Texanische Strom­knappheit und das Risiko variabler Tarife

Die Strom­wirt­schaft des US-Bundes­staates Texas hat in den letzten Tagen die Aufmerk­samkeit der Welt auf sich gezogen. Ein extremer Winter- und Kälte­ein­bruch hatte zunächst weite Teile der Strom­erzeugung lahmgelegt und die texani­schen Letzt­ver­braucher im Dunkeln und Kalten sitzen­ge­lassen. Aber auch dieje­nigen, die noch Strom geliefert bekamen stehen jetzt wohl oft vor einem Problem, dass deutschen Haushalts­kunden unbekannt ist – der (knappe) Strom wurde plötzlich zu extremen Preisen geliefert. Es gab Preis­stei­ge­rungen von 10.000 % und produ­zierten Schlag­zeilen wie etwa „5000 Dollar für fünf Tage Strom“. Aber wie kann das sein?

Im extrem deregu­lierten texani­schen Energie­markt ist es zulässig mit Haushalts­kunden Strom­lie­fer­ver­träge abzuschließen, die keinen fest verein­barten Liefer­preis enthalten, sondern sich nach den aktuellen Großhan­dels­preisen für Strom bestimmen. In Zeiten von texani­schen Strom­über­schüssen ein verlo­ckendes Modell. Teilweise wurde der Strom in lastschwachen Zeiten sogar verschenkt. „Gratis­strom für alle“ frohlockte der Spiegel im Jahr 2015. Das gleiche Modell kann bei extremer Strom­knappheit aller­dings zur Kosten­falle werden. Ein Versorger soll seine Kunden sogar noch im Vorfeld gewarnt und Ihnen einen Wechsel empfohlen haben – in einigen Fällen offenbar vergeblich. In der texani­schen Politik wird derzeit disku­tiert, ob die Kunden tatsächlich auf diesen Kosten sitzen­bleiben sollen oder der Staat einspringen müsse.

Texas ist flächen­mäßig fast doppelt so groß wie Deutschland und produ­ziert in normalen Zeiten mehr Strom als jeder andere US-Bundes­staat. Fast 30 % der Erzeugung stammen aus Windkraft. Das texanische Verbundnetz ist nicht mit den übrigen Strom­netzen in den USA synchro­ni­siert. Strom­im­porte aus Nachbar­staaten sind daher in Notfällen nicht möglich. Eine vergleichbare Notlage gab es bereits im Jahr 2011.

In Deutschland können derartige Preis­schwan­kungen die Haushalts­kunden nicht treffen. Tarife mit variablem, zum Zeitpunkt des Vertrags­ab­schlusses nicht festste­henden Preis können hier nicht angeboten werden, Preis­än­de­rungen muss der Strom­ver­sorger mit ausrei­chend zeitlichem Vorlauf den Kunden ankündigen.
(Christian Dümke)