Kein Tempolimit wegen Schildermangel?
Wenn man manche Talkshowgäste reden hört, dann könnte man denken, dass zum ersten Mal eine Energiekrise auf Deutschland zukommt. So viel Verunsicherung besteht über die Auswirkungen von Lieferengpässen und Preissteigerungen. In den 1970er Jahren, manche werden sich noch erinnern, gab es aber schon mal so etwas Ähnliches. Auch damals war die Abhängigkeit von einem Energieträger, dem Erdöl, groß, auch damals war es ein Krieg, der Anlass gab für drastische Preissteigerungen und Verringerung der Importe.
Bis die alten Ölheizungen durch moderne Gasheizungen ersetzt und die Häuser energieeffizienter renoviert waren, war einige Zeit zu überbrücken. Anders als vorher von einigen Ökonomen und Teilen der Presse vorausgesagt worden war, kam es dabei nicht zum kompletten wirtschaftlichen Zusammenbruch. Aber es war durchaus eine ernsthafte Herausforderung für Wirtschaft und Politik. Unter anderem hat die damalige Regierung unter Willy Brandt mit dem Energiesicherungsgesetz gegenzusteuern versucht.
Wir hatten bereits kürzlich schon einmal darüber berichtet. Dieses Gesetz sah unter anderem vier autofreie Sonntage vor und auch – befristet auf ein halbes Jahr – ein Tempolimit: 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen. Auch aktuell wird wieder über entsprechende Maßnahmen, Tempolimits oder autofreie Sonntage, diskutiert. In einem Interview mit der Hamburger Morgenpost hat der Bundesverkehrsminister Wissing ein eher originelles Argument gegen ein Tempolimit gebracht: So viele Schilder hätten sie gar nicht auf Lager.
Vielleicht sollte sich Wissing mal bei erfahrenen Kräften in der Rechtsabteilung seines Ministeriums erkundigen, wie in Deutschland die zulässige Höchstgeschwindigkeit geregelt ist: Die werden ihn dann vermutlich schnell auf § 3 Abs. 3 StVO verweisen. Je nach Dienstalter oder rechtsgeschichtlichem Interesse finden sie vielleicht sogar noch das Energiesicherungsgesetz, das in der Fassung von 1975 immer noch in Kraft ist (Olaf Dilling).