EEG 2021 – Korrup­ti­ons­vor­würfe stoppen Gesetzesänderung

Das EEG ist bekanntlich eine Dauer­bau­stelle. Im neuen EEG 2021 ist kaum die Drucker­schwärze getrocknet, da laufen auch schon wieder Verhand­lungen über weitere inhalt­liche Änderungen. Oder besser gesagt, diese Verhand­lungen sollten eigentlich laufen. Tatsächlich aber hat die SPD gerade die geplanten Verhand­lungen mit dem Koali­ti­ons­partner CD/CSU kurzfristig auf Eis gelegt.

Die SPD begründet dies mit aktuellen Lobby­is­mus­vor­würfen gegen mehrere führende Energiex­perten in den Reihen der Unions­ab­ge­ord­neten, die Teil des EEG Verhand­lungs­teams der CDU/CSU waren. Georg Nüßlein – der wegen Korrup­ti­ons­vor­würfen im Zusam­menhang mit der Beschaffung von FFP2 Masken inzwi­schen bereits aus der CSU ausge­treten ist – sowie Joachim Pfeiffer, den energie­po­li­ti­schen Sprecher der Union – über dessen mutmaß­liche Verwick­lungen die ZEIT berichtete. Dieser weist alle Vorwürfe zurück. Die SPD erwartet nun Frakti­ons­vor­sit­zenden Ralph Brinkhaus umfas­sende Aufklärung über die Neben­tä­tig­keiten der betei­ligten Abgeordneten.

Was zunächst als Affäre rund um die Coronabe­kämpfung und Masken­be­schaffung begann und sich zu einer generellen Debatte über Neben­ein­künfte von Abgeord­neten ausweitete hat damit jetzt auch unmit­telbare Folgen auf die aktuelle Energie­po­litik. Die Koalition wollte eigentlich bis Ende März Änderungen am EEG 2021 beschlossen haben. Branchen­ver­bände sind alarmiert, weil sich hierdurch dringend erwartete Nachbes­se­rungen am EEG 2021 verschieben, wie etwa die Anpassung der jährlichen Ausbauziele.

(Christian Dümke)

2021-03-18T18:12:16+01:0018. März 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien|

Masken­pflicht und Sonnenschein

Gesetz- und Verord­nungs­geber rechnen meistens mit dem Schlimmsten. Nun ja, das Recht muss sich halt auch in Extrem­fällen bewähren. Nicht nur bei schönem Wetter. Darin unter­scheiden sie sich übrigens gar nicht so sehr von Ingenieuren. Denn die müssen ihre Schrauben auch nicht für die Durch­schnitts­be­lastung, sondern für die maximal erwartbare Belastung dimen­sio­nieren. Und dann noch eine Schippe drauf­legen als Sicherheitsmarge.

Bei der Masken­pflicht ist es übrigens umgekehrt. Nicht bei Extrem­wetter, bei Sturm oder Stark­regen, sondern bei eitel Sonnen­schein drängt zur Zeit alles in die Parks. Besonders in großen Städten wie Berlin oder Hamburg. Da kann es manchmal an der Spree oder Alster ziemlich eng werden. Daher hat der Stadt­staat Hamburg eine Masken­pflicht u.a. rund um die Alster, die Elbe oder den Jenischpark erlassen. Gelten sollte sie sonnabends, sonntags und an Feier­tagen in der Zeit zwischen 10 Uhr und 18 Uhr bzw. 20 Uhr. 

Das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Hamburg hat diese Maßnahme nun gekippt. Denn nach Auffassung der Richter sei sie keine dem Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz genügende Schutz­maß­nahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 Infek­ti­ons­schutz­gesetz. Die Richter begründen dies folgen­der­maßen: Die Maßnahme diene zwar mit dem Infek­ti­ons­schutz einem legitimen Zweck. Es gehe aus der Begründung der Verordnung nicht hervor, warum eine generelle (also situa­ti­ons­un­ab­hängige) Masken­pflicht erfor­derlich sei. Denn es sei von den Wetter­ver­hält­nissen abhängig, wie viele Menschen in den Park kämen. Und in einem menschen­leeren Park sei das Tragen von Masken nicht nötig. Vermutlich hatten die Hamburger Richter kurz vor Verkündung der Entscheidung das berühmt-berüch­tigte Hamburger Schiet­wetter, bei dem man sich ohnehin nicht vorstellen kann, dass es jemals wieder sonnig wird.

