Carbon Leakage und BEHG

Das BEHG führt zu Kosten­stei­ge­rungen für Brenn- und Kraft­stoffe und verzerrt damit den Wettbewerb von Unter­nehmen in Deutschland mit Unter­nehmen in Staaten, die die Emission von CO2 außerhalb des EU-ETS nicht durch ein vergleich­bares Klima­schutz­in­strument verteuern. Um Abwan­de­rungen von Unter­nehmen in andere Staaten zu verhindern, hat der Gesetz­geber deswegen in § 11 Abs. 3 BEHG den Verord­nungs­geber mit dem Erlass von Maßnahmen beauf­tragt, die das verhindern.

Nachdem im Herbst erst ein Eckpunk­te­papier vorgelegt wurde, liegt inzwi­schen ein Referen­ten­entwurf vor, der aller­dings wohl erst im Februar verab­schiedet werden soll. Nach gegen­wär­tigem Stand der Dinge sieht es folgen­der­maßen aus:

# Unter­nehmen erhalten Hilfen, wenn die Branche einem beihil­fe­be­rech­tigten Sektor angehört, die in einer Anlage zur Verordnung aufge­führt sind. Tatsächlich handelt es sich nach § 4 Abs. 2 des Entwurfs um (nachvoll­zieh­ba­rer­weise) die Sektoren, die auch im EU-ETS als abwan­de­rungs­be­droht gelten und deswegen privi­le­giert sind. Weitere Branchen können nach Abschnitt 6 des Entwurfs anerkannt werden. Zusätzlich muss ein Unter­nehmen aber auch indivi­duell nachweisen, dass es eine branchen­spe­zi­fische Mindest­emis­si­ons­in­ten­sität erreicht, also weniger vornehm ausge­drückt: Dass das BEHG es wegen seiner Produk­ti­ons­pro­zesse wirklich stark belastet.

# Die Unter­stützung erfolgt in Geld, also nachträglich und nicht durch einen direkten Abzug. Nach § 9 des Entwurfs beruht die konkrete Summe auf der dem BEHG unter­lie­genden Emissi­ons­menge, dem Kurs der Zerti­fikate und einem branchen­spe­zi­fi­schen Kompen­sa­ti­onsgrad, der sich aus der Anlage ergibt. Strom­kos­ten­ent­las­tungen sind anzurechnen.

# Einfach so gibt es die Entlastung aber nicht. Unter­nehmen müssen ein Energie­ma­nage­ment­system und nach § 12 des Entwurfs Klima­schutz­in­ves­ti­tionen nachweisen. Diese müssen der Dekar­bo­ni­sierung der Produktion oder der Erhöhung der Energie­ef­fi­zienz dienen. Diese Invsti­tionen müssen mindestens 80% des Entlas­tungs­be­trags ausmachen. Mit anderen Worten: Der Bund bezahlt Unter­nehmen Klima­schutz­maß­nahmen, damit die Emissionen nachhaltig sinken.

Zuständig wird die DEHSt, die bereits den EU-Emissi­ons­handel und die nicht ganz unähn­liche Strom­kos­ten­kom­pen­sation und das BEHG adminis­triert. Losgehen soll es 2022. Nun bleibt abzuwarten, wie die endgültige Ausge­staltung der Verordnung ausfällt, die aller­dings wohl erst im Februar kommt (Miriam Vollmer).

 

 

2021-01-19T21:33:12+01:0019. Januar 2021|Emissionshandel, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Barrie­re­freiheit – janz weit draußen…

Deutschland verpflichtet sich regel­mäßig völker­rechtlich zum Schutz bestimmter Rechts­güter. Und meist hat das dann auch seinen Grund. Die Folgen die völker­rech­liche Verträge haben sind nicht zu unter­schätzen. Während ein einfaches Gesetz durch einfache Mehrheiten im Bundestag und Bundesrat wieder aufge­hoben werden kann, binden völker­recht­liche Verträge viel stärker. Denn grund­sätzlich ist Vertrag Vertrag, auch wenn es, wie der Brexit zeigt, zumindest theore­tisch oft Möglich­keiten gibt, sich wieder  von einem inter­na­tio­nalen Abkommen zu lösen.

Nun sind völker­recht­liche Verträge auf dem Papier eine schöne Sache. Aber sie müssen auch umgesetzt werden. Und da hapert es nicht nur beim Pariser Abkommen und dem Klima­schutz. Es gibt auch in der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­vention, die von Deutschland im Jahr 2008 unter­zeichnet wurde, Rechte auf Teilhabe an Mobilität (Art. 20 UN-BRK) und auf Barrie­re­freiheit (Art. 8 UN-BRK), die bisher auf den Straßen der Republik kaum eingelöst worden sind. Dies zeigt sich etwa daran, dass Gehweg­breiten weder vom Gesetz- und Verord­nungs­geber noch von den Gerichten an die Standards für Barrie­re­freiheit angepasst wurden.

Nun, tatsächlich wurden diese Rechte in eigenen Gesetzen umgesetzt, z.B. dem Behin­der­ten­gleich­stel­lungs­gesetz (BGG) oder auch in entspre­chenden Gesetzen der Länder. Was aller­dings nicht geschehen ist: Die Barrie­re­freiheit findet sich bisher ebenso­wenig wie der Klima­schutz in der Straßen­ver­kehrs­ordnung wieder. Dabei wäre hier der Ansatz­punkt, um durch neue Regeln für Gehweg­parken oder die Einri­chung von Querungen wirklich freie Bahn für Rollstühle oder auch Kinder­wagen zu schaffen. Ohne eine entspre­chende Verzahnung bleibt die Barrie­re­freiheit, wie die Berliner sagen: „janz weit draußen“ (Olaf Dilling).

 

2021-01-19T01:46:06+01:0019. Januar 2021|Allgemein, Verkehr|