Kita-Recht: Kein Anspruch auf Betreuung in Randzeiten

Wer unseren Blog regel­mäßig liest, weiß es bereits: Kinder ab einem Jahr haben einen Kita-Anspruch. Und wenn beide Eltern vollbe­schäftigt sind, müssen sich die Betreu­ungs­zeiten unter Umständen sogar nach dem Bedarf richten. Diesen Grundsatz hat das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Münster in einem Eilbe­schluss, der bisher als Presse­mit­teilung vorliegt, nun aber wieder etwas relati­viert. Denn tatsächlich gibt es ja Eltern, die im Schicht­dienst arbeiten oder sehr spät noch tätig sind. Wäre es dann verhält­nis­mäßig, den ganzen Betrieb der Kinder­ta­ges­stätte daran auszurichten?

Im vorlie­genden Fall ging es um Kölner Eltern, die beide in der Medien­branche tätig sind. Sie sind daher auf einen Kitaplatz bis mindestens 18 Uhr angewiesen. Die Stadt Köln hatte sie dagegen auf eine Einrichtung mit einer Öffnungs­zeitbis 16:30 h verwiesen. Nach der im Eilver­fahren vorläufig durch­ge­führten Prüfung argumen­tiert das Gericht, dass der Anspruch des Kindes auf Förderung keine Öffnungs­zeiten der Kinder­ta­ges­ein­richtung beinhalte, die in jeder Hinsicht an indivi­duelle Bedürf­nisse angepasst seien. Dies gelte auch unter Berück­sich­tigung des Wahlrechts der Erzie­hungs­be­rech­tigten. Die Verpflichtung, Betreu­ungs­plätzen vorzu­halten, orien­tiere sich am Gesamtbedarf.

Für Kinder unter drei Jahren bestehe die Möglichkeit, sich (zusätzlich) eine staatlich ebenfalls geför­derte Tages­mutter zu nehmen. Die wird dann oft eher auf indivi­duelle Wünsche eingehen können, als eine Kinder­ta­ges­stätte (Olaf Dilling).

2020-02-28T10:32:02+01:0028. Februar 2020|Verwaltungsrecht|

Nachbar­recht: Die Wildkirsche als Grenzbaum

Bei „Grenzbaum“ denken viele Menschen vermutlich an rot-weiß-gestreifte Schlag­bäume an Grenz­über­gängen. Tatsächlich regelt das Bürger­liche Gesetzbuch (BGB) den Grenzbaum im Abschnitt über Nachbar­recht in § 923 BGB. Auch wenn diese Norm über auf Grund­stücks­grenzen wachsende Bäume liebenswert antiquiert wirkt: Immerhin gab es dazu vor wenigen Jahren eine bemer­kens­werte Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts (OLG) München. Darin wurden zum Einen die nicht unkom­pli­zierten Eigen­tums­rechte am Grenzbaum präzi­siert. Zum Anderen wurde das Verhältnis von privaten und öffent­lichen Recht geklärt. Denn Bäume sind, auch wenn sie auf privatem Grund stehen, in vielen Gemeinden durch Baumschutz­sat­zungen geschützt.

Doch zum Fall: Der Grenzbaum, um den es ging, war eine offenbar sehr statt­liche Wildkirsche. Beim Bau eines Garten­hauses waren vom Beklagten auf seinem Grund­stück Wurzeln des Baumes gekappt worden. Auch dies ist im BGB geregelt und an sich gemäß § 910 Abs. 2 BGB zulässig. Nur spricht die Norm von Wurzeln, „die von einem Nachbar­grund­stück einge­drungen sind“, was bei einem Grenzbaum gewisse Ausle­gungs­pro­bleme mit sich bringt. Jeden­falls drohte, vermutlich wegen der gekappten Wurzeln, der Baum nach einem Sturm im folgenden Frühjahr zu kippen und musste kurze Zeit später gefällt werden.

Nun handelt es sich beim Holz der Wildkirsche (prunus avium) um das wertvollste Holz Europas. Der Kläger veran­schlagte den Wert des Baumes daher mit 18.000 Euro und wollte die Hälfte davon, sowie die Fäll- und Besei­ti­gungs­kosten vom Beklagten erstreiten. Aller­dings hatte er sowohl erstin­stanzlich wie auch vor dem OLG damit wenig Erfolg. Denn das Gericht war der Auffassung, dass der Beklagte die Wurzeln des Baumes schon aufgrund seines (Mit-)Eigentumsrechts an dem Baum abschneiden durfte.

