Strom­engpass in Oranienburg?

Die Stadt Orani­enburg sieht sich derzeit mit einer heraus­for­dernden Situation konfron­tiert, die ihre Bemühungen um Wachstum und Entwicklung im Allge­meinen und die Sicher­stellung der ausrei­chenden Energie­ver­sorgung im Konkreten stark beein­trächtigt: Die steigende Nachfrage nach Strom überlastet das vorhandene Strom­ver­teilnetz, sodass neue Wärme­pumpen, Wallboxen und sogar Indus­trie­ge­biete nicht mehr ans Stromnetz angeschlossen werden können. Es handelt sich also nicht um eine Strom­knappheit, sondern eine Kapazitätsknappheit.

Dieser Engpass wird auf den wirtschaft­lichen Aufschwung der Stadt zurück­ge­führt. Orani­enburg verzeichnet einen erheb­lichen Zuwachs an großen Unter­nehmen, die sich in der Region nieder­ge­lassen haben und ihre Produktion ausweiten wollen. Dies führt zwangs­läufig zu einem erhöhten Bedarf an Strom. Darüber hinaus zieht die Stadt aufgrund ihrer Attrak­ti­vität immer mehr Menschen an, insbe­sondere aus der nahege­le­genen Metropole Berlin. Mit etwa 1.000 neuen Einwoh­ne­rinnen und Einwohnern pro Jahr verzeichnet Orani­enburg einen stetigen Bevölkerungszuwachs.

Es ist hier wichtig zu betonen, dass die deutsche Energie­wende nicht die Ursache für diese Strom­knappheit ist. Vielmehr handelt es sich schlicht um eine Fehlplanung, bei der der steigende Bedarf von den Stadt­werken im Vorfeld wohl unter­schätzt wurde. Sowohl die Stadt­ver­waltung als auch die Bundes­netz­agentur haben mittler­weile reagiert und sind aktiv geworden, um dieser Heraus­for­derung entgegenzuwirken.

Konkret entsteht der Engpass derzeit an einem Umspannwerk. Um dieses Problem zu lösen, ist die Planung eines neuen Umspann­werks mit einer Leistung von 80 Megawatt bereits in vollem Gange. Sowohl der vorge­la­gerte Hochspan­nungs­netz­be­treiber als auch die Stadt­werke arbeiten daran, dieses neue Umspannwerk bis 2026 fertigzustellen.

Diese Maßnahmen sind entscheidend, um die Versor­gungs­si­cherheit in Orani­enburg zu gewähr­leisten und das weitere Wachstum der Stadt zu unter­stützen. Durch die recht­zeitige Planung und Umsetzung von Infra­struk­tur­pro­jekten können die negativen Auswir­kungen der Strom­knappheit minimiert und die langfristige Entwicklung der Stadt gesichert werden.

Die Bundes­netz­agentur hat aufsichts­recht­liche Maßnahmen als Möglichkeit in Aussicht gestellt, denn aus Sicht der Regulie­rungs­be­hörden darf sich ein solcher Fall nach möglichkeit nicht wiederholen.

(Christian Dümke)

2024-04-19T13:49:43+02:0019. April 2024|Energiepolitik, Netzbetrieb|

Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­span­nungs­frei­leitung erfolglos

Die Energie­wende kann nur durch die gleich­zeitige Ertüch­tigung des Strom­netzes gelingen. Dafür sind bei den Übertra­gungs­netz­be­treibern viele Ersatz­neu­bauten von Höchst­span­nungs­lei­tungen in der planungs­recht­lichen Pipeline. Der Weg zu einem Planfest­stel­lungs­be­schluss ist steinig uns schwer, da bereits im Verfahren (und auch davor) viele Stöckchen liegen, über die man springen muss – so ist es in der Praxis oft bereits gar nicht so einfach, die benötigten Baugrund­un­ter­su­chungen (auf die man eigentlich einen Anspruch hat) vor Ort durch­zu­setzen. Wie bei vielen Projekten gilt vor Ort dann oft der NIMBY-Grundsatz – überall, nur nicht hier („not in my backyard“). Daher sind die Fragen des Bedarfs an bestimmten Leitungen und insbe­sondere auch die Linien­führung oft Streit­themen – auch dann noch, wenn der Planfest­stel­lungs­be­schluss dann endlich ergangen ist.

Zur Beschleu­nigung von Vorhaben hat der Gesetz­geber reagiert und einige Vorhaben in den vordring­lichen Bedarf gestellt, für die demnach auch die Planrecht­fer­tigung schon von Gesetzes wegen feststeht. Im Hinblick auf den Rechts­schutz gibt es die erst- (und letzt-) instanz­liche Zustän­digkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat mit aktuellem Urteil vom 10.04.2024 – BVerwG 11 A 4.23 - eine Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­spannungsfreileitung abgewiesen. Hier ging es u.a. auch um die Trasse. Die Stadt Moers hatte einen Planfest­stel­lungs­be­schluss angegriffen, mit dem der Bau und Betrieb einer 110-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Wesel und Utfort sowie einer 380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Utfort und dem Punkt Hüls-West zugelassen wurde.  Die Leitungen sollen auf dem Gebiet der Klägerin zusammen mit der auf einem Teilstück zu erneu­ernden 220-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung Utfort-Walsum zwischen den dicht besie­delten Ortsteilen Eick und Utfort verlaufen.

Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Teilab­schnitt des in Nr. 14 der Anlage zum Energieleitungsausbau­gesetz genannten Vorhabens „Neubau Höchst­span­nungs­leitung Nieder­rhein – Utfort – Osterath, Nennspannung 380 kV“. Dass die Linien­führung im Abschnitt Rhein­querung zum Zeitpunkt des Planfest­stel­lungs­be­schlusses noch nicht abschließend feststand, war rechtlich unerheblich. Hinsichtlich der Umspann­anlage Utfort reicht es aus, dass die Leitungen die Umspann­anlage erreichen und dort einge­bunden werden können.

Die Planrecht­fer­tigung für das Vorhaben ist aus Sicht der Leipziger Richter gegeben, weil es mit­samt der notwen­digen Folge­maß­nahmen gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG in den vordring­lichen Bedarf gestellt ist. Die Abwägungs­ent­scheidung verletzt die Stadt Moers nicht in eigenen Rechten. Die Planung durfte sich gegen eine westliche Umgehung der dicht besie­delten Gebiete der Klägerin durch Führung der Höchst­span­nungs­lei­tungen Wesel-Utfort und Utfort-Walsum in neuer Trasse entscheiden. Es spricht viel dafür, dass die Planfest­stel­lungs­be­hörde die Vor­habenträgerin schon aus Rechts­gründen nicht verpflichten konnte, anlässlich einer bestimmten Planung auch eine andere, bestehende Leitung weiträumig zu verlegen. Auch unabhängig davon war die Abwägung nicht zu beanstanden. Die gegen die Alter­native sprechenden Belange mussten nicht ausführ­licher ermittelt werden als geschehen. Auch die Ermittlung der gegen die Antrag­strasse sprechenden Belange war im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund der Vorbe­lastung durch die Bestandstrassen durfte der Planfest­stel­lungs­be­schluss auch davon ausgehen, dass die Planung die Klägerin weder in ihrer Planungs­hoheit noch in ihrer Gestal­tungs­freiheit verletzt. (Dirk Buchsteiner)

Die Auswahl des Netzver­knüp­fungs­punktes für EEG Anlagen – einfach erklärt

Beim Netzan­schluss einer Anlage zur Erzeugung von regene­ra­tivem Strom (EEG-Anlage) nach dem Erneu­erbare-Energien-Gesetz besteht in der Praxis immer wieder Unsicherheit über die geset­zes­kon­forme auswahl des „richtigen“ Netzver­knüp­fungs­punktes nach § 8 EEG. Dabei ist die gesetz­liche Syste­matik eigentlich gut durch­dacht und in sich logisch.

Das Gesetz geht zunächst von dem Grundsatz aus, dass der beste und geeignete Netzver­knüp­fungs­punkt in kürzester Entfernung Luftlinie zur Anlage liegt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EEG). Der Grundatz ist sinnvoll, da der Anlagen­be­treiber die Kosten des Netzan­schlusses tragen muss und man dabei davon ausgeht, dass grund­sätzlich ein möglichst kurzer Weg zum Netz wirtschaftlich ist.

Von diesem Grundsatz kann jedoch im Einzelfall abgewichen werden, da die kürzeste Entfernung Luftlinie natürlich nicht in jedem Fall den wirtschaft­lichsten Weg zum Netz zeigt. Zum Beispiel wenn auf dem Weg dorthin Hinder­nisse wie etwa Bahnlinien zu überqueren wären. Weiterhin kann der Netzbe­treiber im Rahmen seiner Gesamt­planung auch das Bedürfnis haben einen anderen Punkt zuzuweisen, auch wenn dieser im Einzelfall zunächst zu höheren Anschluss­kosten führt.

Der Netzbe­treiber darf daher einen abwei­chenden Verknüp­fungs­punkt als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ zuweisen, wenn dieser gesamt­wirt­schaftlich betrachtet zu einem günsti­geren Ergebnis führt – auch wenn hierdurch die indivi­du­ellen Netzan­schluss­kosten des Anlagen­be­treibers steigen.

Der Netzbe­treiber darf weiterhin auch einen abwei­chenden Netzver­knüp­fungs­punkt als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ zu weisen, auch wenn dieser nicht gesamt­wirt­schaftlich günstiger ist – muss in diesem Fall aber die entste­henden Mehrkosten des Netzan­schlusses übernehmen (§ 16 Abs. 2 EEG).

Und zuletzt darf auch der Anlagen­be­treiber seiner­seits einen anderen Verknüp­fungs­punkt  als „kürzeste Entfernung Luftlinie“ wählen, es sei denn, die daraus resul­tie­renden Mehrkosten des Netzbe­treibers sind nicht unerheblich (§ 8 Abs. 2 EEG).

(Christian Dümke)