gleichen Einfluss hat, wie die Brennstoffkosten.
Vor diesem Hinter­grund kann jedem Wärme­ver­sorger nur geraten werden, kritisch seine vertrag­lichen Preis­klauseln zu prüfen und ggf. anzupassen.

(Christian Dümke)

Von |10. Oktober 2025|Kategorien: Allgemein|1 Kommentar