Dünge­recht und Nitratbelastung

Eigentlich war das Dünge­recht erst 2017 refor­miert worden. Doch dann hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) letztes Jahr im Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren gegen Deutschland entschieden, dass die Umsetzung durch die Dünge­ver­ordnung (DüV) nicht ausreicht. Die Vorgaben der europäi­schen Nitra­t­richt­linie  91/676/EWG seien nicht erfüllt. Zunächst war die Bundes­re­gierung noch davon ausge­gangen, dass die Entscheidung durch die jüngste Novel­lierung „überholt“ worden sei. Aller­dings sah die EU-Kommission das anders und hat auf einer weiteren Nachbes­serung beharrt. Seither muss mal wieder angepasst werden. Und zwischen Bund, Ländern und Europäi­scher Kommission werden, bisher ohne abschlie­ßendes Ergebnis, Änderungs­vor­schläge zirkuliert.

Im Kern geht es darum, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um zu verhindern, dass Nitrate aus der Landwirt­schaft in Gewässer oder ins Grund­wasser gelangen. Zum Beispiel geht es um Regeln über das Düngen in Hanglagen, oder auf schnee­be­deckten oder gefro­renen Böden, über zeitliche Begren­zungen des Ausbringens von Festmist oder Obergrenzen bzw. prozen­tuale Reduktion der Stick­stoff­menge pro Hektar. In vielen dieser Punkte hatte der EuGH bereits Mängel angemahnt. Inzwi­schen haben sich die Bundes­mi­nis­terien für Landwirt­schaft und Umwelt auf Verschär­fungen der Regeln geeinigt. Aller­dings stieß der Kompromiss auf wenig Gegen­liebe sowohl bei Wasser- und Umwelt­ver­bänden als auch bei der Landwirt­schaft. Umstritten ist u.a. ob starre Obergrenzen und Reduk­ti­ons­ziele für alle Betriebe gelten oder ob ökolo­gisch wirtschaf­tende Betriebe, die insgesamt ohnehin weniger Stick­stoff eintragen, ausge­nommen sein sollen.

Dass überhaupt Handlungs­bedarf besteht, lässt sich angesichts des Anteils von ca. 90% an Oberflä­chen­ge­wässern, die den guten ökolo­gi­schen Zustand verfehlen, kaum bestreiten. Die Trink­was­ser­qua­lität in Deutschland ist bisher zwar hervor­ragend, was aber auch daran liegen mag, dass die Schad­stoffe erst mit einiger Verzö­gerung den Trink­was­ser­körper erreichen.

2019-09-17T16:10:13+02:0017. September 2019|Allgemein, Umwelt, Wasser|

Antrag des BUND auf Erhöhung der Vorsor­ge­auf­wen­dungen eines Tagebaus

Erst im April dieses Jahres vermeldete Betreiber LEAG die Einmil­li­ardste Tonne Braun­kohle aus dem Tagebau Welzow Süd, aber wenn es nach Klima­schützern geht, wird die Gesamt­för­der­menge wohl nicht mehr deutlich steigen. Doch nicht nur der „große“ Kohle­aus­stieg setzt der LEAG zu. Auf unkon­ven­tio­nellem Wge versuchen BUND und Client Earth, die Wirtschaft­lichkeit des Betriebs zu reduzieren:

§ 56 Abs. 2 BBergG enthält eine Ermäch­tigung an die Bergämter, vom Betreiber Sicher­heiten u. a. für die Nachsorge zu fordern. Wer einmal einen Tagebau gesehen hat, weiß, dass die Nachsorge ein überaus relevanter Punkt ist: Bis aus einem Tagebau ein See geworden ist, muss viel Geld für die Renatu­rierung aufge­bracht werden.

In der gegen­wär­tigen Vorsor­ge­ver­ein­barung ist laut BUND festgelegt, dass bis 2033 770 Mio. EUR angespart sind. Laut BUND und Client Earth sind aber nicht nur drei bis zehn Mrd. EUR – also das Vielfache – erfor­derlich. Es ist ihrer Ansicht nach auch illuso­risch, dass der Tagebau so lange betrieben wird. Schließlich soll laut Kohle­kom­mission zwischen 2022 und 2038 ganz ausge­stiegen werden, und warum solte damit ausge­rechnet dieser Tagebau bis in die Dreißiger Jahre laufen?

Um höhere Sicher­heits­leis­tungen einzu­fordern, hat der BUND einen Antrag beim Landesamt für Geologie, Bergbau und Rohstoffe Brandenburg gestellt, um diesen zu verpflichten, eine viel höhere Sicher­heits­leistung festzusetzen.

