BGH: Fax bleibt Goldstandard

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat diese Woche einen Beschluss zur Frist­wahrung veröf­fent­licht. Eine Anwältin hatte bei der Übermittlung der Berufungs­be­gründung Probleme, da das Faxgerät des Gerichts über mehrere Tage defekt war und der Justiz­wacht­meister des Berufungs­ge­richts kein anderes, funkti­ons­fä­higes Gerät nennen konnte. Schließlich hat die Anwältin das Schreiben per E‑Mail mit einge­scannter Unter­schrift ans Gericht geschickt, das aber dort erst am Tag nach Frist­ablauf ausge­druckt wurde.

Der Wieder­ein­set­zungs­antrag beim Berufungs­ge­richt blieb zunächst ohne Erfolg. Denn die Prozess­be­voll­mäch­tigte habe die Frist nicht ohne ihr Verschulden versäumt. Schließlich hätte sie die zumutbare Möglichkeit gehabt, den Schriftsatz auch per beson­derem elektro­ni­schen Postfach (beA) an das Gericht zu senden. Auch die E‑Mail habe zur Frist­wahrung nicht gereicht. Denn für die Recht­zei­tigkeit käme es auf den Ausdruck an. Denn nur der Ausdruck genügt dem Schrift­form­erfor­dernis. Wie soll ein gewöhn­licher Richter von etwas „im Computer“ auch Kenntnis erlangen, das nicht von der Geschäfts­stelle ordnungs­gemäß zu Papier gebracht wurde?

Dem wider­sprach nun der BGH mit der Begründung, dass die Zusendung per beA keine zumutbare Maßnahme zur Frist­wahrung sei. Zwar seien Rechts­an­wälte zur passiven Nutzung des beA verpflichtet. Nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO) sei dieser Übermitt­lungsweg auch als ausrei­chend und sicher anerkannt. Aller­dings kommt der BGH dennoch zu dem Schluss, dass Anwälte, die das beA bisher nicht genutzt hätten, sich beim Scheitern eines Zustell­ver­suchs per Fax nicht innerhalb kürzester Zeit in die aktive Benutzung des beA einar­beiten müssten. Dies gelte jeden­falls bis zur Einführung einer aktiven Benut­zungs­pflicht. Mit anderen Worten gehört das besondere elektro­nische Anwalts­postfach trotz Bereit­stellung und passiver Benut­zungs­pflicht dieser in der Anschaffung teuren Infra­struktur weiterhin nicht zu den selbst­ver­ständ­lichen Kommu­ni­ka­ti­ons­wegen für Anwälte.

Inter­essant wäre der umgekehrte Fall: Ob ein junger Anwalt sich darauf berufen könnte, dass er mit der Benutzung des beA vertraut sei, nicht aber mit der Benutzung eines Fax-Gerätes? Wir wagen es zu bezweifeln. Denn weiterhin ist in deutschen Amtsstuben und Geschäfts­stellen das Fax der Goldstandard (Olaf Dilling).