Mit guten Vorsätzen ist es so eine Sache: Kaum jemand hält sie wirklich bis zum letzten Tag des Jahres konsequent durch. Trotzdem bieten sie eine Gelegenheit, um mit schlechten Angewohnheiten zu brechen oder sich gute anzugewöhnen. Wer keine Ziele hat im Leben, hat zwar den Vorteil, nicht dahinter zurückzufallen – wird aber vermutlich auch nicht viel erreichen.
Ziele haben nicht nur Einzelpersonen. Auch die Gesellschaft als Ganze kennt solche „Vorsätze“, sei es Klimaschutz, Haushaltsdisziplin, Gleichberechtigung oder Versorgungssicherheit im Energierecht. Solche Zwecke oder Ziele in unterschiedlichen Branchen, Sektoren oder Rechtsgebieten zu definieren und Verfahren und Instrumente zu ihrer Durchsetzung entwickeln, ist Aufgabe der Gesetzgebung.
Im Energierecht finden sich Zwecke und Ziele gleich am Anfang in § 1 EnWG. Dort heißt es: „Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht.“
Anders ist es im Sektor Verkehr. Dort sucht man bisher vergeblich nach solchen übergreifenden Zielbestimmungen. Ohnehin ist das Verkehrsrecht eine sehr zersplitterte und in viele Einzelkompetenzen aufgespaltene Materie: In das Straßenrecht der Länder und das Fernstraßenrecht des Bundes, das Straßenverkehrsrecht mit StVO und dem Straßenverkehrsgesetz, das Allgemeine Eisenbahngesetz, das Personenbeförderungsgesetz, das Bundeswasserstraßengesetz usw. Zudem ist die Verkehrsplanung stark durch das Raumordnungsgesetz überformt.
Was fehlt ist jedoch ein Gesetz, das – ähnlich wie das EnWG im Energiebereich – über die Verkehrsarten und Zuständigkeitsebenen hinweg eine Integrationsleistung erbringt. Nur dann kann es nicht nur im Energiesektor, sondern auch im Bereich Verkehr zu einer Transformation, der vielbeschworenen Verkehrswende, kommen: Eine Wende hin zu mehr gleichberechtigter Teilhabe der Verkehrsteilnehmer und Gleichbehandlung der Verkehrsarten. Eine Wende hin zu nachhaltigerem, sichererem, klimafreundlicherem und weniger flächenverbrauchendem Verkehr.
Deshalb fordern inzwischen einige Stimmen, etwa der Verkehrsclub Deutschland (VCD) oder das Deutsche Institut für Urbanistik ein Bundesmobilitätsgesetz. Darin könnten nicht nur „Vorsätze“ der Verkehrspolitik, neben Klimaschutz, Luftreinhaltung und Lärmschutz, etwa Barrierefreiheit, „Vision Zero“ oder effizientere und gerechtere Flächennutzung verankert werden. Es könnte auch für eine integrierte Verkehrsplanung sorgen, mit der die genannten Ziele über Kommunen, Länder und den Bund hinweg verwirklicht würden. Denn wie gesagt: ohne Ziele und übergreifende Pläne lebt es sich zwar momentan viel unbeschwerter, läuft auf lange Sicht aber doch zu leicht in eine Sackgasse (Olaf Dilling).
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