Vorschlag zum Bundesmobilitätsgesetz

Das Verkehrs­recht ist zersplittert, nicht umfassend auf alle Verkehrs­mittel ausge­richtet und schlecht in Schuss, das ist nicht viel anders als mit Teilen der Verkehrs­in­fra­struktur selbst. Dass dies so ist und dass zwischen beiden Tatsachen wohl sogar ein Zusam­menhang besteht, das ist längst kein Geheimnis mehr. Insofern gibt es Überle­gungen, das Verkehrs­recht grund­legend zu refor­mieren. Wir hatten bereits mal über die Idee geschrieben, mit einem Mobili­täts­gesetz die überge­ord­neten Zielset­zungen stärker im Verkehrs­recht zu verankern und kohärente Planungs­pro­zesse zu etablieren.

Dazu hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) nun einen Geset­zes­vor­schlag veröf­fent­licht. Darin werden viele der bishe­rigen Defizite des Verkehrs­rechts adres­siert, so werden in §§ 4 – 12 des Entwurfs Leitziele definiert, darunter neben Mobilität auch außer­ver­kehr­liche Ziele wie Klima- und Umwelt­schutz, Gesund­heits­schutz oder lebens­werte Städte und Regionen.

Weiterhin werden in dem Entwurf Planungs­in­stru­mente und ‑verfahren vorge­schlagen. Dadurch kann die möglichst umfas­sende Verwirk­li­chung der genannten Ziele zwischen den Verwal­tungs­ebenen abgestimmt werden. Das Kernstück soll dabei ein Bundes­mo­bi­li­tätsplan sein, der von einem neu zu schaf­fenden Bundesamt für Mobilität unter Feder­führung des Bundes­mi­nis­te­riums für Verkehr erarbeitet werden soll. Im Gegensatz zum Bundes­ver­kehrs­we­geplan soll sich der Bundes­mo­bi­li­tätsplan durch einen integrierten, umfas­senden und zielge­rich­teten Ansatz auszeichnen. Erfasst werden sollen sowohl unter­schied­liche Verkehrs­träger und ‑wege als auch die verschie­denen Steue­rungs­ebenen des Bundes- und der Länder, der Kreise und Gemeinden. Auch was die Finan­zierung angeht, will der Vorschlag des Mobili­täts­ge­setzes neue Wege beschreiten. Ein Verkehrs­in­fra­struk­tur­fonds soll Mittel für den Bau von Infra­struktur bereit­stellen, der durch fahrleis­tungs­be­zogene Nutzungs­ent­gelte motor­ge­trie­bener Fahrzeuge finan­ziert werden. Insgesamt ein Vorschlag, der einen wichtigen Beitrag zur Ratio­na­lität des Verkehrs­rechts und seiner Überein­stimmung mit anderen aktuellen Politik­zielen beitragen würde (Olaf Dilling).

2022-02-15T20:38:58+01:0015. Februar 2022|Verkehr|

2:0 für Preis­dif­fe­ren­zierung in der Grundversorgung

Wie geht man mit den rapide gestie­genen Preisen für Strom und Gas nur um? Diese Frage stellen sich Unter­nehmen, Verbraucher, die Politik und nicht zuletzt die Versorger. Denn es ist klar: Die gestie­genen Preise für Energie müssen aufge­bracht werden, fragt sich nur, von wem.

Viele Grund­ver­sorger haben für diese Frage eine Antwort gefunden: Jeden­falls nicht von denje­nigen, die ihnen seit teilweise vielen Jahrzehnten als Kunden der Grund­ver­sorgung treu waren (hierzu schon hier). Dabei geht es nicht um „Bestrafung“ für den früheren Versor­ger­wechsel, wie manche fabulieren. Tatsächlich gibt es einen handfesten Grund: Für die Kunden, die sie schon hatten, haben die Grund­ver­sorger recht­zeitig Gas- und Strom gekauft, als die Preise noch niedrig waren. Mit den Kunden, die nun unver­sehens bei ihnen in der Ersatz­ver­sorgung landen, weil der Versorger ihrer Wahl ihnen gekündigt hat oder insolvent ist, haben sie nicht gerechnet und deswegen natürlich auch nicht für sie einge­kauft. Nun haben Grund­ver­sorger eine Versor­gungs­pflicht. Sie müssen deswegen auch für die neuen Kunden kaufen und standen deswegen vor der Wahl, ob sie für alle Kunden die Preise erhöhen, auch für die langjäh­rigen, oder nur für die, die zu spät kamen, um noch für sie vorzu­sorgen. Einige Werke, die sich für Letzteres entschieden haben, wurden abgemahnt und von den Verbrau­cher­zen­tralen und Wettbe­werbern auf Unter­lassung verklagt.

