Fehlzu­schnitt des Netzausbaugebiets

Bekanntlich gibt es zur Zeit bei der Windenergie nicht nur dann Probleme, wenn zu wenig Wind weht, sondern auch dann, wenn der Wind zu stark ist. Das ist keineswegs zwangs­läufig. Aber zum einen hat der Ausbau der Netzin­fra­struktur nicht mit dem Ausbau der Windenergie Schritt gehalten. Zum anderen entwi­ckeln sich erst nach und nach techno­lo­gische Möglich­keiten, Strom aus erneu­er­baren Energie­quellen zu speichern oder für andere Sektoren wie Wärme und Verkehr verfügbar zu machen.

Solange dies so ist, kommt es mancherorts dazu, dass Kraft­werke oder sogar Windener­gie­an­lagen im Rahmen des sogenannen Einspei­se­ma­nage­ments abgeregelt werden müssen. Nur so lassen sich Überka­pa­zi­täten vermeiden. Das ist natürlich ineffi­zient. Auch die Netzbe­treiber haben in der Regel kein Interesse daran. Sie müssen für das Abregeln von Strom aus erneu­er­barer Energie und Kraft-Wärme-Kopplung nämlich gem. § 12 Erneu­erbare Energien-Gesetz Entschä­di­gungen zahlen.

Daher hat die Bundes­netz­agentur im Auftrag des Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums vor zwei Jahren Regelungen entwi­ckelt, mit denen ein Netzaus­bau­gebiet geschaffen wird. In diesem Gebiet ist die Ausschreibung von neuen Windener­gie­an­lagen gedeckelt, wodurch Überka­pa­zi­täten vermieden werden sollen. Umfasst von dem Netzaus­bau­gebiet ist das nördliche Nieder­sachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Nun haben in letzter Zeit die Netzbe­treiber, zu deren Gunsten die Regelung eigentlich wirken soll, sich für Änderungen ausge­prochen. Denn die Überka­pa­zi­täten sind keineswegs gleich­mäßig über das Gebiet verteilt. So ist in Mecklenburg-Vorpommern bisher weniger Strom aus erneu­er­baren Energie­quellen abgeregelt worden als in Nieder­sachsen. Insofern würde das Netz im Nordosten durchaus noch mehr Strom aus erneu­er­baren Energien vertragen. Derweil wies die energie­po­li­tische Sprecherin der Grünen darauf hin, dass im Emsland und in der Weser­marsch weiterhin Atomstrom einge­speist würde. Auch wenn der Atomstrom offen­sichtlich die Grundlast erhöht und somit gerade nicht die angebots­be­dingten Schwan­kungen betrifft, trägt er im Fall der Überka­pa­zi­täten in Nieder­sachsen dennoch zum Problem bei.

2019-04-03T09:09:17+02:002. April 2019|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|

Wer (auf Papier) schreibt, der bleibt

Dass Deutschland bei der Digita­li­sierung jeden­falls nicht ganz vorn dabei ist, ist wohl allge­meiner Konsens. Und wer häufiger mit Gerichten zu tun hat, der weiß, dass das für deutsche Gerichte noch viel, viel mehr gilt. Immer wieder hört man gar von Richtern, die sich ihre eigene IT-Ausstattung mitnehmen. Insofern erstaunt es uns auch nur so mittel, dass die Richter der Verläss­lichkeit der IT nur sehr begrenzt vertrauen: Der Bundes­ge­richtshof (BGH) verlangt in einer Entscheidung vom 28.02.2019 (Az.: III ZB 96/18) Papier. 

In dem Beschluss geht es um eine Rechts­an­walts­kanzlei. Diese Kanzlei führte einen rein elektro­ni­schen Fristen­ka­lender, bei dem die Büromit­ar­bei­terin mittels einer Fachsoftware die Fristen eintrug, aber vergaß, die einge­tragene Berufungs­be­grün­dungs­frist abzuspei­chern. Dann zeichnete sie in der Handakte die Eintragung der Frist ab.

Das Ende vom Lied: Der Anwalt versäumte die Berufungs­be­grün­dungs­frist, beantragte die Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand und verlor. Wieder­ein­setzung nach § 233 ZPO wird nämlich nur gewährt, wenn die Frist unver­schuldet versäumt wurde. Der Standardfall: Die ansonsten stets zuver­lässige Büromit­ar­bei­terin macht trotz regel­mä­ßiger zutref­fender Einweisung und ausrei­chender Kontroll­me­cha­nismen ein einziges Mal einen Fehler.

Berufungs­ge­richt und BGH sahen hier aber keinen Fall einer unver­schul­deten Frist­ver­säumnis. Elektronik sei halt fehler­an­fällig. Unver­schuldet könne nur derjenige seine Fristen versäumen (und sich wieder­ein­setzen lassen), der die erwähnten Kontrollen mittels eines Ausdrucks vollzieht. Eine elektro­nische Lösung reiche nicht. Elektro­nisch sei das Fehler­risiko einfach höher.

Uns leuchtet nicht ein, wieso das so sein sollte. Gerade bei elektro­ni­schen Akten sieht man meistens direkt die Abfolge der Termine und Fristen und bemerkt schon bei den regel­mä­ßigen (elektro­ni­schen) Wieder­vor­lagen, wenn etwas nicht stimmt. Aber wenn es denn der BGH so will, dann drucken wir ab heute den Frist­be­rech­nungs­vermerk und alle Fristen­zettel wieder aus. Und stecken uns die Fristen­zettel nicht an den Hut, sondern hängen sie brav eine Pinnwand. Die aus unserer Sicht viel, viel zuver­läs­si­geren elektro­ni­schen Benach­rich­ti­gungen, dass demnächst eine Frist abläuft, behalten wir aber trotzdem, versprochen.

2019-04-01T09:47:00+02:001. April 2019|Allgemein, Digitales|