Fernwärme hat ökolo­gisch viele Vorteile, aber mancher Eigen­tümer will sich partout nicht anschließen lassen. Dies gilt auch, wenn es eine Fernwär­me­satzung mit Anschluss- und Benut­zungs­zwang gibt. Die Frage, wann ein Grund­stück ausnahms­weise nicht anzuschließen ist, ist in diesem Falle gerichtlich zu klären. In einem solchen Verfahren hat am 24. August 2020 das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Potsdam entschieden (VG 9 K 1909/16).

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall argumen­tierte eine Eigen­tü­merin zunächst, ihr Grund­stück hätte keinen Zugang zum Fernwär­menetz. Zwischen ihrem Grund­stück und dem Netz befindet sich nämlich ein anderes Grund­stück. Außerdem wollte sie sich selbst, sich mit grüner Energie versorgen: Sie plante den Bau eines BHKW, das bilan­ziell mit Biogas betrieben werden würde.

Das erste Argument überzeugte das Gericht schon im Ansatz nicht. Denn zulasten des Nachbar­grund­stücks ist eine Grund­dienst­barkeit für ein Leitungs­recht zugunsten des Grund­stücks der Klägerin einge­tragen. Es gibt also gar kein Problem, sich ans Fernwär­menetz anzuschließen.

Freudenberg, Fachwerkhäuser, Fachwerk

Inter­essant sind die Ausfüh­rungen zum geplanten Biogas-BHKW. Denn der Einsatz regene­ra­tiver Energien war laut Satzung ein Ausnah­mefall, der eine Befreiung vom Anschluss- und Benut­zungs­zwang erlaubt hätte. Doch auch hier hatte die Antrag­stel­lerin Pech: Der bilan­zielle Biogas­einsatz ist nach Ansicht des VG Potsdam kein Fall des Einsatzes regene­ra­tiver Energien. Denn anders als beim physi­schen Einsatz von Biogas etwa durch Lieferung per Tankwagen sei es gerade nicht so, dass in dieser Anlage vor Ort Biogas verbrannt würde. Dass irgendwo im Gasnetz, mögli­cher­weise weit entfernt, eine entspre­chende Menge grünes Gas einge­speist wird, reichte dem VG Potdam nicht. Seiner Ansicht nach kommt es also auf die physi­ka­lische Lage vor Ort an.

Inter­essant am Rande: Die Klägerin hatte argumen­tiert, die Voraus­set­zungen einer wirksamen Satzung lägen nicht vor, weil – das ist erfor­derlich – das Stadtwerk keine öffent­liche Einrichtung sei. Hier bestä­tigte das VG Potsdam, dass es reicht, wenn eine Kommune maßgeb­lichen Einfluss auf die wesent­lichen Fragen der Betriebs­führung hat, auch wenn ein privates Unter­nehmen (hier ohnehin zu 100% kommunal) aktiv wird. Auch sei keine Bestands­schutz­re­gelung für geneh­migte, aber noch nicht errichtete Anlagen erforderlich.

Insgesamt eine inter­es­sante, auch inhaltlich überzeu­gende Entscheidung, auch wenn der Ausschluss der bilan­zi­ellen Biogas­ver­brennung Fragen aufwirft: Anerkann­ter­maßen kommt es für das Klima darauf an, wie viele CO2 insgesamt und eben nicht klein­räumig emittiert wird. Hier sollte man auch als Gemeinde im Auge behalten, ob sich diese Recht­spre­chung in den nächsten Jahren verfestigt (Miriam Vollmer).

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