Das LG Berlin hat in einer ersten Entscheidung bereits entschieden, dass es die diffe­ren­zierten Preise für recht­mäßig ansieht (hier bereits erläutert). Nun hat sich auch das LG Köln dieser Ansicht angeschlossen (31 O 14/22): Weder sieht es im Wortlaut des § 36 EnWG einen Anhalts­punkt für die Zuläs­sigkeit nur EINES Grund­ver­sor­gungs­tarifs, weil aus dem Gebot der Gleich­prei­sigkeit nicht resul­tiert, dass es nur einen Tarif geben dürfte. Noch leitet es das Gebot, dass es nur einen Preis zu geben hat, aus Art. 27 Abs. 1 der Elektri­zi­täts­bin­nen­markt-RL 2019/944 her, wo es heißt:

Die Mitglied­staaten gewähr­leisten, dass alle Haushalts­kunden und, soweit die Mitglied­staaten es für angezeigt halten, Klein­un­ter­nehmen in ihrem Hoheits­gebiet über eine Grund­ver­sorgung verfügen, d.h. das Recht auf Versorgung mit Elektri­zität einer bestimmten Qualität zu wettbe­werbs­fä­higen, leicht und eindeutig vergleich­baren, trans­pa­renten und diskri­mi­nie­rungs­freien Preisen haben“

Unter­schied­liche Preise stellen aber nach Ansicht des LG Köln keine Diskri­mi­nierung dar. Dies erscheint uns nachvoll­ziehbar: Hier wird ja nicht grundlos, sondern trans­parent und klar aufgrund einer nachweis­baren Markt­ent­wicklung entlang eines Stichtags diffe­ren­ziert. Zudem betrachtet das LG Köln auch die Position des Versorgers: Er kann die Grund­ver­sorgung ja nicht verweigern. Zudem könnte der Ersatz­ver­sorgte ja jederzeit mit kurzer Frist den Versorger wechseln.

Kranhäuser, Architektur, Kölner Dom, Köln, Modern

Es bleibt abzuwarten, wie die Recht­spre­chung sich weite positio­niert. Das Grund­problem liegt letztlich außerhalb der Reich­weite der deutschen Justiz: Die Abhän­gigkeit vom Ausland ist ein Problem, ein früherer und schnel­lerer Umbau der Energie­wirt­schaft hätte die Entwicklung abgemildert oder ganz vermieden (Miriam Vollmer).

2022-02-14T09:08:34+01:0014. Februar 2022|Gas, Strom|

Die Reform des Emissi­ons­handels: Der Entwurf des Liese-Berichts vom 24.01.2022

Weitere Schritte auf dem Weg zu einer Überar­beitung der Emissi­ons­han­dels­richt­linie: Inzwi­schen gibt es einen ersten Entwurf des Bericht­erstatters Peter Liese vom 24.01.2022  für eine Position des Parla­ments zu dem Kommis­si­ons­vor­schlag vom 14.07.2021.

Tradi­tionell geht das Parlament oft weiter in seinen Forde­rungen als die Kommission und erst recht als der Rat. In dieses Muster passen durchaus Forde­rungen wie die Ausweitung des Emissi­ons­handels auf die Verbrennung von Siedlungs­ab­fällen und die Einrichtung eines Meeres­fonds zur Erhöhung der Energie­ef­fi­zienz im Seeverkehr. Eine ganze Reihe von Änderungs­vor­schlägen des Bericht­erstatters sind aber darauf gerichtet, die Belas­tungen durch den Emissi­ons­handel abzumildern, ohne gleich­zeitig die Effekte des Emissi­ons­handels zu verringern, oder Anreize für Klima­schutz­tech­no­logien zu setzen wie der Vorschlag, für abgeschie­denes und dauerhaft gebun­denes oder im Unter­grund gelagertes CO2 Zerti­fikate zuzuteilen.

Doch auch im Kernbe­reich des Emissi­ons­handels, der Zuteilung und Abgabe von Berech­ti­gungen für stationäre Anlagen, will Liese den Kommis­si­ons­vor­schlag teilweise erheblich modifi­zieren. So schlägt er ein Bonus-/Malus­system vor, bei dem besonders emissi­onsarm produ­zie­rende Unter­nehmen eine Sonder­zu­teilung erhalten. Und auch bei einem Herzstück des Richt­li­ni­en­vor­schlags der Kommission, dem Grenz­steu­er­aus­gleich (CBAM), rudert Liese zurück: Für den Fall, dass der CBAM doch ganz oder teilweise scheitern sollte, soll ein Sicher­heitsnetz gespannt werden. Der Kommis­si­ons­vor­schlag sieht vor, dass die Zutei­lungen für die erfassten Sektoren sinken sollen, wenn der CBAM einge­führt wird. Der Liese-Bericht sieht nun eine Reserve vor, in die die gekürzten Berech­ti­gungen einge­lagert werden. Jährlich soll die Kommission die Effekte des CBAM begut­achten und dann, wenn er nicht so gut wirkt, wie vorge­sehen, die zurück­ge­hal­tenen Berech­ti­gungen nachträglich zuteilen. Andern­falls werden sie versteigert.

Europaparlament, Straßburg, Plenarsaal

Wie bereits bekannt geworden war, schlägt der Entwurf vor, den ETS II für einen Übergangs­zeitraum optional auszu­ge­stalten: Mitglied­staaten können bis 2027 ihre Minde­rungs­pfade auf anderem Wege verfolgen. Dieje­nigen, die diesen Weg nicht gehen, starten dafür ein Jahr früher. Der Entwurf sieht vor allem inhalt­liche Hürden, aber auch finan­zielle Anreize vor, früher mitzumachen.

Ob diese Linie sich durch­setzt, ist noch offen. Umwelt­ver­bände sind – nicht überra­schend – keine Fans der Modifi­ka­tionen (hier zum Beispiel die Kritik des WWF). Auch einige Abgeordnete des EP haben sich bereits ablehnend positio­niert. Es bleibt also weiter abzuwarten. Die gestrige Debatte im Ausschuss hat jeden­falls deutlich gemacht, dass angesichts gestie­gener Zerti­fi­kat­preise die Sensi­bi­lität für die daraus resul­tie­renden Belas­tungen steigt (Miriam Vollmer).

2022-02-11T17:53:54+01:0011. Februar 2022|Emissionshandel, Umwelt|