Bundestag beschließt das EEG 2021

Der Bundestag hat heute in dritter Lesung die EEG-Novelle 2021 beschlossen. War es zwischen­zeitlich etwas ruhiger um das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren geworden, ging jetzt dann doch alles sehr schnell. Kaum hatten wir uns durch die 229seitige Beschluss­emp­fehlung des Wirtschafts­aus­schusses vom 15.12.2020 gearbeitet, erfolgte auch schon der Gesetzesbeschluss.

Wir werden uns mit den einzelnen Inhalten und Neuerungen des EEG 2021 auf diesem Blog noch intensiv ausein­an­der­setzen. Hier nun erst einmal unsere ersten Eindrücke:

Das EEG 2021 wurde tatsächlich mit sehr weitrei­chenden Ermäch­ti­gungs­grund­lagen für Rechts­ver­ordnung ausge­stattet, insbe­sondere zur Änderung der Zubau­ziele. Warum das proble­ma­tisch ist, hatten wir hier schon einmal erläutert. Die ursprünglich im Gesetz­entwurf enthal­tende Formu­lierung, wonach der Ausbau der Erneu­er­baren Energien im öffent­lichen Interesse liegt und der öffent­lichen Sicherheit dient, hat das Gesetz­ge­bungs­ver­fahren leider nicht überstanden und findet sich nun doch nicht im EEG 2021. Was ebenfalls fehlt sind gesetz­liche Regelungen zur Unter­stützung sogenannter Erneu­erbare-Energien-Gemein­schaften – obwohl Deutschland hier zu nach der Richt­linie (EU) 2018/2001 des Europäi­schen Parla­ments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur entspre­chenden Umsetzung verpflichtet wäre, wie wir bereits hier einmal ausge­führt hatten.

Eine wesent­liche Änderung gibt es beim Thema Eigen­ver­brauch von selbst erzeugtem EEG-Strom. Bei selbst erzeugten und genutzten Solar­strom aus Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung soll zukünftig die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage entfallen. Die Befreiung gilt auch für Bestands­an­lagen und sogenannte „ausge­för­derte Anlagen“ deren 20jährige Förder­dauer abgelaufen ist. Aller­dings gilt die Befreiung nur für eine begrenzte Strom­menge von 30 Megawatt­stunden pro Jahr.

Auch beim Thema Mieter­strom – bisher eher keine Erfolgs­ge­schichte – hat der Gesetz­geber nachge­bessert. Der Mieter­strom­zu­schlag wird für Anlagen bis 10 KW auf 3,79 Cent pro Kilowatt­stunde, für Anlagen bis 40 Kilowatt auf 3,52 Cent pro Kilowatt­stunde und für Anlagen bis 500 Kilowatt auf 2,37 Cent pro Kilowatt­stunde erhöht. Außerdem wird noch einmal klarge­stellt, dass auch das sog. „Liefer­ket­ten­modell“ förder­fähig ist, bei dem der Anlagen­be­treiber einen Energie­dienst­leister als Mieter­strom­lie­ferant beauf­tragt. Das vielfach umstrittene Kriterium des unmit­tel­baren räumlichen Zusam­men­hangs von Anlage und versorgten Mietern wurde durch die Bezug­nahme auf einen Quartiers­be­griff geändert. Die Anlage muss sich nun im selben Quartier wie die versorgte Mieter befinden.

Weiterhin gibt es nun eine Regelung zum Schicksal von Anlagen, deren 20jährige Förder­dauer abgelaufen ist. Der Strom aus solchen „ausge­för­derten Anlagen“ bis zu einer Größe von 100 Kilowatt Leistung kann noch bis Ende 2027 weiterhin in Höhe des Markt­wertes abzüglich einer Vermark­tungs­pau­schale vergütet werden.

Dies nur als erstes Zwischen­fazit. Wir werden uns mit den angeris­senen Themen und den übrigen Neuerungen des EEG 2021 hier künftig noch intensiv befassen. (Christian Dümke)

2020-12-17T21:20:28+01:0017. Dezember 2020|Energiepolitik, Erneuerbare Energien|

Neue Grenz­werte für große Anlagen: Der Kabinetts­be­schluss zur 13. BImSchV

2017 hat die EU-Kommission mit dem Durch­füh­rungs­be­schlusses (EU) 2017/1442 und dem Durch­füh­rungs­be­schlusses (EU) 2017/2117 neue Schluss­fol­ge­rungen zu den besten verfüg­baren Techniken (BVT) nach der Großfeue­rungs­richt­linie getroffen. Weniger vornehm ausge­drückt: Brüssel hat neue Grenz­werte für Großkraft­werke, Gastur­binen und Verbren­nungs­mo­toren mit mehr als 50 MW FWL, insbe­sondere sind scharfe Emissi­ons­grenz­werte für Schwe­fel­dioxid, Stick­oxide, Queck­silber und Feinstaub vorgesehen.

Diese neuen Vorgaben muss die Bundes­re­publik an sich innerhalb eines Jahres umsetzen, wie sich aus § 7 Abs. 1a Nr. 1 des Bundes­im­mis­si­ons­schutz­ge­setzes (BImSchG) ergibt. Doch die Anpassung der 13. und der 17. BImSchV hat nicht frist­ge­recht funktio­niert: Statt 2018 wird nun wohl erst 2021 das deutsche Recht angepasst. Nach vier Jahren wären ansonsten die neuen Grenz­werte auch so umzusetzen gewesen. Grund für die Verzö­gerung war angeblich die Kohlekommission.

