Noch streiten die Gelehrten, ob es zulässig ist, Anlagenbetreibern das Nutzungsrecht an ihren Kohlekraftwerken trotz bestandskräftiger Genehmigungen zu entziehen. Die einen sehen Parallelen zum (zulässigen) Atomausstieg. Die anderen weisen darauf hin, dass eine vergleichbare Bedrohungslage wie bei einem GAU hier nicht bestehen würde.
Die Kohlekommission will die Probe aufs gerichtliche Exempel vermeiden. Geplant ist eine vertragliche Regelung, bei der die Anlagenbetreiber auf ihre weiteren Nutzungsrechte gegen eine finanzielle Entschädigung verzichten. Die ersten Kraftwerke sollen auf dieser Basis schon bald aus dem Markt gehen, erste Stilllegungen sind bereits von 2019 – 2022 geplant. Charme eines Vertrages: Anschließende Klagen sollen dann ausgeschlossen sein. Klar ist aber auch: Diesen Kohleausstieg zahlt der Steuerzahler.
Der Steuerzahler soll aber nicht nur Entschädigungen an die Betreiber von Kohlekraftwerken zahlen. Gleichzeitig soll er auch eine Abgabe auf die Emission von Kohlendioxid leisten, wo dies heute noch nicht der Fall ist. Denn bis jetzt hat das System eine deutliche Unwucht: Nach dem Treibhausgas-Emissionshandels-Gesetz (TEHG) sind Betreiber von Anlagen mit mehr als 20 MW Feuerungswärmeleistung (FWL) abgabepflichtig, werden also finanziell durch die Notwendigkeit, Zertifikate zu kaufen, belastet. Für die Heizung im Keller oder den Verbrennungsmotor im Auto wird aber bis heute noch nicht bezahlt. Das soll sich ändern.
Apropos bezahlen: Die Bemühungen um mehr Klimaschutz sollen jedenfalls nicht die Arbeitnehmer bezahlen. Während im vor einigen Wochen vorgelegten Zwischenbericht betriebsbedingte Kündigungen noch nicht ausgeschlossen wurden, soll dies nun im Abschlussbericht der Fall sein. Gleichzeitig fordert die Kohlekommission, dass auf keinen Fall die dann frei werdenden Emissionsrechte in anderen Anlagen verbraucht werden, wie es vor einigen Wochen der Vorsitzende der FDP, Christian Lindner, befürchtete. Die der Emission der stillzulegenden Kraftwerke entsprechende Menge an Zertifikaten soll vielmehr gelöscht werden. Dies macht die Novelle der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG aus April möglich, die eine solche Anpassung der Mengen vorsieht.
Haben nun alle, was sie wollten? Vordergründig ja, denn die einen bekommen Geld, die anderen einen neuen Job, die Regionen sollen üppig dotiert den Marsch in eine kohlenfreie Zukunft antreten, und sogar der Industrie hat man niedrige Strompreise versprochen. Tatsächlich ist schwer vorstellbar, wie die Quadratur dieses Kreises im Detail aussehen soll. Klar ist aber schon jetzt, dass jeder mögliche Kompromiss mit viel Steuergeld ausgestopft werden wird. In Zeiten boomender Konjunktur mag das ein gangbarer Weg sein, einen gesellschaftlichen Konflikt zu befrieden. Doch es ist unwahrscheinlich, dass der voraussichtlich noch längere Weg bis zum endgültigen Ende der Kohleverstromung stets von übervollen Staatskassen flankiert werden wird.
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