Kosten der Schieds­stelle Energie: Entscheidung des KG Berlin, 2 U 77/18 EnWG

Bei Strei­tig­keiten zwischen Verbrau­chern und Unter­nehmen über den Anschluss an das Versor­gungsnetz, die Belie­ferung mit Energie sowie die Messung der Energie kann nach § 111b Abs. 1 EnWG die Schlich­tungs­stelle Energie angerufen werden, eine Einrichtung, die die Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband und die Verbände der Energie­wirt­schaft gemeinsam unter­halten. Diese kann von den betei­ligten Unter­nehmen Entgelte verlangen, so bestimmt es § 111b Abs. 6 S. 1 EnWG. Die Entgelte müssen angemessen sein und den ordnungs­ge­mäßen Geschäfts­be­trieb sicherstellen.

Die Schlich­tungs­stelle Energie hat diese Ermäch­ti­gungs­grundlage für die Entgelt­er­hebung durch Kosten­ord­nungen ausge­füllt, die Fallpau­schalen vorsehen. Ob diese die Entgelt­er­hebung recht­fer­tigen, war Gegen­stand eines Gerichts­ver­fahrens, das das KG Berlin mit Urt. v. 15.11.2021 − 2 U 77/18 EnWG – zweit­in­stanzlich zugunsten der Schlich­tungs­stelle entschieden hat.

In dem Verfahren trat die Schlich­tungs­stelle als Klägerin auf und verlangte das Entgelt von einem nicht zahlungs­be­reiten betei­ligten Unter­nehmen. Dieses berief sich zunächst auf verfas­sungs­recht­liche Bedenken gegen die Einrichtung der Schlich­tungs­stelle überhaupt. Dies überzeugte das KG aber nicht. Zum einen hatte nach Ansicht der Richter das Landge­richt Berlin – die erste Instanz – nichts falsch gemacht, als es sich auf eine Entscheidung des OLG Köln aus 2016 (18 U 127/14) stützte, in dem das OLG Köln auf die Bedenken gegenüber einer Art Paral­lel­justiz einge­gangen war und eine Verletzung des Rechts auf den gesetz­lichen Richter verneint hatte, und auch einen unzuläs­sigen Eingriff in Art. 12 GG verneint hatte. Zum anderen hatte die Beklagte, also das verklagte Unter­nehmen, zu pauschal behauptet, der Gesetz­geber hätte die aus dem Grund­recht auf Berufs­freiheit resul­tie­rende Abwägungs­pflicht nicht erfüllt. Außerdem bezwei­felte das Gericht schon, ob Verfas­sungs­recht hier überhaupt zum Zug kommen kann, denn die Normen, um die es hier geht, stammen aus dem EU-Recht, das dem deutschen Recht, auch dem Verfas­sungs­recht, bekanntlich vorgeht.

Justitia, Recht, Gerechtigkeit, Rechtsprechung, Symbol

Die Beklagte hatte weiter auch europa­recht­liche Argumente vorge­tragen: Sie berief sich auch Art. 3 Abs. 8 i. V. m. Anhang I Ziff. 1 lit. f) der Strom­bin­nen­markt-RL 2009/72/EG (parallel existiert eine entspre­chende Regelung für Gas), wo es heißt, dass das in der Richt­linie vorge­sehene Schlich­tungs­ver­fahren den Kunden trans­pa­rente, einfache und kosten­günstige Verfahren zur Behandlung ihrer Beschwerden eröffnen soll. Daraus resul­tiert aber nicht, dass das Verfahren auch für das Unter­nehmen – also eben nicht den Kunden – kosten­günstig sein müsste. Auch das Vorbringen des Unter­nehmens, es gäbe keinen Anhalts­punkt in der Richt­linie, dass dies nur den Kunden, nicht das Unter­nehmen privi­le­gieren sollte, überzeugte die Richter nicht.

Das KG stellte weiter fest, dass § 111b Abs. 6 S. 1 EnWG iVm mit den Kosten­ord­nungen auch eine ordnungs­gemäße Grundlage für die Entgelt­er­hebung darstellt. Die Beklagte hatte sich auf den Stand­punkt gestellt, das der Schlich­tungs­stelle einge­räumte Ermessen sie proble­ma­tisch, aber das sah das Gericht nicht so. Auch das Vorbringen, die Schlich­tungs­stelle sei nicht ordnungs­gemäß bestellt oder die Kosten­ord­nungen nicht korrekt, bügelte der Senat recht knapp ab. Maßgeblich sei nur, ob das Entgelt angemessen sei. Hier könnte man durchaus argumen­tieren, schließlich hatte die Schlich­tungs­stelle in den Jahre 2013 – 2017 rund 1 Mio. EUR Rücklage gebildet, so dass ihre Tätigkeit durchaus sicher­ge­stellt war und es durchaus möglich gewesen wäre, weniger oder nichts zu berechnen. Der Senat wies aber auf den zukünf­tigen Bedarf hin; ein Argument, das durchaus Fragen nach sich zieht, denn ist mit dem Abstellen auf künftige Bedarfe nicht einer nahezu uferlosen Gebüh­ren­er­hebung Tür und Tor geöffnet? Angesichts dieser Großzü­gigkeit erstaunt es nicht, dass das Gericht auch die Fallpau­schalen unbedenklich fand, auch wenn es keine Ermäßi­gungs­mög­lichkeit bei sehr kleinen Beträgen gibt.Auch umsatz­steu­erlich sah das KG nichts zu kritisieren.

Aufge­hoben hat das KG die Entscheidung des LG nur in einem einzigen Punkt: Dem Zinsbeginn. Das LG sah es als ausrei­chend aus, dass die Rechnung erstellt worden war, das KG verlangte den Zugang beim Empfänger (Miriam Vollmer).