StVO-Novelle: Die Entdeckung des Rades?
Diesen Monat befasst sich der Bundesrat voraussichtlich mit dem Referentenentwurf der Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO). Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) verspricht, dass die Reform insbesondere für Fahrradfahrer Verbesserungen bringt. Insbesondere soll das Fahrradfahren durch einige neue Regeln sicherer werden, nachdem Unfälle mit schwerem oder tödlichem Ausgang in den letzten Jahren offensichtlich zugenommen hatten. Mehrheitlich übrigens verschuldet durch daran beteiligte Kraftfahrer.
Hält der Entwurf, was das Ministerium verspricht? Wir haben ihn uns angeschaut: Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe kleiner, sinnvoller Verbesserungen, beispielsweise:
# der notwendige Seitenabstand, den Kraftfahrer beim Überholen zu Fahrrädern halten müssen, soll innerorts auf 1,5 m und außerhalb geschlossener Ortschaften auf 2 m festgelegt werden,
# Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 t dürfen innerorts beim Rechtsabbiegen nur Schrittgeschwindigkeit fahren,
# Ausweitung des Parkverbots an Kreuzungen und Einmündungen auf 8 m, wenn dort ein Fahrradweg entlangführt,
# neue Verkehrsschilder, z.B. Fahrradzone oder Überholverbot von Fahrrädern und Motorrädern,
# zumindest punktuell Anhebung der Vorschriften in der Bußgeldkatalog-Verordnung für das Parken auf Fußgänger- und Radwegen.
Weiterhin gibt es jedoch erhebliche Wertungswidersprüche zu Lasten von Fahrrad‑, Fuß- und öffentlichem Nahverkehr bei der Höhe der Bußgelder. Zum Beispiel würde die Strafe für das Halten auf Fuß- und Fahrradwegen nach der Reform erheblich geringer ausfallen als das Halten in zweiter Reihe auf der Fahrbahn. Dafür ist in Zukunft sogar einen Punkt in Flensburg vorgesehen. Auch das Parken im Fahrraum von Schienenfahrzeugen soll nach wie vor lediglich 25 Euro, bzw. mit Behinderung 35 Euro, kosten.
Das Parken von Fahrrädern am Fahrbahnrand und auf Seitenstreifen soll nun ausdrücklich verboten werden. Da Elektrokleinfahrzeuge den Fahrrädern insofern gleichgestellt sind, würde dies auch für E‑Roller gelten. Umstritten ist hier vor allem, wie diesbezüglich mit Lastenrädern und Fahrradanhängern umgegangen werden soll, für die am Rand des Gehwegs in der Regel kaum Platz ist.
Neben diesen Detailfragen gibt es aber auch grundsätzlichere Kritik: Zwar werden Verbote und Einschränkungen des fließenden Verkehrs zugunsten der Sicherheit erleichtert, vgl. § 45 Abs. 9 StVO. U.a. durch die Aufnahme neuer Ausnahmen, für zeitlich begrenzte Verkehrsversuche. Weiterhin gilt jedoch der Grundsatz, dass nur eine erheblich über dem durchschnittlichen Risiko liegende Gefahrenlage Einschränkungen begründet.
Im Ergebnis: Es gibt im Detail eine ganze Reihe von Verbesserungen für Fahrradfahrer, die Chance für grundsätzliche Reformen hat das BMVI mit seinem Referentenentwurf aber nicht ergriffen (Olaf Dilling).