Die Reform des Emissionshandels: Der Entwurf des Liese-Berichts vom 24.01.2022
Weitere Schritte auf dem Weg zu einer Überarbeitung der Emissionshandelsrichtlinie: Inzwischen gibt es einen ersten Entwurf des Berichterstatters Peter Liese vom 24.01.2022 für eine Position des Parlaments zu dem Kommissionsvorschlag vom 14.07.2021.
Traditionell geht das Parlament oft weiter in seinen Forderungen als die Kommission und erst recht als der Rat. In dieses Muster passen durchaus Forderungen wie die Ausweitung des Emissionshandels auf die Verbrennung von Siedlungsabfällen und die Einrichtung eines Meeresfonds zur Erhöhung der Energieeffizienz im Seeverkehr. Eine ganze Reihe von Änderungsvorschlägen des Berichterstatters sind aber darauf gerichtet, die Belastungen durch den Emissionshandel abzumildern, ohne gleichzeitig die Effekte des Emissionshandels zu verringern, oder Anreize für Klimaschutztechnologien zu setzen wie der Vorschlag, für abgeschiedenes und dauerhaft gebundenes oder im Untergrund gelagertes CO2 Zertifikate zuzuteilen.
Doch auch im Kernbereich des Emissionshandels, der Zuteilung und Abgabe von Berechtigungen für stationäre Anlagen, will Liese den Kommissionsvorschlag teilweise erheblich modifizieren. So schlägt er ein Bonus-/Malussystem vor, bei dem besonders emissionsarm produzierende Unternehmen eine Sonderzuteilung erhalten. Und auch bei einem Herzstück des Richtlinienvorschlags der Kommission, dem Grenzsteuerausgleich (CBAM), rudert Liese zurück: Für den Fall, dass der CBAM doch ganz oder teilweise scheitern sollte, soll ein Sicherheitsnetz gespannt werden. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass die Zuteilungen für die erfassten Sektoren sinken sollen, wenn der CBAM eingeführt wird. Der Liese-Bericht sieht nun eine Reserve vor, in die die gekürzten Berechtigungen eingelagert werden. Jährlich soll die Kommission die Effekte des CBAM begutachten und dann, wenn er nicht so gut wirkt, wie vorgesehen, die zurückgehaltenen Berechtigungen nachträglich zuteilen. Andernfalls werden sie versteigert.
Wie bereits bekannt geworden war, schlägt der Entwurf vor, den ETS II für einen Übergangszeitraum optional auszugestalten: Mitgliedstaaten können bis 2027 ihre Minderungspfade auf anderem Wege verfolgen. Diejenigen, die diesen Weg nicht gehen, starten dafür ein Jahr früher. Der Entwurf sieht vor allem inhaltliche Hürden, aber auch finanzielle Anreize vor, früher mitzumachen.
Ob diese Linie sich durchsetzt, ist noch offen. Umweltverbände sind – nicht überraschend – keine Fans der Modifikationen (hier zum Beispiel die Kritik des WWF). Auch einige Abgeordnete des EP haben sich bereits ablehnend positioniert. Es bleibt also weiter abzuwarten. Die gestrige Debatte im Ausschuss hat jedenfalls deutlich gemacht, dass angesichts gestiegener Zertifikatpreise die Sensibilität für die daraus resultierenden Belastungen steigt (Miriam Vollmer).