Straßen­recht: Die Fahrbahn­rei­niger von Schönwalde-Glien

So viel wie es die letzten Tage geregnet hat, hätten wir, bei einigen Grad Celsius weniger, ein gute Grundlage für weiße Weihnacht. Doch bekanntlich hat sich das Klima in den letzten Jahrzehnten erwärmt. In Deutschland pendelte die jährliche Winter­mit­tel­tem­pe­ratur nach Daten der Statista GmbH zwischen 1960 und 1980 noch um den Gefrier­punkt. Zwischen 2000 und 2020 lag sie in weitaus mehr Jahren über 2° als unter 0° C. Das heißt auch: Es gibt weniger Schnee und Eis.

Ein Gutes hat das immerhin – Es rutschen weniger Menschen auf Gehwegen aus und es gibt auch weniger glätte­be­dingte Verkehrs­un­fälle. Was uns zum eigent­lichen Thema des heutigen Tages führt: Gibt’s eigentlich rechtlich Handhabe, wenn Wege und Straßen nicht geräumt sind? Und was müssen Sie als Hausei­gen­tümer oder Mieter tun, um ihren Pflichten genüge zu tun?

Geregelt sind diese Pflichten meist in den Straßen­ge­setzen oder anderen Spezi­al­ge­setzen der Länder. Für öffent­liche Straßen hat grund­sätzlich der Träger der Straßen­baulast die Pflicht zur Reinigung und Räumung von Schnee und Eis. Das ist bei kommu­nalen Straßen die Stadt oder der Landkreis. Die Pflicht wird innerhalb geschlos­sener Ortschaften in der Regel durch ein Landes­gesetz oder eine Satzung auf die Anlieger übertragen.

In Berlin gibt es zum Beispiel das Straßen­rei­ni­gungs­gesetz (StrReinG BE), in dem detail­liert die Pflichten von Anliegern geregelt sind, die Straßen zu reinigen bzw. zu räumen. Mit anderen Worten ist genau festgelegt, wo, zu welchen Tages­zeiten und wie breit geräumte Streifen für Fußgänger von Schnee und Eis freizu­halten sind. Pech haben Anlieger am Ku’damm: Denn hier beträgt die „erfor­der­liche Räumbreite“ stolze drei Meter, im Gegensatz zu Straßen mit gerin­gerem Fußgän­ger­auf­kommen, wo ein Meter genügen soll. Auch für den Fall, dass jemand diese Pflichten nicht erfüllen kann, ist gesorgt: Dann treten auf Antrag gemäß § 6 Abs. 2 StrReinG die Berliner Straßen­rei­ni­gungs­be­triebe auf den Plan.

An anderen Orten werden Reini­gungs- und Räumpflichten auch durch kommunale Satzungen auf Anlieger übertragen. So auch im Branden­bur­gi­schen Schön­walde-Glien. Vor ein paar Jahren musste das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Berlin-Brandenburg einen Fall entscheiden, weil dort per Satzung den Anliegern mehrerer Straßen die Pflicht übertragen wurde, die Straße vor ihren Häusern zu reinigen und dort auch den Winter­dienst zu übernehmen. Das Pikante daran: Auf den betref­fenden Straßen befand sich gar kein Gehweg. Daher sollten die Bewohner der Straße sozusagen die Fahrbahn oder zumindest einen Teil davon räumen.

Nun war auf den 4,60 m breiten Straßen ein Bereich von einem Meter Breite am Rand rot gepflastert. In Abwesenheit eines Gehwegs war vorge­sehen, dass auf diesem Bereich der verkehrs­be­ru­higten Fahrbahn auch Fußgänger laufen. Die gegen die Räumpflicht klagenden Anlieger waren nun der Ansicht, dass sie wegen § 25 StVO, nach dem Fußgängern i.d.R. das Benutzen der Fahrbahn verboten ist, auf der Straße nicht zu suchen hätten oder zumindest dort nicht arbeiten dürften.

Das Gericht sah das anders und verwies auf die Ausnahme, nach der Fußgänger auf Straßen ohne Gehweg auch am Fahrbahnrand laufen dürften. Überdies setze § 35 Abs. 6 Satz 4 StVO voraus, dass Personen zur Straßen­rei­nigung die Fahrbahn betreten dürften. Dies gelte auch für Anlieger, denen Aufgaben der Straßen­rei­nigung übertragen seien. Aller­dings müssten sie auf der Fahrbahn bei der Arbeit auffällige Warnkleidung tragen. Ob die Stadt verpflichtet war, den Anliegern entspre­chende Warnwesten zu stellen oder ob sie sich diese selbst beschaffen mussten, geht aus der Entscheidung nicht hervor.

Wir wünschen Ihnen allen – dieses Jahr zwar wohl weder weiße, noch übermäßig gesellige – so doch sehr besinn­liche und frohe Weihnachten (Olaf Dilling).