Runter wie Öl

Das Umwelt­mi­nis­terium erwägt, ab 2030 den Einbau neuer Ölhei­zungen zu verbieten. Geht es nach den beamteten Umwelt­schützern, soll in den nächsten zehn Jahren ein Zuschuss die Umrüstung im Bestand erleichtern. Sodann sollen die Anlagen abgeschaltet werden.

Hinter­grund für diese Überle­gungen ist der Umstand, dass bisher nur die großen, statio­nären Anlagen, deren Treib­haus­gas­emis­sionen über den Emissi­ons­handel reguliert werden, ihre Mindeurngs­ver­pflich­tungen erfüllen. Sowohl der Verkehr als auch der Gebäu­de­be­stand bleiben deutlich hinter den Sollvor­gaben zurück. Dies ist nicht nur politisch brisant. Sondern kann die Bundes­re­publik auch viel Geld kosten, weil die Minde­rungs­ziele verbindlich sind und über Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren mit hohen Geldstrafen sanktio­niert werden können.

Ob sich das Umwelt­mi­nis­terium wirklich mit einem Verbot durch­setzt, ist aktuell noch unklar. Der Koali­ti­ons­partner sieht ein Verbot nämlich kritisch und setzt allein auf Förde­rungen und Freiwil­ligkeit. Dies wiederum sehen – soweit vorher­sehbar – die Umwelt­ver­bände als unzurei­chend an und verweisen auf die bisweilen beschei­denen Erfolge rein freiwil­liger Regelungen in der Vergangenheit.

Inter­es­santer als die Frage, ob ein Verbot – mögli­cher­weise flankiert durch eine hohe CO2-Steuer, die Ölhei­zungen ohnehin unwirt­schaftlich macht – kommt, ist aller­dings die Frage, wie Wärme­systeme der Zukunft aussehen könnten. Indivi­duelle Lösungen wie die Wärme­pumpe sind auf dem Vormarsch. Aber auch klassische Versor­gungs­lö­sungen innerhalb der bestehenden Versor­ger­struk­turen verdienen mehr Aufmerk­samkeit. Hier steht zu hoffen, dass es nicht nur bei Verboten bleibt. Sondern auch die Versor­gungs­wirt­schaft ertüchtigt wird, durch moderne KWK-Anlagen und einen wachsenden Anteil von Wärme aus Erneu­er­baren Energien hochef­fi­zient zu versorgen.

2019-09-10T01:07:56+02:0010. September 2019|Allgemein|

Zuckerbrot und Peitsche: Das Ende der Stein­koh­le­ver­stromung in Deutschland

Wie die Regionen entschädigt werden sollen, in denen die Kohle­ver­stromung eine wichtige Rolle für den Arbeits­markt spielt, ist inzwi­schen bekannt. Was aller­dings noch aussteht: Der Plan, wie Deutschland den von der Kohle­kom­mission ausge­ar­bei­teten Kohle­aus­stieg bis 2038 bewäl­tigen will. Immerhin ist nun bekannt, wie sich die Bundes­re­gierung den Ausstieg aus der Stein Kohle­ver­stromung vorstellt. Mit einem Satz: Zuckerbrot und Peitsche.

Anders als einige Umwelt­ver­bände fordern, soll es keine entschä­di­gungslose Abschaltung von Stein­koh­le­blöcken geben. Vielmehr ist ein Ausschrei­bungs­ver­fahren geplant. Der Mecha­nismus orien­tiert sich an dem, was die Branche schon für die Strom­erzeugung aus Sonne und Wind kennt: Unter­nehmen bieten Kapazi­täten an. Das günstigste Angebot kommt zum Zug. Da es hier ja um einen Still­le­gungs­prozess geht, wird natürlich nicht um den günstigsten Zuschlag konkur­riert, sondern um die geringste Entschä­digung für die Still­legung von Blöcken. Um die Versor­gungs­si­cherheit nicht zu gefährden, wird die Reihen­folge aber noch einmal dahin­gehend modifi­ziert, welchen Einfluss dies auf die Netze hat. Dies ist auch wichtig, weil augen­blicklich noch gar nicht absehbar ist, wie die Netzstruktur in den Dreißiger Jahren aussehen wird. Bekanntlich stoßen die großen Infra­struk­tur­vor­haben im Netzausbau auf Schwie­rig­keiten und Wider­stände, die das Ausbau­tempo deutlich verlang­samen könnten.

Doch neben dem Zuckerbrot finan­zi­eller Entschä­di­gungen für das vorzeitige Ende der Blöcke droht im Hinter­grund Vater Staat mit der ordnungs­recht­lichen Peitsche. Wenn nicht genug Kapazi­täten freiwillig still­gelegt werden, wird nach Senio­rität der Anlagen ordnungs­rechtlich still­gelegt. Ob es dazu kommt? Dies hängt wohl ganz maßgeblich vom Kurs der Emissi­ons­be­rech­ti­gungen ab. Werden diese zu teuer, lohnt sich die Kohle­ver­stromung ohnehin nicht mehr.

