Corona: Der Energie-Sperrungsverzicht im Coronapaket
Am 25.03.2020 hat der Bundestag ein beispielloses Paket verabschiedet, um die Folgen der Coronakrise auf Wirtschaft und Verbraucher abzufedern. Zu diesem Paket, das am Freitag, den 27.03.2020 den Bundesrat passieren soll, gehört auch ein Art. 240 EGBGB, der unter bestimmten Bedingungen Sperrungen von Versorgungsverträgen verbietet. Hier heisst es nun zu den „wesentlichen Dauerschuldverhältnissen“, zu denen auch Strom- Gas- und Wärmelieferverträge gehören, im § 1 Abs. 1 S. 1:
„Ein Verbraucher hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag steht, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre.“
Unter bestimmten in Abs. 2 definierten Bedingungen gilt das auch für Kleinsunternehmen. Nach Abs. 3 gilt das Moratorium nicht, wenn die Zahlungsverweigerung dem Versorgungsunternehmen unzumutbar wäre, weil es selbst in Probleme kommt.
Der Regelung ist zugute zu halten, dass sie auf ein akutes Problem reagiert und eiligst zusammengeschustert wurde. Praktisch sind ihr Inhalt und ihre Reichweite unklar und werden zu erheblichen Vollzugsproblemen führen. Die Regelung verlangt es dem Verbraucher ab, nachzuweisen, dass erstens wegen der Coronapandemie in Zahlungsschwierigkeiten steckt. Er müsste also Nachweise vorlegen und etwa Kurzarbeit, Entlassung oder Auftragsrückgang darlegen. Wie sieht es mit Vermögensnachweisen aus? Wer Vermögen hat, muss ja gerade nicht um seinen Lebensunterhalt fürchten. Der Versorger müsste das prüfen, was angesichts der reduzierten Mannschaften vor Ort machbar, aber unnötig schwierig erscheint. Sodann ist zweitens unklar, welche Forderungen überhaupt erfasst sind. Gilt das Moratorium auch für ältere Forderungen, etwa in Ratenzahlungsplänen? Das muss unbedingt geklärt werden, weil viele Ratenzahlungspläne bei Ausbleiben von Raten die gesamte Forderung fällig stellen. Drittens stellt sich die praktische Frage, wie nach dem Ende des Moratoriums zu verfahren ist. Wenn es zum 30.06.2020 endet, müssten die Verbraucher zahlen, aber bis die Wirtschaft wieder anläuft, dürfte noch etwas Zeit vergehen. Muss dann alles auf einen Schlag gezahlt werden? Damit dürften viele, die knapp kalkulieren, Probleme bekommen.
Im Ergebnis will der Gesetzgeber Versorgern damit eine Einzelfallprüfung auferlegen und Verbraucher in eine Unsicherheitssituation bringen, ob ihre individuelle Notlage reicht. Versorger sind da oft schon weiter, indem sie generell auf Sperrungen zeitweise verzichten. Hier sollten Unternehmen entscheiden und dies auch im eigenen Interesse an der Handhabbarkeit der neuen Regelung kommunizieren, wie sie vorgehen möchten und welche Nachweise sie sich vorlegen lassen wollen (Miriam Vollmer)
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