Kein Zwangs­kredit per Abschlags­zahlung: BNetzA droht „Immergrün“

Der steile Anstieg der Großhan­dels­preise für Strom und Gas im vergan­genen Jahr hat viele kalt erwischt. Insbe­sondere dieje­nigen Versorger, die mit niedrigen Festpreisen Kunden geworben haben, diese Preise aber ihrer­seits nicht über langfristige Bezugs­ver­träge abgesi­chert hatten, stehen vor Problemen, die auch die Justiz beschäf­tigen: Ob die kurzerhand ausge­spro­chenen außer­or­dent­lichen Kündi­gungen laufender Verträge recht­mäßig waren, wird auf breiter Front bezweifelt.

Doch nicht immer geht es gleich um Kündi­gungen. Im Oktober 2021 hat die Rheinische Elektri­zitäts- und Gasver­sor­gungs­ge­sell­schaft (REG) Kunden ihrer Marke „Immergrün“ angeschrieben und die monatlich zu zahlenden Abschläge erhöht. Schon damals waren wir der Ansicht, dass dieser Weg der Liqui­di­täts­er­höhung nicht zulässig sein kann (mehr hierzu hier). Entspre­chend nicht überra­schend: Wie die Bundes­netz­agentur (BNetzA) heute bekannt gegeben hat, hat die Behörde dem Unter­nehmen die Erhöhung der Abschlags­zah­lungen verboten. Verstößt die REG gegen dieses Verbot, droht die BNetzA mit einem Zwangsgeld von 100.000 EUR jeweils für Strom und Gas.

Birne, Die Glühbirne, Nass, Wassertröpfchen

Aber was hat die REG nun eigentlich falsch gemacht? Die REG ist Energie­ver­sor­gerin und unterhält Sonder­kun­den­ver­träge. Für diese gilt § 41b EnWG, dessen Absatz 3 regelt, wie Abschlags­zah­lungen auszu­sehen haben. Grundlage für das Einschreiten der BNetzA ist hier dessen Satz 1, der lautet:

Wird eine Voraus- oder Abschlags­zahlung vereinbart, muss sich diese nach dem Verbrauch des vorher­ge­henden Abrech­nungs­zeit­raums oder dem durch­schnitt­lichen Verbrauch vergleich­barer Kunden richten.“

Die rechtlich richtige Abschlagshöhe richtet sich damit nach dem Verbrauch und – natur­gemäß – nach dem vertraglich verein­barten Preis. Daraus ergibt sich: Wenn sich weder Verbrauchs­ver­halten noch Preise ändern, kann sich auch der Abschlag nicht ändern. Abschlags­än­de­rungen wegen gestie­gener Beschaf­fungs­preise sind damit rechtlich nicht vorge­sehen und mithin unzulässig.

Ist damit das letzte Wort in der Sache gesprochen? Nein, auch gegen diese Entscheidung der Regulie­rungs­be­hörde ist das Beschwer­de­ver­fahren eröffnet, § 75 Abs. 1 EnWG. Es bleibt abzuwarten, ob die REG diesen Weg geht und eine gericht­liche Klärung folgt (Miriam Vollmer).

2022-02-08T22:06:43+01:008. Februar 2022|Gas, Strom, Vertrieb|

Fahrrad­straße … nun aber richtig

Wie langwierig es sein kann, den Fahrrad­verkehr zu fördern, zeigt sich in Hannover an der dortigen, in Fachkreisen inzwi­schen berüch­tigten Fahrrad­straße. Immer wieder kam es hier zu Verfahren vor dem Verwal­tungs­ge­richt. Und immer wieder hat die Stadt Hannover nachge­steuert, um den Rechts­auf­fas­sungen des Gerichts nachzu­kommen. Wir hatten hier bereits mehrfach darüber berichtet.

Aktuell ist die Straße auch wieder in der Presse. Denn dort ist die Stadt einer Gerichts­ent­scheidung vom letzten Sommer nachge­kommen. Dies auf eine Weise, die so gar nicht dem entspricht, was der Kläger sich erhofft hatte. Denn die Stadt hat nun die Parkplätze gestrichen, durch die die Straße so verengt worden war, dem Kläger, übrigens im Berufs­alltag selbst Richter, war dagegen die Fahrrad­stra­ßen­re­gelung ein Dorn im Auge gewesen.

Nun, das Zusam­men­spiel zwischen Recht, Politik und Verwaltung ist oft komplex und eine gewonnene Schlacht kann, muss aber nicht kriegs­ent­scheidend sein. Trotzdem hätte in diesem Fall einem Juristen vielleicht klar sein können, dass sein Vorgehen äußerst zweischneidig ist. Denn das Problem der angegrif­fenen Verkehrs­re­gelung war im Wesent­lichen, dass sie inkon­se­quent war: Eine Fahrrad­straße müsse dem Radverkehr Verbes­se­rungen bringen, sonst ist sie unver­hält­nis­mäßig, weil sie zum Erreichen ihres Ziels schlicht nicht geeignet ist.

Nun der Vorwurf der Inkon­se­quenz mit Vorsicht zu genießen, denn es könnte sein, dass der solcher­maßen Angegriffene konse­quent unangenehm wird. So auch die Stadt Hannover, die von einem Autofahrer zur Konse­quenz angehalten, nun effektiv Politik für den Radverkehr macht. Das ist letztlich nur… nun, konse­quent (Olaf Dilling).

2022-02-08T00:10:14+01:008. Februar 2022|Verkehr|