Immerhin hat die Bundes­re­gierung nun auch beziffert, wie sie sich die Verrin­gerung zeitlich vorstellt. Aktuell sind rund 20 GW Stein­kohle aktiv. Fünf sollen in den nächsten drei Jahren vom Netz gehen. Bis 2030 sollen dann nur noch acht produ­zieren. 2038 soll der Ausstieg dann zu null vollendet sein.

Die volks­wirt­schaft­liche Auswir­kungen, aber auch indivi­duelle Modell­be­rech­nungen sind aktuell aller­dings noch nicht abschließend möglich. Denn für die deutlich emissi­ons­in­ten­si­veren Braun­koh­le­kraft­werke soll das Regelwerk nicht gelten. Hier muss das Wirtschafts­mi­nis­terium noch liefern. Erst wenn auch dieser Entwurf auf dem Tisch liegt, lässt sich insgesamt der recht­liche Mecha­nismus rund um den Kohle­aus­stieg bewerten.

2019-09-06T12:29:37+02:006. September 2019|Energiepolitik, Strom|

Achtung, SEPA

Am 5. September 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung gefällt, die vielen Unter­nehmen Anlass geben sollte, einmal genau in ihre Formulare zu schauen: Das Lastschrift­ver­fahren ist danach nur dann zulässig, wenn es nicht nur Kunden mit Sitz im Inland, sondern allen europäi­schen Kunden ermög­licht wird (C‑28/18). 

Was war passiert? Die Deutsche Bahn AG – also ein privat­wirt­schaft­liches Unter­nehmen – bot auf ihrer Homepage mehrere Möglich­keiten an, Bahnti­ckets zu bezahlen. Eine dieser Möglich­keiten bestand im Lastschrift­ver­fahren. Diese Möglichkeit konnte aber nicht jeder nutzen, der eine Bahnfahr­karte kaufen wollte. Hatte der Kunde keinen Wohnsitz in Deutschland, musste er einen anderen Zahlungsweg wählen, z. B. die Zahlung per Kredit­karte und Sofortüberweisung.

Dies missfiel einem öster­rei­chi­schen Verbrau­cher­verband, der die Bahn in Wien auf Unter­lassung verklagte. Der Verband obsiegte in erster Instanz, unterlag in zweiter, und in der obersten Instanz wurde der Rechts­streit beim EuGH vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof wollte wissen:

Ist Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 260/2012 dahin auszu­legen, dass dem Zahlungs­emp­fänger verboten wird, die Zahlung im SEPA-Lastschrift­ver­fahren vom Wohnsitz des Zahlers in dem Mitglied­staat abhängig zu machen, in dem auch der Zahlungs­emp­fänger seinen (Wohn‑)Sitz hat, wenn die Zahlung auch auf andere Art wie zum Beispiel mit Kredit­karte zugelassen wird?“

Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 260/2012 lautet:

Ein Zahlungs­emp­fänger, der eine Überweisung annimmt oder eine Lastschrift verwendet, um Geldbe­träge von einem Zahler einzu­ziehen, der Inhaber eines Zahlungs­kontos innerhalb der Union ist, gibt nicht vor, in welchem Mitglied­staat dieses Zahlungs­konto zu führen ist, sofern das Zahlungs­konto gemäß Artikel 3 erreichbar ist.“

Inter­essant: Der Wortlaut verbietet es nicht, die Zahlung per SEPA-Mandat von einem deutschen Wohnsitz abhängig zu machen. Das Gericht legt seiner weiten Inter­pre­tation zugrunde, dass Auslands­konten norma­ler­weise auch von Personen gehalten werden, die im Ausland wohnen. Jeder Europäer soll die Möglichkeit haben, nur ein Konto zu unter­halten und alle Lastschrift­mandate über dieses Konto abzuwi­ckeln. Dies hatte so schon der General­anwalt in seinem Schluss­plä­doyer so vertreten.

Was folgt daraus nun für die Praxis? Klauseln, die gegen Verbots­ge­setze verstoßen, sind nichtig. Um ein solches dürfte es sich auch hier handeln. Es könnte deswegen also auch z. B. ein Spanier die Zahlung über sein spani­sches Konto im Wege des Lastschrift­einzugs verlangen, ohne dass ein Unter­nehmen darauf verweisen könnte, dass es diesen Zahlungsweg nur in Deutschland anbietet. Abgesehen von solchen Fällen ist es aber auch alles andere als ausge­schlossen, dass Unter­nehmen, die weiterhin nur Personen, die in Deutschland wohnen, Lastschrift­zah­lungen anbieten, deswegen abgemahnt werden, etwa wegen eines Wettbe­werbs­vor­teils gegenüber anderen Unter­nehmen, die die erhöhten Kosten europa­weiter Bonitäts­örü­fungen nicht scheuen.

2019-09-05T21:35:24+02:005. September 2019|Vertrieb, Wettbewerbsrecht|