Außerdem sei ein Schadens­ersatz auch nicht wegen eines möglichen Verstoßes gegen die örtliche Baumschutz­satzung zu leisten. Denn der Baum hätte zwar unzwei­felhaft einen Stamm­umfang von über 80 cm, weshalb er demnach unter Schutz gestanden hätte. Aller­dings sei die Baumschutz­satzung nicht zum Schutz des Nachbarn gedacht, sondern diene dem öffent­lichen Interesse. Sie solle vielmehr die „inner­ört­liche Durch­grünung sicher­zu­stellen, das Ortsbild zu beleben, die Leistungs­fä­higkeit des Natur­haus­halts“ erhalten und „schäd­liche Umwelt­ein­wir­kungen“ mindern. Mit anderen Worten sind Bäume in den Gemeinden durch die Baumschutz­sat­zungen zwar nach öffent­lichem Recht geschützt. Ein Verstoß wirkt sich jedoch nicht auf die Rechts­ver­hält­nisse der Nachbarn unter­ein­ander aus (Olaf Dilling).

2020-02-27T16:08:35+01:0027. Februar 2020|Naturschutz, Verwaltungsrecht|

BEHG: Flucht in den Emissionshandel

Am 1.1.2021 geht es los: Der nationale Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG) belastet jede Tonne CO2 in Form eines vom Gaslie­fe­ranten (oder anderen Inver­kehr­bringer flüssiger oder gasför­miger Brenn­stoffe) mit zunächst 25 €. Die Zerti­fikate erwerben muss der Brenn­stoff­lie­ferant, am Ende landet die Kosten zumindest bis 2025 über Steuer– und Abgabe­klauseln beim Letzt­ver­braucher.

Von dieser flächen­de­ckenden Bepreisung klima­schäd­licher Emissionen sollen nur dieje­nigen ausge­nommen werden, die bereits über den „großen“ Europäi­schen Emissi­ons­handel belastet werden. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 5 BEHG. Der Gesetz­geber stellt sich hier vor, dass der Betreiber der EU–emissi­ons­han­dels­pflich­tigen Anlage seinem Liefe­ranten mithilfe seines Emissi­ons­be­richts nachweist, dass er den Brenn­stoff in einer ETS–Anlage verbrannt hat. Für diese Mengen sollen dann keine Zerti­fikate nach dem natio­nalen Emissi­ons­handel abgegeben werden.

Damit ist insgesamt (bzw. ab 2023, wenn alle Brenn­stoffe erfasst sind) eine an sich lückenlose Erfassung von Emissionen gewähr­leistet: Zerti­fikate abführen muss jeder. Trotzdem kann es sinnvoll sein, zwischen den beiden Welten zu wechseln. Denn im BEHG ist keine Zuteilung kosten­loser Zerti­fikate vorge­sehen. Es gibt zwar eine Härte­fall­klausel. Aber eine regel­mäßige Ausstattung von Teilnehmern mit Gratis­zer­ti­fi­katen kennt das BEHG nicht. Im TEHG sieht es aber anders aus.

Dies bietet Chancen für die Betreiber von Anlagen, die die Schwel­len­werte für die Teilnahme am Emissi­ons­handel bisher – absichtlich oder nicht – knapp verfehlen. Diese ergeben sich aus Anhang 1 zum TEHG. Insbe­sondere dann, wenn sie abwan­de­rungs­be­drohten Branchen angehören (etwa Papier) oder Fernwärme liefern, können sie von kosten­losen Zutei­lungen auf Grundlage der Zutei­lungs­ver­ordnung 2030 (ZuVO) auf Antrag profi­tieren. Vielen – nicht allen – Anlagen, die nach dem TEHG emissi­ons­han­dels­pflichtig sind, stehen danach nämlich kostenlose Zerti­fikate auf Antrag zu.

Doch wie wird man emissi­ons­han­dels­pflichtig? Hier kommt es nicht nur auf die schiere Größe der Anlage an, denn mit ausschlag­gebend ist gem. § 2 Abs. 4 TEHG die immis­si­ons­schutz­recht­liche Geneh­mi­gungslage. Es ist damit durchaus eine Prüfung im Einzelfall wert, ob durch geschickte Änderung der immis­si­ons­schutz­recht­lichen Geneh­migung die finan­zi­ellen Belas­tungen verringert werden können. Insbe­sondere angesichts der in den nächsten Jahren drastisch steigenden Preise für Emissi­ons­be­rech­ti­gungen ergibt es Sinn, diese Möglich­keiten zumindest einmal auszu­loten (Miriam Vollmer).

2020-02-26T16:58:53+01:0026. Februar 2020|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt|