Die AVBFernwärmeV als Problem fürs Wärme-Contracting
Als das Wirtschaftsministerium den ersten Entwurf für die FFVAV vorstellte, war der Ärger groß: Die Definition schloss Contracting aus, also die objektivbezogene Wärmeversorgung durch ein externes Unternehmen, oft durch BHKW oder in jüngster Zeit durch eine Kombination von Wärmepumpe und Stromversorgung. Die Contractoren wollten aber in dem etablierten Gefüge der AVBFernwärmeV bleiben.
Nachdem der Bundesrat am 25. Juni 2021 den Entwurf noch einmal grundlegend abgeändert hat, reiben sich viele Unternehmen nun aber erstaunt die Augen. Die neue AVBFernwärmeV wirft aufgrund einiger neuer Punkte nun ganz neue Fragen auf. Die beiden wichtigsten: Wie nun mit den Veröffentlichungspflichten umgehen? Und vor allem: Wie weiter mit dem Recht des Kunden, im laufenden Vertragsverhältnis die Anschlussleistung zu reduzieren?
Die Veröffentlichungspflichten haben es jedenfalls in sich: Seit dem 5. Oktober 2021 (ja, wirklich! Seit über einer Woche!) müssen Fernwärmeversorger im Internet ihre allgemeine Versorgungsbedingungen und alle Preisregelungen, aber auch die Netzverluste ins Internet stellen. Leicht verständlich soll das auch noch ausfallen. Eine Ausnahme für Contractoren gibt es hier nicht, sie ergibt sich auch nicht qua Natur der Sache. Insofern spricht viel dafür, dass auch Gerichte sich auf den Standpunkt stellen würden, dass diese Daten ins Internet gehören. Der Contractor – etwa ein Heizungsbauer – ist nicht im Internet? Auch für diesen Fall ist keine Ausnahme vorgesehen.
Ist die Veröffentlichungspflicht in erster Linie Aufwand, geht es bei dem Kundenrecht auf Anpassung der Anschlussleistung ans Eingemachte. Denn aus der Summe der Anschlussleistungen ergibt sich, welche „Hardware“ ein Versorger vorhalten muss. Nun sid Erzeugung und Netze keine Investitionen, die sich kurzfristig anpassen lassen, das neugeschaffene Recht des Kunden in § 3 AVBFernwärmeV, jedes Jahr begründungslos um bis zu 50% die Anschlussleistung zu verändern, ist insofern schon im klassischen Fernwärmenetz ein Problem, sobald es in Größenordnungen auftritt. Im Contracting im Einzelobjekt stellen sich kaum beantwortbare Fragen. Ein Contractor, der etwa ein Einkaufszentrum mit einem Heizkraftwerk versorgt, ist ja hinsichtlich seiner technischen Ausstattung und seines Invests noch viel weniger flexibel als ein klassischer Versorger. Da er die Anschlussleistung nicht technisch drosseln kann, bedeutet im Falle des Contractors die Reduzierung der Anschlussleistung wohl in erster Linie, dass der Kunde seinen Grundpreis nach Belieben reduzieren kann. Für die Kalkulation des Contractors ist das natürlich ein Problem.
Wie nun damit umgehen? Viele Unternehmen werden ihr Preisgefüge ändern, so dass die Investition über den Arbeits- und nicht über den Grundpreis finanziert wird. Dann tut die flexible Anschlussleistung nicht so weh. Doch wie damit umgehen, wenn nach oben angepasst werden soll? Muss dann ein Kessel herangeschafft werden, wenn der Winter besonders kalt zu werden droht? Es darf ja wohl auch nach oben angepasst werden, siehe § 3 Abs. 1 S. 1 AVBFernwärmeV. Angesichts dieser Probleme spricht dann doch viel dafür, die AVBFernwärme zu verlassen und einen abweichenden Vertrag zu schließen. Doch Obacht! Hier gilt § 1 Abs. 3 AVBFernwärmeV: Der Versorger muss dem Kunden einen AVB-konformen Vertrag angeboten haben und dieser muss ausdrücklich mit der Abweichung einverstanden sein (Miriam Vollmer).
Wir erklären das neue Fernwärmerecht am 27. Oktober 2021 von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Infos und Anmeldung hier.