Im aktuellen Dauer­streit über die Zuläs­sigkeit von aufge­spal­tenen Grund­ver­sor­gungs­ta­rifen für Neu- und Bestands­kunden liegt nun die erste Gerichts­ent­scheidung vor. Das Landge­richt Berlin hat mit Urteil vom 25. Januar 2022 zum Akten­zeichen 92 O 1/22 Kart einen Antrag auf Erlass einer einst­wei­ligen Verfügung, die es dem örtlichen Grund­ver­sorger unter­sagen sollte, aufge­spaltene Grund­ver­sor­gungs­tarife anzubieten abgewiesen.

Antrag­steller war hier keine Verbrau­cher­schutz­zen­trale sondern ein anderes Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen, dass einen wettbe­werbs­recht­lichen Unter­las­sungs­an­spruch geltend machen wollte.

Die Antrag­stel­lerin beanstandete, dass der Grund­ver­sorger seit Dezember 2021 in seinen Grund­ver­sor­gungs­ta­rifen nach Neukunden und Bestands­kunde unter­scheide. Dies wie kartell- und wettbe­werbs­widrig, so dass ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB vorliege. Der Grund­ver­sorger vertei­digte sich unter verweis auf den enormen Zuwachs an Grund­ver­sor­gungs­kunden nach der kurzfris­tigen Vertrags­kün­digung anderer Versorger, dieser sei so nicht planbar gewesen und die hierfür benötigten Energie­mengen seien kurzfristig nur zu sehr hohen Preisen am Markt zu beschaffen gewesen. Kurzfristige Preis­an­pas­sungen seien im Bereich der Grund­ver­sorgung nicht möglich. Zudem würde die Antrag­stel­lerin selbst auch verschiedene Preise für Bestands- und Neukunden aufrufen. Zudem sei die Antrag­stel­lerin als Wettbe­werber durch die Preis­ge­staltung der Grund­ver­sorgung überhaupt nicht berührt.

Das Landge­richt Berlin geht in seiner Entscheidung davon aus, dass der betroffene Grund­ver­sorger schon keine markt­be­herr­schende Stellung inne hat. Auch wenn es Entschei­dungen gäbe, die den Grund­ver­sorger im Bereich der Grund­ver­sorgung als markt­be­herr­schend ansehen würden, gelte dies jeden­falls nicht im Verhältnis zu anderen Markt­teil­nehmern und Wettbe­werbern. Die Antrag­stel­lerin sei auch nicht durch einen erkenn­baren Kartell­recht­verstoß betroffen.

Auch in der Sache befand das Landge­richt, dass eine Unzuläs­sigkeit der Preis­spaltung in der Grund­ver­sorgung nicht erkennbar sei. Es sei durch die oberge­richt­liche Recht­spre­chung festge­stellt, dass ein Grund­ver­sorger auch mehrere Tarife der Grund­ver­sorgung anbieten könne

Unser Fazit

Der Schwer­punkt der Entscheidung liegt bei der Frage, ob ein Energie­ver­sorger der selbst nicht Grund­ver­sorger ist, überhaupt legiti­miert sein kann als wettbe­werber gegen vermeintlich unzulässige Preis­ge­stal­tungen vorzu­gehen. Dies wurde vom Landge­richt Berlin in der vorlie­genden Situation klar verneint.

Die Entscheidung ist somit nicht direkt übertragbar auf Fälle in denen betroffene Kunden sich rechts­widrig benach­teiligt sehen. Aller­dings hat das Landge­richt im Rahmen der weiteren Entschei­dungs­gründe auch zu erkennen gegeben, dass es die beanstandete Tarif­ge­staltung grund­sätzlich für zulässig hält.

Es ist damit zu rechnen, dass weitere Entschei­dungen anderer Gerichte folgen. Wir bleiben am Thema.

(Christian Dümke)