Webinar „Klima Kompakt“

Deutschland will bis 2045 klima­neutral werden – der Wirtschafts­standort Hamburg sogar schon bis zum Jahr 2040. Die Handels­kammer Hamburg organi­siert in Koope­ration mit der Handels­kammer Bremen – IHK für Bremen und Bremer­haven eine geson­derte Webinar­reihe „Klima kompakt“.

Erfahren Sie in der Online-Auftakt­ver­an­staltung am 18. April 2024, 9.00 – 10.00 Uhr, welche recht­lichen Regelungen schon jetzt für KMU zu beachten sind und welche Unter­stüt­zungs­an­gebote Sie kennen sollten. Dirk Buchsteiner wird einen Überblick über relevante EU- und Bundes­ge­setz­gebung geben und steht den Teilnehmern für Fragen zur Verfügung. 

Die Veran­stal­tungs­reihe Klima kompakt richtet sich an mittel­stän­dische Unter­nehmer, die ihr Unter­nehmen zukunfts­ori­en­tiert und klima­freundlich trans­for­mieren möchten.

In den kompakten Onlin­ever­an­stal­tungen (April bis Dezember 2024) werden relevante recht­liche Rahmen­be­din­gungen vorge­stellt und Handlungs­im­pulse gegeben. Ein wesent­licher Bestandteil ist die Möglichkeit zum direkten Austausch mit den jewei­ligen Experten. Die Veran­stal­tungs­in­halte bauen aufein­ander auf und begleiten die Teilneh­menden auf dem Weg in die Klimaneutralität.

Eine Teilnahme an Einzel­ter­minen ist ebenfalls möglich. Die Teilnahme ist kostenlos.

 

 

Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­span­nungs­frei­leitung erfolglos

Die Energie­wende kann nur durch die gleich­zeitige Ertüch­tigung des Strom­netzes gelingen. Dafür sind bei den Übertra­gungs­netz­be­treibern viele Ersatz­neu­bauten von Höchst­span­nungs­lei­tungen in der planungs­recht­lichen Pipeline. Der Weg zu einem Planfest­stel­lungs­be­schluss ist steinig uns schwer, da bereits im Verfahren (und auch davor) viele Stöckchen liegen, über die man springen muss – so ist es in der Praxis oft bereits gar nicht so einfach, die benötigten Baugrund­un­ter­su­chungen (auf die man eigentlich einen Anspruch hat) vor Ort durch­zu­setzen. Wie bei vielen Projekten gilt vor Ort dann oft der NIMBY-Grundsatz – überall, nur nicht hier („not in my backyard“). Daher sind die Fragen des Bedarfs an bestimmten Leitungen und insbe­sondere auch die Linien­führung oft Streit­themen – auch dann noch, wenn der Planfest­stel­lungs­be­schluss dann endlich ergangen ist.

Zur Beschleu­nigung von Vorhaben hat der Gesetz­geber reagiert und einige Vorhaben in den vordring­lichen Bedarf gestellt, für die demnach auch die Planrecht­fer­tigung schon von Gesetzes wegen feststeht. Im Hinblick auf den Rechts­schutz gibt es die erst- (und letzt-) instanz­liche Zustän­digkeit des Bundesverwaltungsgerichts.

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat mit aktuellem Urteil vom 10.04.2024 – BVerwG 11 A 4.23 - eine Klage der Stadt Moers gegen eine Höchst­spannungsfreileitung abgewiesen. Hier ging es u.a. auch um die Trasse. Die Stadt Moers hatte einen Planfest­stel­lungs­be­schluss angegriffen, mit dem der Bau und Betrieb einer 110-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Wesel und Utfort sowie einer 380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung zwischen Utfort und dem Punkt Hüls-West zugelassen wurde.  Die Leitungen sollen auf dem Gebiet der Klägerin zusammen mit der auf einem Teilstück zu erneu­ernden 220-/380-kV-Höchst­span­nungs­frei­leitung Utfort-Walsum zwischen den dicht besie­delten Ortsteilen Eick und Utfort verlaufen.

Bei dem Vorhaben handelt es sich um einen Teilab­schnitt des in Nr. 14 der Anlage zum Energieleitungsausbau­gesetz genannten Vorhabens „Neubau Höchst­span­nungs­leitung Nieder­rhein – Utfort – Osterath, Nennspannung 380 kV“. Dass die Linien­führung im Abschnitt Rhein­querung zum Zeitpunkt des Planfest­stel­lungs­be­schlusses noch nicht abschließend feststand, war rechtlich unerheblich. Hinsichtlich der Umspann­anlage Utfort reicht es aus, dass die Leitungen die Umspann­anlage erreichen und dort einge­bunden werden können.

