Gazprom Germania steht aufgrund Anordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom 4. April 2022 unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur (BNetzA). Künftig nimmt die Bonner Behörde die Gesellschafterrechte wahr und hat das Recht, eine Geschäftsführung einzusetzen und ihr Weisungen zu erteilen. Hintergrund war die unklare Situation nach der Abtretung der Anteile an der Gazprom Germania an ein Unternehmen namens JSC Palmary (Russland) und eine Gazprom export business services LLC (GPEBS, Russland), deren Gesellschafter wiederum unbekannt sind. Nachdem der Mutterkonzern der Gazprom Germania sich von der deutschen Tochter lossagen wollte, und die neue Anteilseigenerin GPEBS die Gesellschaft liquidieren lassen wollte, wurde das Ministerium aktiv. Doch worauf beruht dieser ungewöhnliche Schritt und wie ist er rechtlich einzuordnen?
Zunächst: Gazprom Germania ist bei der Neuordnung seiner gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse nicht korrekt vorgegangen. Für den Erwerb von Anteilen durch nicht europäische Investoren an Unternehmen, die kritische Infrastruktur in der EU betreiben, gibt es Vorgaben. § 55a Abs. 4 Satz 1 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) enthält eine Meldepflicht. Die ist hier nicht erfüllt worden, so das BMWK. Diese Meldepflicht ist keine reine Formalität. Wird sie nicht erfüllt, oder wurde sie zwar erfüllt, aber das BMWK prüft noch, ist der Erwerb schwebend unwirksam. So war es auch – mangels Meldung – hier. Und da nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) während dieser Phase der schwebenden Unwirksamkeit die Gesellschafter ihre neu erworbenen Stimmrechte nicht ausüben durften, liegt ein weiterer Verstoß vor, denn die neuen Gesellschafter hatte ja mit der Anordnung, zu liqudieren, ihr Stimmrecht ausgeübt.
Das BMWK sah durch diese Maßnahme die in § 4 Abs. 1 Nr. 4 AWG geschützte öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. In diesem Fall erlaubt es § 6 Abs. 1 AWG, per Bescheid die „Verfügung über Gelder und wirtschaftliche Ressourcen bestimmter Personen oder Personengesellschaften oder das Bereitstellen von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen zu Gunsten bestimmter Personen oder Personengesellschaften“ zu beschränken. Hieraus leitete das Ministerium das Recht ab, für sechs Monate das Unternehmen durch die BNetzA führen zu lassen.
Die Anordnung ist anfechtbar. Ob Gazprom Germania den Rechtsweg einschlägt, ist noch nicht bekannt (Dr. Miriam Vollmer).
Können Sie sagen, oder vielleicht ein Foto posten, was da im Handelsregister passiert? Danke