Ob der Umwelt­verband hierzu befugt ist, ist umstritten. Schon die Frage, ob das Umwelt­rechts­be­helfs­gesetz überhaupt Anträge dieser Art zulässt, lässt sich trefflich disku­tieren. Aber auch, ob die strenge Einhaltung dieser Norm vom BUND einge­fordert werden kann. Und nicht zuletzt, wie es mit der inhalt­lichen Richtigkeit der Annahme aussieht, die aktuelle Sicher­heits­leistung sei zu niedrig. Insoweit ist der Ausgang eines Rechts­streits durchaus ungewiss. Weit über dieses Verfahren hinaus ist der Antrag aber für Anlagen­be­treiber generell inter­essant: Schon heute sind Umwelt­ver­bände über das Umwelt­rechts­be­helfs­gesetz mächtige Kontra­henten der Betrei­ber­seite, gerade in Geneh­mi­gungs­ver­fahren. Mögli­cher­weise gibt ihnen die Rechtslage noch weitere Instru­mente in die Hand, die Einhaltung des umwelt­be­zo­genen Rechts­rahmens einzufordern.

2019-09-17T01:04:57+02:0017. September 2019|Strom, Umwelt, Verwaltungsrecht|

Über Freiheiten von Autofahrern und Klimaschützern

Zur Zeit tobt mal wieder eine ganz heiße umwelt­po­li­tische Debatte, der wir uns wohl nicht ganz entziehen können. Bei der BILD hieß es heute gewohnt prägnant: „Freiheit oder Klima?“ Als derge­stalt platte Alter­native ging das auch gestan­denen CDU-Bundes­tags­ab­ge­ord­neten wie Ruprecht Polenz zu weit. Der auf Twitter darauf hinwies, man wolle sich ja auch nicht zwischen Vater und Mutter entscheiden müssen.

Tatsächlich überzeugt es bei näherer Betrachtung nicht, Freiheit und Klima­schutz gegen­ein­ander auszu­spielen. Denn wenn das eintritt, was Klima­for­scher befürchten, geht es keineswegs nur um Luxus­pro­bleme einer hyper­sen­siblen, vegan-lakto­se­freien Fraktion von Öko-Hypochondern. Zu befürchten sind vielmehr Umwäl­zungen, von denen die Grund­festen unserer bürger­lichen Freiheiten unter­graben werden. Ganz deutlich wird das für Küsten- und Insel­be­wohner. Sie haben keine Wahl, sie müssen weichen oder zumindest in bisher nicht bekanntem Ausmaß deichen. Letztlich sind jedoch alle von extremen Wetter­ereig­nissen, Überschwem­mungen, Dürren, Wirbel­stürmen oder Hitze­wellen betroffen. Dadurch werden die Möglich­keiten zu einem selbst­be­stimmten und planbaren Leben ganz unmit­telbar eingeschränkt.

Aber um nun noch mal konkret zu werden: Sollte man deshalb jetzt SUVs verbieten? Oder geht dann die Freiheit flöten? Auch hier ist die Alter­native mögli­cher­weise trüge­risch. Denn einer­seits kann Freiheit auch beanspruchen, wer von übermäßig breiten Kraft­fahr­zeugen zugeparkte Bürger­steige benutzen will. Oder wer, wie oben gesagt, begründete Sorgen um seine Wahlmög­lich­keiten in nicht allzuf­erner Zukunft hat. Anderer­seits stellt sich aus recht­licher Sicht die Frage nach der Verhält­nis­mä­ßigkeit eines solchen Verbotes: Können die Ziele eines SUV-Verbots nicht auch auf andere, effek­tivere und weniger eingrei­fende Weise erreicht werden?

Tatsächlich wären, was den Klima­schutz angeht, höhere Kosten für CO2 das Mittel der Wahl, durch eine CO2-Steuer oder durch Einbe­ziehung des Verkehrs in den Emissi­ons­handel. Was den hohen Platz­bedarf der SUVs angeht, würden in den Innen­städten vielleicht schon ganz pragma­tische Maßnahmen der Parkraum­ver­knappung helfen. Sinnvoll wäre es mögli­cher­weise, einen Großteil der Parkplätze für Fahrzeuge unter 2 m Breite zu reser­vieren. Dann haben sowohl die Autofahrer einen Freiheits­gewinn, die weniger öffent­lichen Raum für sich in Anspruch nehmen als SUV-Fahrer, als auch Fußgänger und Fahrrad­fahrer, da die ihnen schmalere Parkstreifen zu Gute kommen könnten. Beschweren könnten sich die SUV-Fahrer nicht darüber, etwas länger nach einem für sie geeig­neten Parkplatz zu suchen. Denn mit Freiheit korre­spon­diert immer auch Verant­wortung. Und wer mehr von öffent­lichen Gütern beansprucht, muss auch mehr dafür tun.

2019-09-13T17:23:05+02:0013. September 2019|Allgemein, Umwelt, Verkehr|