All around me feeling hot hot hot: Die neue FFVAV & AVBFernwärmeV
Jahrzehntelang passiert gar nichts und dann passiert alles auf einmal: Dass die Bundesrepublik auch für Fernwärme die Energieeffizienzrichtlinie (EED) und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) endlich umsetzen musste, war klar. Aber dabei hat sie es nicht belassen. In der jetzt schon legendären „letzten Runde“ der letzten Legislaturperiode am 25. Juni 2021 hat der Bundesrat uns alle überrumpelt und beschossen, das Recht der Fernwärmeversorgung teilweise erheblich zu verändern (hier bereits dazu).
Die scheidende Bundesregierung stellte sich auf den Standpunkt, die Änderungen seien nur einheitlich abzulehnen oder anzunehmen. Da die Zeit drängt, vor allem das Fernwärmemesswesen europarechtskonform neu zu regeln, hat sie die Änderungen nun so übernommen. Seit dem 5. Oktober 2021 ist die neue „Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme oder Fernkälte (Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und ‑Abrechnungsverordnung – FFVAV)“ nun in Kraft. Gleichzeitig sind erhebliche Änderungen der AVBFernwärmeV in Kraft getreten. Aus unserer Sicht sind die folgenden Punkte die Wichtigsten:
# Messeinrichtungen, die nach dem 5. Oktober 2021 installiert werden, müssen fernablesbar sein. Weil wir dies schon mehrfach gefragt worden sind: Ja, wirklich ab dem 5. Oktober 2021. Die neuen Regeln gelten ohne Übergangsvorschriften. Wer also heute nicht fernablesbare Zähler eingebaut hat: Das war falsch.
# Alle bisher eingebauten nicht fernablesbaren Zähler müssen bis Silvester 2026 nachgerüstet oder ersetzt worden sein.
# Es gelten die Smart-Meter-Regeln nun auch für Fernwärme. Insbesondere kann der Kunde selbst einen Messtellenbetreiber auswählen, wenn schon ein Smart-Meter-Gateway existiert.
# Fernwärmeabrechnungen werden länger und wenn der Kunde will, digitaler, in den meisten Fällen aber auch häufiger: Zweimal pro Jahr mindestens, auf Kundenbitte hin mindestens vierteljährlich, muss der Versorger Preise und Verbrauch und Infos über Wärmeträger, Technologien, THG-Emissionen, einen witterungsbereinigten Verbrauchsvergleich mit anderen Kunden und dem Vorjahr und noch einiges mehr klar und verständlich mitteilen.
# Für diese neuen Abrechnungen gibt es nur bei den THG-Emissionen für Kunden kleinerer Fernwärmesysteme eine Schonfrist bis zum 1. Januar 2022. Ansonsten gilt auch hier: Bitte springen Sie jetzt.
# Künftig gehören viele Informationen über das Fernwärmeprodukt wie etwa der Primär-energiefaktor ins Internet, ebenso die allgemeinen Versorgungsbedingungen, Preise, Preisgleitklauseln, Informationen über Netzverluste etc. Achtung, auch hier gibt es keine Übergangsfristen. Die Regeln sind bereits scharfgeschaltet.
# Wir hatten schon vor Wochen darauf hingewiesen: Künftig kann auch im laufenden Vertragsverhältnis der Kunde einmal jährlich seine Anschlussleistung abändern. Gründe braucht er keine, sofern er die Leistung nicht um mehr als 50% reduziert. Steigt er auf Erneuerbare um, kann er auch um mehr als 50% reduzieren oder ganz aus dem Vertrag aussteigen.
# Eine Änderung der Preisgleitklausel kann nach Ergänzung des § 24 Abvs. 4 AVBFernwärmeV nicht durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen.
Was bedeutet das nun für Versorger? Sie müssen in jedem Falle sehr schnell aktiv werden. Da es keine Umsetzungsfristen gibt, sind alle Geschäftsprozesse ab sofort umzustellen. Insbesondere sind die Veröffentlichungspflichten umgehend umzusetzen! Unternehmen brauchen nun einen Zeitplan, müssen ihre Verträge und Rechnungsmuster überarbeiten, ihre Homepage angehen und, ist dies noch nicht geschehen, den Standard für Wärmezähler abändern. Die bisher oft behäbige Welt der Wärmeversorgung wird also kräftig aufgewirbelt. Oder, passend zum Thema: Fernwärme wird hot, hot, hot (Miriam Vollmer)
Wir führen in die Neuerungen kurzfristig am 12. Oktober 2021 per Zoom ein! Infos und Anmeldung gibt es hier.