Wir berichteten in unserem letzten Blogbeitrag über die interessante Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 10. Februar 2021 (I 27 U 19/19) zu der energierechtlich spannenden Rechtsfrage, wer von einem Gewerbekunden, der aufgrund seines Energieverbrauches nicht mehr als Haushaltskunde gem. § 3 Nr. 22 EnWG gilt, die Bezahlung von Energieverbräuchen die keinem Liefervertrag zugeordnet werden können verlangen kann. Eine solche Situation kann wie im Fall des OLG Düsseldorf immer dann eintreten, wenn eine Energieabnahme trotz fehlendem Vertrag erfolgt und zeitlich die 3‑Monatsfrist der Ersatzversorgung überschritten wird. Das OLG Düsseldorf hatte hierzu wie bereits erklärt entschieden, dass diese Energiemengen vom Netzbetreiber geleistet wurden und dieser daher auch die Bezahlung verlangen kann.
Allerdings scheint diese Wertung möglicherweise einer anderen Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2019 zu widersprechen. Im dortigen Fall hatte nämlich die Bundesnetzagentur entschieden, dass Energieverbräuche einer Entnahmestelle, die vom Netzbetreiber keinem Lieferanten zugeordnet werden können auch nach Ende der Ersatzversorgung, bilanziell weiterhin dem örtlich zuständigen Grundversorger zuzurechnen seien (Beschluss vom 26.03.2018, Az.: BK6‑6–161). Hiergegen hatte ein betroffener Grundversorger Beschwerde eingelegt.
Das OLG Düsseldorf gab dort jedoch der Bundesnetzagentur recht. Die Frage der bilanziellen Zuordnung einer unberechtigten Energieentnahmen sei „losgelöst von den Fragen des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses, dem Fortbestand eines Kontrahierungszwangs sowie der Vergütung unberechtigter Stromentnahmen zu beantworten“. Denn „zutreffend verweist die Bundesnetzagentur auf die Vorgaben der GPKE, wonach eine Zuordnung zum Ersatz-/Grundversorger immer dann erforderlich wird, wenn der Netzbetreiber eine Zuordnungslücke erkennt, ihm also zum Zeitpunkt der erforderlichen Zuordnung keine anderweitige Lieferbeziehung bekannt ist“ (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2019 – 3 Kart 801/18 (V)
Vor diesem Hintergrund erscheint die Wertung etwas widersprüchlich, im Verhältnis zum Letztverbraucher den Netzbetreiber als denjenigen anzusehen, der im vertragslosen Zustand die Energie geleistet hat und daher die Bezahlung verlangen kann (OLG Düsseldorf, 10. Februar 2021 (I 27 U 19/19) bei der bilanziellen Zuordnung der Energiemengen aber den Standpunkt zu vertreten, der Grundversorger und nicht der Netzbetreiber müsse für sämtliche Energieverbräuche einstehen, die einer „Zuordnungslücke“ unterlägen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2019 – 3 Kart 801/18 (V) ).
Es gilt wohl zunächst einmal die ausführliche Begründung des OLG Düsseldorf zu der neuen Entscheidung abzuwarten und ggf. das Ergebnis einer Revision zum BGH.
Damit wird deutlich, wie konsequent die Marktrolle Netzbetreiber die Prozesse Not-/Ersatzversorgung für Kunden ohne Grundversorgungsanspruch überwachen muss. Bis hin zum Abschalten der Verbrauchsstelle. Damit verbunden ist halt auch die kontinuierliche offene und klare Kommunikation gegenüber dem Kunden über Rechte und Pflichten beider Seiten. Die Erfahrung lehrt, dass die Kundenseite gelegentlich ihre Pflichten hintenanstellt und pokert, ob wirklich jemand zum Ausschalten kommt. In der Rolle Netzbetreiber ist da auch Konsequenz erforderlich. Im Ergebnis kann man sich dann evtl. wegen Schadensersatzforderungen vor Gericht treffen.