Nun aber liegt nach einem umstrit­tenen Referen­ten­entwurf aus dem Sommer immerhin der Kabinetts­be­schluss vor. Dieser enthält eine Vielzahl neuer Detail­re­ge­lungen, die sich teilweise aus einer verän­derten Syste­matik auch in Hinblick auf den Kreis der erfassten Anlagen ergeben. Neben diesen Regelungen, die viel Aufmerk­samkeit im Detail erfordern, bilden die novel­lierten Grenz­werte für Stick­oxide, Methan, Staub, CO, Formaldehyd und Schwe­fel­dioxid das Herzstück der Neuregelung.

Gegenüber dem Entwurf vom Sommer gibt es auch inhaltlich noch Änderungen. Bei Methan wurden die Regelungen noch einmal angepasst und entlang der techni­schen Gegeben­heiten bei Motor­an­lagen diffe­ren­ziert und zum Teil angehoben. Die verbreitete Kritik, die neuen Werte seien nur im Volllast­be­trieb realis­tisch, wurde aufge­nommen und ausdrücklich klarge­stellt, dass der Wert auch nur in Volllast gilt. Anspruchsvoll, aber mit dem Kohle­aust­siegspfad harmo­ni­siert, sind nun die Neuerungen beim Queck­silber: Der Tages­mit­telwert für Queck­sil­ber­emis­sionen wird von 30 Mikro­gramm auf 20 Mikro­gramm pro m3 im Abgas­strom sinken, auch weitere Anpas­sungen an den Stand der Technik werden von den Betreibern verlangt. Nun muss noch der Bundesrat und der Bundestag zustimmen (Miriam Vollmer).

Auf Pfaden des Gewohnheitsrechts

Ehrlich gesagt kommen bei Recherchen manchmal Fälle zu Tage, die eine roman­tische Ader wecken: Uralte, halbver­gessene Rechts­in­stitute, die vermutlich von Anwälten in der Provinz aus alten staubigen Folianten gekramt werden mussten – und dann, mit einer Portion Bauern­schläue angewandt, manchmal ganz moderne Rechts­an­sprüche zu Fall bringen können.

So zum Beispiel ein Fall des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts, in dem es um die Ansprüche eines Grund­stücks­ei­gen­tümers geht, einen sogenannten „Allmendpfad“ im Südschwarzwald zu blockieren. Wo doch eigentlich jeder wissen müsste, dass die Allmende der kommunale Gemein­besitz war, der im Prinzip allen im Dorf auf den zugehö­rigen Angern und Bergwiesen zur freien Verfügung stand.

Das örtliche Verwal­tungs­ge­richt hatte zunächst schon zu Gunsten des Privat­ei­gen­tümers entschieden. Dann aber, „deus ex machina“, das mehr oder weniger in Ehren ergraute Rechts­in­stitut, das dem Eigen­tümer vom Oberver­wal­tungs­ge­richt entge­gen­ge­halten wurde: die sogenannte „unvor­denk­liche Verjährung“ des alten badischen Rechts. Etwas verein­facht: Der Weg ist öffentlich. Es war schon immer so, seit sich Menschen erinnern können. Und tatsächlich fanden sich alte Anwoh­ne­rinnen, die vor Gericht die Nutzung des Weges zu ihrer Kindheit bezeugen konnten.

Nun bestehen gute Gründe, solche alten Gewohn­heits­rechte nicht immer in Ehren zu halten. Denn Recht wandelt sich und wird im demokra­ti­schen Rechts­staat auch verändert, an neue Lebens­be­din­gungen und sich wandelnde Werte angepasst. Zudem ist es nicht sinnvoll, alle Fragen der lokalen Gemein­schaft immer auch im lokalen Kontext zu entscheiden. Jeden­falls, wenn Rechte von Minder­heiten oder der übergrei­fenden Gemein­schaft betroffen sind: Mögli­cher­weise wäre die Sklaverei in den USA nie abgeschafft worden, wenn die Entscheidung nicht in Washington, sondern in Montgomery, der vorüber­ge­henden Haupt­stadt der Konfö­de­rierten, entschieden worden wäre.

Aber es gibt eben auch Konstanten. Dass es sinnvoll ist, wenn es öffent­liche, allen zugäng­liche Wege gibt und sie auch erhalten bleiben. Und dass die Natur­schön­heiten des Schwarz­waldes nicht nur privaten Eigen­tümern zur Verfügung stehen. Letztlich hängt dies aber nicht nur an den alten, unvor­denk­lichen Rechten, sondern auch daran, dass die Legis­lative in Baden-Württemberg ihre Anwendung im Straßen­recht nicht ausge­schlossen hat. In den ersten Jahrzehnten der Nachkriegszeit wurden sie sogar ausdrücklich anerkannt. Und dadurch seien die alten öffent­lichen Wege auch ohne formelle Widmung in die neue Rechts­ordnung übernommen worden. Zumindest mangels solcher ausdrück­licher Widmungen oder anders­lau­tender Gesetz­gebung können alte Rechte weiterhin manchmal zum Zuge kommen. Und das ist dann vielleicht auch ganz gut so (Olaf Dilling).

2020-12-17T11:52:17+01:0015. Dezember 2020|Allgemein, Verkehr, Verwaltungsrecht|