Gehwegradeln geboten
Kaum eine Frage im Verkehr setzt so Emotionen frei, wie das Radfahren auf dem Gehweg. Dass es rücksichtslose Menschen gibt, die Rad fahren, ist unbestritten. Allerdings sollte auch klar sein, dass das Gefahren- und Schadenspotential weitaus geringer ist, als bei etlichen anderen häufigen Verkehrsverstößen.
Nicht umsonst ist das Radeln auf dem Gehweg in bestimmten Ausnahmefällen sogar gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 StVO geboten. Dies ist dann der Fall, wenn kein durch baulich von der Fahrbahn getrennter Fahrradweg vorhanden ist. Falls es einen entsprechenden Weg gibt, haben die Kinder als Ausnahme zu der Radwegbenutzungspflicht § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO die Wahl.
Dass dies für Kinder unter 8 Jahren gilt, ist vielen Leuten noch bekannt. Weniger bekannt ist, dass auch eine Begleitperson, also die Eltern oder andere geeignete Sorgeberechtigte ab 16 Jahren mit auf dem Gehweg fahren dürfen. Nach den Vorschriften der StVO muss auf zu Fuß gehende besondere Rücksicht genommen werden. Außerdem muss bei der Gehwegbenutzung vor dem Überqueren jeder Fahrbahn abgestiegen werden.
Aus der Pflicht der Gehwegbenutzung durch Kinder unter 8 Jahren ergeben sich unter Umständen auch Haftungsrisiken für die Eltern. Denn wenn diese ihre Grundschulkinder auf der Fahrbahn oder auf nicht baulich getrennten Radfahrstreifen fahren lassen, dann gilt dies als Aufsichtspflichtverletzung. Wenn ein Auto durch ein auf der Fahrbahn fahrendes Kind beschädigt wird, müssen die Eltern den Schaden dann gemäß § 832 Abs. 1 Satz 2 BGB ersetzen.
In einem Fall, in dem dies kürzlich so entschieden wurde, war das Kind von einem Radfahrstreifen auf die Fahrbahn ausgewichen, weil ein weiterer Pkw dort rechtswidrig abgestellt worden war. Bezeichnenderweise wurde ein eventuelles Mitverschulden des Dritten nicht thematisiert, obwohl dieser für den Schaden auch eine Ursache gesetzt hat.
Insgesamt gibt es, was die Möglichkeiten angeht, mit Kindern Fahrrad zu fahren, in vielen Städten große Defizite. Dies liegt oft an engen oder zugeparkten Gehwegen und nicht vorhandenen baulich getrennten Radwegen. Hier sollten Kommunen ihre rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um Platz auf Gehwegen zu schaffen oder sichere und ausreichend breite Radwege auszuweisen (Olaf Dilling).