Die Verbraucherzentrale NRW wendet sich gegen Strom- und Gasanbieter, die kurzfristig Abschläge erhöhen. Betroffen sind vor allem Discounter, die ihre Niedrigpreise nicht am Markt abgesichert haben und nun nicht mehr in der Lage sind, die gestiegenen Bezugskosten zu bezahlen. Sie versuchen sich auf diesem Wege nun kurzfrsitig Liquidität zu verschaffen, vermutlich in der Hoffnung, dass die Energiepreiskrise bald endet.
Klar ist: Einen „Zwangskredit“ zugunsten des Energieversorgers müssen sich Verbraucher nicht gefallen lassen. Doch wie genau ist der Abschlag – nicht zu verwechseln mit der Vorauszahlung – eigentlich rechtssicher zu bestimmen? Hier lohnt sich ein tiefer Blick in den § 13 StromGVV bzw. GasGVV. Hiernach dürfen Grundversorger Abschläge festsetzen, die sich am zuletzt abgerechneten Verbrauch orientieren. Wenn es keinen solchen Verbrauch gibt, ist auf vergleichbare Kundenverbrauchsprofile zurückzugreifen.
Doch wie sieht es aus, wenn der auf diese Weise festgesetzte Abschlag wegen veränderter Umstände einfach nicht mehr passt? Hier gibt § 13 Abs. 1 S. 4 StromGVV/GasGVV bzw. § 13 Abs. 2 StromGV/GasGVV eine klare Antwort. Verändern sich die Verhältnisse des Kunden, so ist der Abschlag zu reduzieren. Es gibt ein älteres Urteil zu dieser Regelung, das dies etwa bei Veränderungen der Personen im Haushalt angenommen hat. Doch dies ist keine Einbahnstraße: Verändern sich die Preise des Versorgers, so kann auch der Abschlag steigen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Verändern sich Umstände nicht, so können Verbraucher wie Versorger auch keine Anpassung des Abschlags verlangen.
So weit also zur Grundversorgung. Doch wie sieht es bei Sonderkunden aus? Zunächst gilt hier Vertragsfreiheit. Nach § 41 Abs. 1 Nr. 7 EnWG haben Verträge mit Letztverbrauchern (nicht gleichbedeutend mit „Verbrauchern“) auch Angaben zur Zahlungsweise zu enthalten. Im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfen die gewerblichen Vertragsparteien dann ausmachen, was ihnen gefällt. Doch für Haushaltskunden ist auf die für die Grundversorgung geltenden Regeln für die Abschlagsfestsetzung und ‑änderung nach § 41b Abs. 3 EnWG zurückzugreifen. Diesen kommt Leitbildfunktion zu, wie schon das LG Düsseldorf 2014 festgehalten hat (12 O 474/12). (Miriam Vollmer).
Am 23.11.2021 referiert Dr. Christian Dümke online von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr über Preisanpassungen Strom und Gas. Infos und Anmeldungen hier.
„Verändern sich die Preise des Versorgers, so kann auch der Abschlag steigen.“ – was ja allerdings nicht im laufenden Jahr passieren kann!? Die Abschläge zahle ich für meine kommende Rechnung ein. Die Rechnung basiert auf dem Tarif, den ich praktisch letztes Jahr abgeschlossen (bzw. verlängert) habe. Zumindest im Haushaltskundenbereich ohne Preisgleitklauseln und co. kann sich der Preis im laufenden Jahr doch eigentlich nicht ändern. Nur die oben erwähnte Verbrauchsmengenänderung dürfte bei den meisten Kunden in Frage kommen, um eine Änderung der Abschlagshöhe zu rechtfertigen. Oder? :-)