Und der Hamburger Verord­nungs­geber runzelt angesichts der Entscheidung vermutlich die Stirn und fragt sich, ob er in die Verordnung nun die Ergänzung „nur bei Sonnen­schein“ reinschreiben soll. Und kurz bevor ihn resigniert der Büroschlaf übermannt, fragt er sich noch verzweifelt, ob ein Tag in Hamburg auch dann noch als „sonnig“ im Sinne der Corona-Eindäm­mungs­ver­ordnung gelten kann, wenn von der Deutschen Bucht herbei­wehend Cirrostra­tus­wolken, zart wie Chemtrails, den Himmel über der Alster verschleiern (Olaf Dilling).

2021-03-18T01:06:48+01:0018. März 2021|Verwaltungsrecht|

Das GASAG-Urteil des BGH: Rekom­mu­na­li­sierung am Ende?

Das Land Berlin hat in letzter Instanz vorm Bundes­ge­richtshof (BGH) den Rechts­streit um das Berliner Gasnetz verloren (wir berich­teten gestern). Das Gasnetz hier in Berlin wird also auch zukünftig die GASAG betreiben.

Nun scheitern nicht ganz wenige Städte beim Versuch, den Zuschlag für das Energie­netz­be­trieb an eigene, kommunale Unter­nehmen zu vergeben. Doch die Entscheidung des BGH ist für die Kommu­nal­wirt­schaft besonders schmerzhaft: Das BGH hat nämlich nicht wegen handwerk­licher Fehler das Verfahren aufge­hoben, sondern die Vergabe an den Landes­be­trieb für rechts­widrig erklärt, weil der nicht ausrei­chend wirtschaftlich leistungs­fähig sei. Der Landes­be­trieb ist nämlich ganz neu, er hat bisher weder die Struk­turen noch das Personal der bishe­rigen Netzbe­trei­berin. Er hätte diese Struk­turen erst dann aufgebaut, wenn er den Zuschlag bekommen hätte. Alles andere wäre ja auch das reine finan­zielle Harakiri: Die alte Netzkon­zession endete an sich Silvester 2013, seitdem hängt das Verfahren vor Gericht. Das Land hätte also, denkt man dieses Argument, einen voll ausge­rüs­teten Betrieb über acht Jahre ohne Einnahmen unter­halten müssen, um gemessen an diesem Maßstab „wirtschaftlich leistungs­fähig“ zu sein.

Berliner Dom, Berlin, Stadt, Spree, Licht, Abend

Natürlich kann Berlin das nicht. Natürlich kann das auch keine andere Gemeinde. Es wäre wohl auch mit den Grund­sätzen einer ordnungs­ge­mäßen Haushalts­führung gar nicht vereinbar. Das aber heißt: Gemeinden, die ihr Strom- oder Gasnetz nicht schon selbst betreiben, können faktisch kaum ein eigenes kommu­nales Unter­nehmen gründen, das leistungs­fähig genug ist, sich im Konzes­si­ons­ver­fahren durch­zu­setzen. Sie brauchen immer mindestens einen erfah­renen Partner, der schon andernorts Netze betreibt.

Das ist eine schlechte Nachricht nicht nur für die Städte selbst. Die sogenannte „Rekom­mu­na­li­sierung“, die auf den Betrieb der Energie­netze durch städtische Gesell­schaften abzielt, ist keineswegs ein reines Presti­ge­projekt von Bürgermeister*innen und eitlen Lokalpolitiker*innen. Zum einen ist der Netzbe­trieb lukrativ. Bleibt das Geld in der Stadt, wird es von einer städti­schen Gesell­schaft entweder in der Stadt inves­tiert und finan­ziert die örtliche Energie­wende. Oder wird an die Stadt ausge­schüttet und verschafft den oft klammen Kommunen Spiel­räume für soziale oder kultu­relle Aufgaben. Aber hier geht es nicht nur um Geld. Kommunale Energie­ver­sorgung kann sehr unter­schiedlich aussehen. Natürlich gibt es auch viele Unter­nehmen in privater Hand, die die Energie­wende klug moderieren. Aber nur dann, wenn die Netze vor Ort von kommu­nalen Unter­nehmen betrieben werden, wird der Betrieb durch gewählte Vertreter*innen kontrol­liert und seine Eckpfeiler vor Ort demokra­tisch legiti­miert entschieden, und zwar nicht vermittelt durch Aktionär*innen, sondern durch die Bürge­rinnen und Bürger selbst, die die Mehrheiten vor Ort bestimmen. Dass das nun so erschwert wird, ist auch in Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG mehr als bedau­erlich (Miriam Vollmer).

2021-03-16T19:00:21+01:0016. März 2021|Energiepolitik, Gas, Strom|