Das Klimapaket: Eine erste Sichtung
Es war wohl eine lange Nacht. Jetzt liegt das Klimapaket der Bundesregierung auf dem Tisch. Aber was steht drin? Und: Was taugt es?
Wie nicht anders zu erwarten war, hat sich die Union durchgesetzt: Es soll keine CO2 – Steuer geben, sondern einen nationalen Emissionshandel, der die Emissionen erfassen soll, die nicht bereits vom bekannten bestehenden europäischen Emissionshandel erfasst sind. Dies betrifft Brenn– und Kraftstoffe, die zum Heizen verwendet werden und vor allen den Verkehr mit Ausnahme des Luftverkehrs.
Als großer Vorteil eines Emissionshandels gilt gemeinhin der Preisfindungsmechanismus, der zu einer volkswirtschaftlich günstigen Allokation von Minderungen führen soll. Ausgerechnet der Preisfindungsmechanismus ist aber bis 2026 suspendiert, denn die Koalition will einen festen Ausgabepreis statt Auktionen: 2021 soll mit 10 € pro Zertifikat gestartet werden. Bis 2025 soll der Ausgabepreis auf 35 € steigen. Ab 2026, also nicht mehr in dieser Legislaturperiode, sollen erst maximale Emissionsmengen festgelegt werden und von Jahr zu Jahr schrumpfen. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es also kein Cap and Trade. Defacto handelt es sich damit nicht um einen wirklichen Emissionshandel sondern um eine Art verkappte Steuer, die allerdings überraschend günstig ausfällt: Erste Analysen sprechen von einer Verteuerung von 0,2 Cent pro Autokilometer.
Das Paket setzt insgesamt vor allem auf Anreize: Zunächst soll die EEG-Umlage sinken, um die Elektrifizierung zu fördern. Unklar ist, ob dies nicht eher nur den Effizienzdruck minimiert. Minimiert werden soll um erst 0,25 Cent pro Kilowattstunde, die dann bis 2023 auf 0,625 Cent steigen. Diese Reduzierung soll aus den Erlösen der CO2–Bepreisung bezahlt werden. Was uns nicht ganz klar ist: Bedeutet das nicht, dass die EEG– Umlage zur Beihilfe mutiert? Schließlich wird Geld an EEG–Anlagenbetreiber ausgereicht, das durch die Taschen des Staates gewandert ist. Nachdem der EuGH erst nach langem Tauziehen klargestellt hat, dass die Umlage heute keine Beihilfe darstellt und damit auch nicht dem europäischen Beihilferegime unterstellt, ist dieser Schritt zumindest überraschend. Schließlich wird die Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland durch den zusätzlichen Mitspieler „Europäische Kommission“ nicht einfacher.
Bereits bereit durch die Presse gegangen: Die Pendlerpauschale soll von 2021 – 2026 ab dem 21. Kilometer auf 0,35 € steigen. Die gute Absicht ist klar, aber wird dies nicht dazu führen, dass eher mehr als weniger Auto gefahren wird? Da die Pendlerpauschale naturgemäß nur denjenigen zugute kommt, die überhaupt Steuern zahlen, soll aber auch allen anderen etwas Gutes getan werden: Das Wohngeld soll steigen und die CO2-Bepreisung für die Immobilienwirtschaft nur begrenzt auf den Mieter umlagefähig sein.
Im Gebäudebereich soll ansonsten vorwiegend der Umbau gefördert werden. Doch führt dies wirklich weiter? Dass im Bestand zu wenig passiert, liegt heute maßgeblich mit daran, dass Heizkosten für den Vermieter durchlaufende Posten sind. Er hat nichts von effizienteren Gebäude, außer Ärger bei der Umlage der Modernisierungskosten. Die einzige harte Maßnahme im Gebäudebereich trifft dagegen kaum jemanden: Ab 2026 soll es keine neuen Ölheizungen mehr geben, aber schon heute machen diese nicht mal 1 % im Neubau aus.
Mit Verkehr geht es weiter: Mit einer besseren Ladesäuleninfrastruktur sollen mehr Autofahrer animiert werden, Elektrowagen zu kaufen. Möglicherweise werden Schnellladesäulen als Dekarbonisierungsmaßnahme der Mineralölwirtschaft anerkannt und für Tankstellen verbindlich. Schön für Arbeitnehmer: Wer beim Arbeitgeber Strom tanken kann, muss das nicht versteuern. Rechtliche Hürden gerade im Netzbereich werden gesenkt, Rechtsunsicherheiten beispielsweise über Umlagen beseitigt. Auch der direkte Kauf von Elektrowagen wird gefördert, allerdings nur unterhalb des Premiumsbereichs.
Der ÖPNV soll auch ausgebaut werden, ebenso Radwege, die Bundesregierung will auch die KFZ-Steuer stärker (aber wohl nicht nur) an die CO2-Emissionen anbinden. Wie schon vorher feststand: Die Umsatzsteuer auf Bahnfahrkarten soll von 19 % auf 7 % sinken, die Luftverkehrsabgabe steigt.
In der Land– und Forstwirtschaft sind offenbar wenig Härten geplant. Hier finden sich im wesentlichen vage Ankündigungen, bei Tierhaltung und Landbau besser zu werden.
Interessanter sind die Pläne zum Ausbau der erneuerbaren Energien auf 65 % im Jahre 2030. Aber gleich die erste geplante Maßnahme dürfte dieses Ziel zumindest teilweise konterkarieren. Die Bundesregierung will einen Mindestabstand von 1000 m nicht nur zu neuen Windkraftanlagen, sondern auch zu bestehenden Standorten, die repowered werden könnte. Das ist keine gute Nachricht für den Ausbau der Windenergie, der es zunehmend an attraktiven Standorten fehlt, wie die Unterzeichnung der Ausschreibungen Wind zeigen. Bundesländer und auch Kommunen können zwar geringere Mindestabstandsflächen vorsehen, aber angesichts der gut organisierten Anti–Windkraftlobby ist dies eher für eine Minderheit der Bundesländer realistisch. Immerhin: Kommunen sollen künftig finanziell am Betrieb von Windrädern beteiligt werden. Dass die bayerische 10H-Abstandsregel erhalten bleiben soll, stellt dagegen einen zusätzlichen Dämpfer für die Windkraft da. Zu begrüßen ist dagegen die Verlängerung der KWK–Förderung bis 2030 und (damit wohl verbunden) die Förderung von Wärmenetzen.