Polizei­recht: Handy­auf­nahmen in der Öffentlichkeit

Neue technische Möglich­keiten ziehen oft die Verschärfung recht­licher Regeln nach sich. Zum Beispiel ist es heute völlig unkom­pli­ziert, fast überall und jederzeit zu minimalen Kosten Fotos und Videos zu machen. Zugleich stellt sich die Frage, ob das immer wünschenswert ist.

Rücken eines Polizisten beim Einsatz

Die Frage beschäftigt auch die Gerichte. Nicht so abstrakt, sondern konkret, wie vor einiger Zeit in der Innen­stadt Osnabrück, bei einem Polizei­einsatz: Muss die Polizei es dulden, dass Dritte mit dem Handy ein Video von ihren Maßnahmen gegen einen Störer unter Einsatz von Gewalt machen?

Die Polizei Osnabrück hatte deshalb das Handy des Zeugen als polizei­recht­liche Standard­maß­nahme sicher­ge­stellt. Zuvor hatte sie ihn aufge­fordert, das Filmen zu unter­lassen, denn das sei strafbar. Die Sicher­stellung wurde damit begründet, dass zu befürchten sei, dass durch die Veröf­fent­li­chung oder Weitergabe des Videos die Vertrau­lichkeit des gespro­chenen Wortes verletzt würde.

Tatsächlich kann es gemäß § 201 StGB strafbar sein, wenn Gespräche ohne Einwil­ligung der Betrof­fenen mitge­schnitten werden. Aller­dings – und dazu hat das Landge­richt  (LG) Osnabrück kürzlich in zweiter Instanz Stellung genommen - gilt dies laut Gesetz nur für das „nicht­öf­fentlich“ gespro­chene Wort. Anders ist es deshalb, wenn Polizisten in der Öffent­lichkeit jemanden festnehmen. Das findet dann nicht nur im öffent­lichen Raum statt, sondern es fällt auch der Grund weg, weshalb das nicht­öf­fentlich gespro­chene Wort überhaupt schutz­würdig ist.

Laut dem LG ist es die Unbefan­genheit der mündlichen Äußerung, die geschützt werden soll. Und bei allem Verständnis für Unsicher­heiten von Polizisten, bei schnellen Einschät­zungen und Entschei­dungen im Eifer des Gefechts: Bei dienst­lichem Handeln, das rechtlich gebunden ist und der recht­lichen Überprüfung unter­liegt, ist nach Auffassung des LG kein Raum.

Die Frage, inwieweit Daten- und Persön­lich­keits­schutz im öffent­lichen Raum gilt, ist auch für das Verkehrs­recht relevant: Denn wie wir berich­teten gibt es Tendenzen im Daten­schutz, das Fotogra­fieren von Kfz im öffent­lichen Raum grund­sätzlich zu verbieten. Was dazu führen dürfte, dass dort, wo Autos mit Kennzeichen zu sehen sind, also eigentlich überall, Fotogra­fieren nur noch einge­schränkt möglich ist. Glück­li­cher­weise ist die Recht­spre­chung – zumindest im oben genannte Beispiel – nicht bereit, den Daten- und Persön­lich­keits­s­schutz zu Lasten des öffent­lichen Raums ausufern zu lassen. Insofern besteht auch im Fall des Fotogra­fierens von Kraft­fahr­zeugen noch Hoffnung (Olaf Dilling).