Die Planrecht­fer­tigung für das Vorhaben ist aus Sicht der Leipziger Richter gegeben, weil es mit­samt der notwen­digen Folge­maß­nahmen gemäß § 1 Abs. 2 EnLAG in den vordring­lichen Bedarf gestellt ist. Die Abwägungs­ent­scheidung verletzt die Stadt Moers nicht in eigenen Rechten. Die Planung durfte sich gegen eine westliche Umgehung der dicht besie­delten Gebiete der Klägerin durch Führung der Höchst­span­nungs­lei­tungen Wesel-Utfort und Utfort-Walsum in neuer Trasse entscheiden. Es spricht viel dafür, dass die Planfest­stel­lungs­be­hörde die Vor­habenträgerin schon aus Rechts­gründen nicht verpflichten konnte, anlässlich einer bestimmten Planung auch eine andere, bestehende Leitung weiträumig zu verlegen. Auch unabhängig davon war die Abwägung nicht zu beanstanden. Die gegen die Alter­native sprechenden Belange mussten nicht ausführ­licher ermittelt werden als geschehen. Auch die Ermittlung der gegen die Antrag­strasse sprechenden Belange war im Ergebnis nicht zu beanstanden. Aufgrund der Vorbe­lastung durch die Bestandstrassen durfte der Planfest­stel­lungs­be­schluss auch davon ausgehen, dass die Planung die Klägerin weder in ihrer Planungs­hoheit noch in ihrer Gestal­tungs­freiheit verletzt. (Dirk Buchsteiner)

Menschen­recht auf Klimaschutz

Der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte (EGMR) in Straßburg, nicht zu verwechseln mit dem Europäi­schen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, hat gesprochen: Drei Fälle waren zu entscheiden, in denen Kläger geltend gemacht hatten, durch Klima­wandel in ihren Menschen­rechten verletzt zu sein:

Zwar hat der EGMR nur der Klage des Vereins Klima­Se­nio­rinnen Schweiz statt­ge­geben. Dies ist in der Rechts­ent­wicklung dennoch ein bedeu­tender Schritt. Denn  dadurch wird bestätigt, dass es eine Art Menschen­recht auf Klima­schutz gibt. An sich steht das so nicht wörtlich in der Europäi­schen Menschen­rechts­kon­vention (EMRK), an dessen Maßstäben der Gerichtshof alle Klagen beurteilt. Der EGMR hat seine Entscheidung daher auf Art. 8 EMRK, das Recht auf Achtung des Privat- und Famili­en­lebens, und Art. 6, Recht auf ein faires Verfahren, gestützt. Der EGMR hat festge­stellt, dass Art. 8 auch ein Recht auf wirksamen Schutz durch den Staat vor erheb­lichen negativen Auswir­kungen des Klima­wandels auf Leben, Gesundheit und Lebens­qua­lität umfasst. Dieses Recht hätte die Schweiz verletzt, indem sie weder die Grenzen des Ausstoßes von Treib­haus­gasen quanti­fi­ziert hätte, noch sich an die bishe­rigen Reduk­ti­ons­ziele gehalten.

Der EGMR macht in seiner Entscheidung auch klar, dass die indivi­duelle Betrof­fenheit der vier Kläge­rinnen, die auch als natür­liche Personen auftraten, nicht hinrei­chend vorge­tragen worden sei. Aller­dings hätten sie als Verein ein Recht auf ein faires Verfahren im Namen von Individuen, für die der Klima­wandel aus gesund­heit­lichen Gründen eine besondere Bedrohung darstellt. Dieses Recht sei von den zustän­digen Schweizer Gerichten nicht ausrei­chend berück­sichtigt worden, ohne dass dies in den entspre­chenden Entschei­dungen hinrei­chend begründet worden sei.

Die beiden anderen Fälle wurden vom EGMR aus überwiegend formalen Gründen abgelehnt. So war der ehemalige Bürger­meister der franzö­si­schen Gemeinde Grande-Synthe inzwi­schen dort gar nicht mehr wohnhaft, so dass er durch die zu erwar­tenden Hochwasser nicht betroffen wäre. Bei den portu­gie­si­schen Kindern und Jugend­lichen wurde vom EGMR moniert, dass sie die inner­staat­lichen Rechts­mittel nicht ausge­schöpft hatten, bevor sie sich an den EGMR gewandt haben. Dies wider­spricht dem Grundsatz der Subsi­dia­rität: Zunächst müssen Rechte im fachge­richt­lichen Instan­zenzug einge­fordert werden, bevor Verfas­sungs­ge­richte oder der EGMR zuständig sein kann.

Außerdem hatten sich die Kläger in dem Fall gegen eine Vielzahl von Staaten gewandt. Hier zeigt sich ein grund­sätz­li­cheres Problem der extra­ter­ri­to­rialen Wirkung von (mangelndem) Klima­schutz. Nach Aufassung des EGMR ist er nicht für die Prüfung dieser extra­ter­ri­to­rialen Effekte zuständig. Das heißt, dass Menschen­rechts­ver­let­zungen, die auf der Verant­wortung von Dritt­staaten beruhen, unter der EMRK nicht justi­ziabel sind. Das lässt sich anhand der bishe­rigen Recht­spre­chung zur extra­ter­ri­to­rialen Geltung von Menschen­rechten in bewaff­neten Konflikten nachvoll­ziehen. Für die Univer­sa­lität der Menschen­rechte ist das dennoch eine etwas ernüch­ternde Nachricht. (Olaf Dilling)

 

 

2024-04-10T18:21:18+02:0010. April 2024|Allgemein, Rechtsprechung, Umwelt|