BFH bestätigt: Keine Umsatz­steuer auf „fiktive“ Stromlieferungen

Wir hatten es Ende letzten Jahres schon einmal kurz mitge­teilt: Die Finanz­ge­richts­barkeit geht – anders als bislang die Finanz­ämter – davon aus, dass bei dezentral gelie­fertem Strom, der nie physisch in das Netz einge­speist wurde, keine Umsatz­steuer anfällt. Inzwi­schen wurde diese Auffassung des Bundes­fi­nanzhofs (BFH) durch eine weitere Entscheidung bestätigt. Nunmehr vertritt neben dem XI. Senat auch der V. Senat diese Auffassung.

Eigentlich klingt es nach einer Selbst­ver­ständ­lichkeit, dass Strom­lie­fe­rungen, die nie in einem physi­ka­li­schen Sinn geflossen sind, auch nicht besteuert werden können. Aber die Finanz­ver­waltung, die ihre Auffassung sogar im Umsatz­steu­er­an­wen­dungs­erlass (unter Punkt 2.5 Absatz 2) festgelegt hat, geht wohl von dem Prinzip aus, dass jemand, der aus einem Grund bestimmte Rechte hat, auch die Pflichten tragen soll. Und immerhin war es im zu entschei­denden Fall so, dass gemäß § 4 Absatz 3a Satz 2 KWKG 2009 ein KWK-Zuschlag auch dann fällig war, wenn der Strom dezentral verbraucht und nicht ins Versor­gungsnetz einge­speist wird. Insofern spricht man von einer fiktiven Strom­lie­ferung oder von kaumän­nisch-bilan­zi­eller Einspeisung.

Aller­dings hat der BFH in seiner Begründung festge­stellt, dass die Zahlung des KWK-Zuschlags nicht zu einer Lieferung im Sinne von § 3 Abs. 1 UStG führen würde. Auch eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 UStG läge nicht vor. Er verweist in dieser Frage auf die Entscheidung des XI. Senats.

Letztlich ergab sich nämlich aus dem KWKG nur eine gesetz­liche Zahlungs­pflicht für den Netzbe­treiber. Der Zuschlag hat den Charakter einer energie­po­li­tisch bedingten Förderung, die über den Netzbe­treiber abgewi­ckelt wird. Daraus folgt weder, dass der Zahlende tatsächlich der Empfänger einer Lieferung ist und schon gar nicht, dass der Zahlende auch die sonstigen Pflichten einer solchen Lieferung tragen muss. Daher gilt für das Steuer­recht, dass eine Lieferung nur für Strom angenommen werden kann, der tatsächlich einge­speist und vom Netzbe­treiber vergütet wurde. (Olaf Dilling)

2023-09-08T14:59:37+02:008. September 2023|Energiepolitik, Rechtsprechung, Strom, Wärme|

BNetzA setzt Gaskri­sen­übung an

Am 21. September 2023 findet eine von der Bundes­netz­agentur geplante „Gas-Krisen­übung“ statt. Ziel dieser Übung ist die Abläufe des Bundes­last­ver­teilers zu proben. Faktisch wird dort geübt, was im Fall einer sog. Gasman­gellage erfolgen muss. In diesem Fall übernimmt die Bundes­netz­agentur die Rolle des sogenannten Bundes­last­ver­teilers. Rechts­grundlage bildet das Energie­si­che­rungs­gesetz (EnSiG).

Hinter­grund ist, dass die deutsche Gasver­sorgung soll auch in Krisen­zeiten gesichert sein muss. Kann dies  nicht mehr ausrei­chend durch die privat­wirt­schaft­lichen Akteure erfolgen, muss der Staat durch hoheit­liche Lastver­teilung eingreifen. Dabei erfolgt eine staat­liche Verteilung und Zuteilung von Gasmengen. Dies ist der Fall, wenn die höchste Stufe des Notfall­plans Gas in Deutschland ausge­rufen wird.

