Strom­preis­schock in der Kanzlei

Als Rechts­an­wälte einer Kanzlei mit einer Spezia­li­sierung im Energie­recht sind wir es ja schon gewohnt, gelegentlich einmal Verbrauchs­ab­rech­nungen in der Hand zu haben und streitige Forde­rungen aus Energie­lie­fe­rungen auf ihre Berech­tigung hin zu prüfen. Doch eher selten betrifft es die eigene Verbrauchsabrechnung.

Um so erstaunter waren wir, als uns Mitte März die Jahres­end­ab­rechnung des Versorgers unseres Vertrauens erreichte und diese für den Verbrauch der Kanzlei eine erheb­liche – wirklich erheb­liche – Nachfor­derung auswies.

Nachdem wir zunächst unser Verbrauchs­ver­halten kritisch hinter­fragt und zu dem Ergebnis gekommen waren, dass die Erwei­terung der Kanzlei im letzten Jahr um einen weiteren Partner nebst Computer und Schreib­tisch­lampe wahrscheinlich eher keine Steigerung des Strom­ver­brauches um nahezu 1000 % bewirkt haben dürfte, vermu­teten wir dann doch eher einen Fehler auf Seiten des Versorgers.

In diesem Zusam­menhang erwies es sich als recht praktisch, dass Energie­ver­sorger nach § 40 Abs. 6 EnWG verpflichtet sind, in Rechnungen für Letzt­ver­braucher die für die Forde­rungen maßgeb­lichen Berech­nungs­fak­toren in Rechnungen unter Verwendung standar­di­sierter Begriffe und Defini­tionen auszu­weisen. Weiterhin hilfreich ist es, dass in Energie­ver­brauchs­ab­rech­nungen der ermit­telte Verbrauch im Abrech­nungs­zeitraum und bei Haushalts­kunden Anfangs­zäh­ler­stand und der Endzäh­ler­stand des abgerech­neten Zeitraums (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 EnWG), sowie der Verbrauch des vergleich­baren Vorjah­res­zeit­raums (§ 40 Abs. 2 Nr. 5 EnWG) angeben sein muss. Hierdurch lässt sich zum Beispiel erkennen, ob die Abrechnung auf abgele­senen Zähler­ständen oder auf Schätz­werten basiert und welche Zähler­stände überhaupt zu Grunde gelegt wurden. Auch eine plötz­liche Steigerung des Verbrauchs im Vergleich zum vorhe­rigen Abrech­nungsjahr ist einfach zu erkennen, ohne extra die alten Abrech­nungen zum Vergleich heraus­suchen zu müssen.

Bei Energie­ver­brauchs-abrech­nungen besteht nun die Beson­derheit, dass der Kunde zunächst grund­sätzlich zur vorläu­figen Zahlung verpflichtet ist, auch wenn er die Forderung für teilweise unberechtigt hält. Mit diesen Einwänden ist er regel­mäßig auf einen eigenen Rückfor­de­rungs­prozess nach Zahlung verwiesen (BGH 21. November 2012, VIII ZR 17/12). Dies gilt aller­dings dann nicht, wenn die streitige Rechnung „offen­sichtlich fehlerhaft“ ist. „Offen­sicht­liche Unrich­tigkeit“ bedeutet in diesem Zusam­menhang, dass der Energie­ver­brauchs­ab­rechnung die Fehler­haf­tigkeit förmlich auf die Stirn geschrieben ist Nach der Recht­spre­chung des BGH soll diese erfor­der­liche „ernst­hafte Möglichkeit eines offen­sicht­lichen Fehlers“ beispiels­weise dann der Fall sein, wenn der abgerechnete Verbrauch sich plötzlich – genau wie bei uns – verzehn­facht haben soll (BGH, 07.02.2018, VIII ZR 148/17).

Also der Rechnung wider­sprechen und kurz und freundlich auf das Zahlungs­ver­wei­ge­rungs­recht hinweisen.

In unserem Fall konnte der Fehler dann durch eine erneute Ablesung der in den unzugäng­lichen Keller­ge­wölben unseres histo­ri­schen Kanzlei­ge­bäudes verbauten Messein­rich­tungen dann schnell und unkom­pli­ziert aus der Welt geschafft werden – weswegen wir unserem Versorger natürlich auch nicht lange böse sind.

Und eine Geschichte für unser Blog ist dabei schließlich auch noch herausgesprungen.

(Christian Dümke)