LNG-Leitung und grüner Wasserstoff

Der Ukraine-Krieg und die dadurch bedingte Energie­krise hat zu einem  LNG-Boom geführt, also zu Flüssig­erdgas, das statt über Pipelines mit Schiffen nach Deutschland gebracht werden kann. Für die Einen war das die notwendige Rettung angesichts der drohenden Gasknappheit, für die Anderen ein neuer Sündenfall auf dem Weg zur dekar­bo­ni­sierten Wärmeversorgung.

Was beide Gruppen einen könnte, ist die Aussicht auf eine Nachnutzung für grünen Wasser­stoff, der Erdgas in vielen Anwen­dungen ersetzen könnte. Aber wie realis­tisch ist dies? Und sind die Betreiber von Pipelines dazu verpflichtet, Wasser­stoff in ihre Leitungen speisen?

Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Anlass dafür war ein Umwelt­verband, der gegen den Bau der Pipeline geklagt hatte. Genau genommen geht es um den Planfest­stel­lungs­be­schluss des nieder­säch­si­schen Landes­amtes für Bergbau, Energie und Geologie vom 19. August 2022 für die Errichtung und den Betrieb der LNG-Anbin­dungs­leitung von Wilhelms­haven nach Etzel. In dem Beschluss ist festgelegt, dass der Betrieb zur Nutzung für das sogenannte „liquefied natural gas“ (LNG) bis zum Jahr 2043 zulässig ist. Danach darf die Leitung nur noch für grünen Wasser­stoff genutzt werden.

Dass das so ist, ergibt sich aus dem LNG-Beschleu­ni­gungs­gesetz (LNGG). Durch die relativ Betriebs­dauer sollen die Betreiber Planungs­si­cherheit erhalten, was nach der bisher nur in einer Presse­mit­teilung vorlie­genden Begründung des BVerwG eine frühere Beendigung der Betriebs­dauer ausschließt. Zwar sei auch das fachpla­ne­rische Abwägungs­gebot zu beachten, dabei dürften aber nur vorha­ben­be­zogene Emissionen berück­sichtigt werden. Das heißt, die Geneh­mi­gungs­be­hörde darf nicht aufgrund allge­meiner klima­po­li­ti­scher Erwägungen strenger als der Gesetz­geber agieren.

Denn der Vorha­ben­bezug fehlt, wenn die Treib­haus­gas­emis­sionen erst beim späteren Verbrauch des Gases entstehen. Auch Art. 20a GG steht dem nicht entgegen, da der Gesetz­geber sein Ziel des Klima­schutzes auch auf andere Weise effektiv verfolgen kann, etwa durch Emissionshandel.

Ob es jemals dazu kommen wird, dass Wasser­stoff im bishe­rigen Gasnetz auch für die Versorgung von Haushalten fließt, darf übrigens bezweifelt werden. Denn die Herstellung von Wasser­stoff braucht viel erneu­er­baren Strom und zugleich Wasser, beides Ressourcen, die knapp sind. In den meisten Fällen ist es sehr viel effizi­enter, den Strom aus erneu­er­baren Energie­quellen direkt zu verbrauchen, statt ihn in grünen Wasser­stoff umzuwandeln. (Olaf Dilling)

2023-06-27T19:55:09+02:0027. Juni 2023|Allgemein|

Wo ist sie denn, die Prüfbehörde?

Man will ja nicht immer meckern. Und immerhin muss man zugeben: Im Großen und Ganzen ist der Plan der EU und ihrer Mitglied­staaten aufge­gangen, die Preise für Energie nach dem plötz­lichen Ende der russi­schen Importe erst einmal zu deckeln. Dass ein solches Unter­fangen nicht ganz pannenfrei verläuft: Geschenkt. Man wird sehen, was bei der Endab­rechnung in den nächsten Jahren noch glatt­ge­zogen, ausge­glichen und nachge­zahlt werden wird.

Doch aktuell fragen sich (und uns) viele Unter­nehmen, wie mit der Frist zum 31. Juli 2023 umzugehen ist. Denn nach § 37 Abs. 2 StromPBG bzw. § 29 Abs. 2 EWPBG müssen Unter­nehmen, die insgesamt (!) mehr als 2 Mio. EUR Entlas­tungen erhalten, bis zum 31. Juli 2023 der Prüfbe­hörde Erklä­rungen über die Arbeits­platz­erhaltung bis zum 30. April 2023 vorlegen, entweder per Tarif­vertrag, Betriebs­ver­ein­barung oder als Erklärung des Letzt­ver­brau­chers selbst.

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Der Haken an der Sache: Es gibt noch keine Prüfbe­hörde. Nachträglich wurde geregelt, dass Teile der vielen Aufgaben, die diese Prüfbe­hörde rund um die Energie­preis­bremsen erfüllen soll, von Privaten übernommen werden kann. Das Minis­terium hat auch ausge­schrieben. Doch bislang gibt es keine Infor­ma­tionen, wann und wer bestellt wird. Viele Unter­nehmen machen sich deswegen Sorgen, weil es im Gesetz heißt, dass ohne die frist­ge­rechte Vorlage bei der Prüfbe­hörde nur ein Anspruch auf Gesamt­ent­lastung von bis zu 2 Mio. EUR besteht. Doch hier gilt wohl der alte Grundsatz: Ultra posse nemo obligatur. Eine Verpflichtung, die nicht erfüllt werden kann, besteht auch nicht. Sollte also auch Ende Juli noch keine Prüfbe­hörde im Amt sein, so verdampfen also nicht die Ansprüche der Unter­nehmen auf Entlastung (Miriam Vollmer).

2023-06-23T19:51:09+02:0023. Juni 2023|Energiepolitik, Gas, Strom, Wärme|

Erleich­te­rungen für Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaften im EEG 2023

Der Gesetz­geber hat sich im Rahmen der Novel­lierung des EEG 2021 zum EEG 2023 ehrgeizige Ausbau­ziele für die erneu­er­baren Energien in Deutschland gesetzt. In diesem Zusam­menhang gab es auch einige beach­tens­werte Änderungen für sog. „Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaften“.

Der Begriff wurde in § 3 Nr. 25 EEG 2023 neu definiert und erfasst künftig auch eindeutig Genos­sen­schaften. Die Anzahl der erfor­der­lichen Mitglieder wurde von vormals 10 auf nunmehr 50 erhöht, was es schwie­riger macht, eine solche Gemein­schaft ins Leben zu rufen.

Im Gegenzug unter­liegen entspre­chende Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaften jedoch einer weitrei­chenden Privi­le­gierung. Anders als andere Anlagen­be­treiber sind Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaften durch das EEG 2023 für den Betrieb von Solar­an­lagen bis zu einer Größe von 6 MW und Windkraft­an­lagen bis zu einer Größe von 18 MW von der Pflicht zur Teilnahme an den Ausschrei­bungs­ver­fahren zur wettbe­werb­lichen Bestimmung der Förderung durch das EEG befreit.

Die Bildung von Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaften und der entspre­chende Betrieb von Anlagen wird damit deutlich erleichtert und endbü­ro­kra­ti­siert – sofern es gelingt die erfor­der­lichen 50 Mitglieder zusammenzubekommen.

(Christian Dümke)

2023-06-23T16:06:04+02:0023. Juni 2023|Erneuerbare Energien|