Globale Haftungsrisiken: Umweltverantwortung für Auslandsstandorte
Am Landgericht München gibt es derzeit einen spannenden Prozess über eine Umweltkatastrophe in Brasilien. Im Jahr 2019 war in der Stadt Brumadinho ein Staudamm für ein Rückhaltebecken mit giftigen Bergwerksabfällen gebrochen. Als Folge wurde ein größeres Gebiet verwüstet, mindestens 270 Menschen starben. Vale, der dort ansässige große Bergwerkskonzern, stand dafür im Brasilien schon vor Gericht. Dabei ist ein Vergleich geschlossen worden, bei dem der Konzern sich verpflichtet hat, umgerechnet 6 Milliarden Euro zu zahlen. Wie kommt es dazu, dass nun auch in Deutschland wegen dieses Fall geklagt wird?
Die Verbindung zu Deutschland besteht, weil der Staudamm vorher hinsichtlich seiner Sicherheit überprüft wurde. Nach Brasilianischem Recht kann das durch private Sachverständigenbüros erfolgen. In dem Fall von Brumadinho wurde das brasilianische Büro des TÜV Süd eingeschaltet, der die Sicherheit des Dammes bestätigt hatte. Der Prozess der Zertifizierung war dabei offenbar nicht ohne Konflikte abgelaufen, jedenfalls geht aus internen E‑Mails hervor, dass sich der TÜV Süd von seinem Auftraggeber hat unter Druck setzen lassen. Möglicherweise hat das Risiko, einen wichtigen Kunden zu verlieren, bei der Zertifizierung schwerer gewogen als die Fundiertheit der Entscheidung. Der TÜV Süd wiederum macht geltend, dass Auflagen, von denen er seine Entscheidung abhängig gemacht hat, von Vale nicht eingehalten worden waren.
Was den Vergleich in Brasilien angeht, ging es dabei um Zahlungen an die betroffenen Kommunen. Bisher soll die Stadt Brumadinho selbst nur einen kleinen Bruchteil der Summe bekommen haben. Gedacht ist sie zum Ausgleich für die zerstörte Infrastruktur, beispielsweise eine zerstörte Autobahn. Individuell Betroffenen sind dagegen leer ausgegangen. Eigentlich sollte am Dienstag über den Fall entschieden werden, da der Klage aber zahlreiche weitere Kläger beigetreten sind, wurde ein neuer Verhandlungstermin angesetzt.
Spannend ist der Fall nicht nur für den TÜV Süd, sondern auch für andere, im Ausland tätige Unternehmen. Denn nicht erst ab dem In-Kraft-Treten des Lieferkettengesetzes können sie für Rechtsverstöße im Ausland zur Verantwortung gezogen werden. Daher ist es um so wichtiger, entsprechende Risiken im Auge zu behalten und Präventionskonzepte zu entwickeln, um Schadensfälle zu vermeiden (Olaf Dilling).