Die aktuelle Übung erfolgt vor dem Hinter­grund der Erfah­rungen des letzten Winters und der dort bestehenden Gasknappheit durch den Ukrai­ne­krieg, auch wenn die Versor­gungslage sich hier wieder etwas entspannt hat. Ähnliche Konzepte gab es jedoch auch schon früher. Eine vergleichbare Übung gab es so bereits im Jahr 2018 auf Landes­ebene unter Betei­ligung der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen für den Fall einer Gasman­gellage in Süddeutschland (LÜKEX 18).

(Christian Dümke)

2023-09-08T13:08:29+02:008. September 2023|Energiepolitik, Gas|

Wasser­an­schluss für PV-Freiflächenanlage?

Der Bau von Infra­struktur ist eine öffent­liche Aufgabe, die sich nur lohnt, wenn alle, die poten­tiell davon profi­tieren, mit in die Pflicht genommen werden. Daher sehen Gemein­de­ord­nungen auch die Möglichkeit eines Anschluss- und Benut­zungs­zwangs vor, so auch § 9 Gemein­de­ordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). In einer Gemeinde im Tecklen­burger Land ist ein solcher Anschluss- und Benut­zungs­zwang für die Wasser­ver­sorgung nur einge­schränkt für solche Grund­stücke vorge­sehen, auf denen regel­mäßig Wasser verbraucht wird. Nun wollte der dortige Wasser­ver­sor­gungs­verband nach § 9 Kommu­nal­ab­ga­ben­gesetz (KAG NRW) einen Eigen­tümer zum Anschluss­beitrag für die mögliche Nutzung eines Wasser­an­schlusses heranziehen.

Die Crux an dem Fall: Es handelt sich um ein Grund­stück, auf dem laut Bebau­ungsplan lediglich die Errichtung einer Photo­voltaik-Freiflä­chen­anlage zulässig ist. Daher war der Eigen­tümer der Auffassung, dass er zur Zahlung nicht verpflichtet sei, da er keinen wirtschaft­lichen Vorteil erhalte. Dies sei aber für die Beitrags­er­hebung erforderlich.

PV-Freiflächenanlage

Der Wasser­ver­sorger hielt dagegen, dass auch für PV-Freiflä­chen­an­lagen eine Wasser­ver­sorgung nötig sei, zum einen, falls bei einem Brand Lösch­wasser gebraucht werde, zum anderen, um die Panele regel­mäßig reinigen zu können. Das Verwal­tungs­ge­richt Münster hat der Klage des Eigen­tümers statt­ge­geben und den Gebüh­ren­be­scheid aufge­hoben. Die Berufung des Wasser­ver­sor­gungs­ver­bands zum Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) blieb ohne Erfolg:

Der 15. Senat des OVG Münster begründete das in seiner Entscheidung damit, dass es für Grund­stücke mit PV-Freiflä­chen­anlage im allge­meinen keinen wirtschaft­lichen Vorteil durch einen Trink­was­ser­an­schluss gäbe. Denn dafür müsste der Anschluss die bauliche Nutzung ermög­lichen oder zumindest verbessern. Die Bereit­stellung von Lösch­wasser sei nicht Aufgabe des Grundstückseigentümers.

Die Reinigung von Solar­an­lagen wäre zwar im Abstand von ein bis mehreren Jahren sinnvoll, um die Effek­ti­vität und Lebens­dauer der Anlage zu steigern. Auch für diesen Zweck sei der Wasser­an­schluss aber kein wirtschaft­licher Vorteil. Denn der seltene Bedarf an Wasser zu Reinigung sei gut planbar und könne durch alter­native private Möglich­keiten der Beschaffung wirtschaft­licher gedeckt werden. So stünden einer Beschaffung von Brauch­wasser im Tank weder öffent­liche noch private Belange entgegen.

Das OVG verwies schließlich auch auf die grund­sätz­liche Möglichkeit des öffentlich-recht­lichen Versor­gungs­trägers, per Satzung einen Anschluss- und Benut­zungs­zwang anzuordnen, ohne eine Ausnahme für Grund­stücke zu machen, auf denen Wasser nicht regel­mäßig verbraucht wird. Von dieser Möglichkeit habe der Versorger aber keinen Gebrauch gemacht. (Olaf Dilling)

2023-09-08T10:45:46+02:008. September 2023|Erneuerbare Energien, Wasser|