Garan­tiert … problematisch

Ein klassi­sches juris­ti­sches Problem für den Strom- und Gasver­trieb sind immer wieder die zutref­fenden Formu­lie­rungen von Preis­ga­rantien. Diese sind natürlich beliebt, denn Verbraucher möchten wissen, welchen Kosten sie für Strom und Gas zu erwarten haben.

Problem an der ganzen Sache aus Unter­neh­mens­sicht aller­dings: Der für ein Unter­nehmen beein­flussbare Teil des Strom­preises macht regel­mäßig weit weniger als die Hälfte dessen aus, was der Verbraucher am Ende für die Kilowatt­stunde bezahlt. Das weiß der Versorger auch, denn er ist ja vom Fach. Da viele Versorger das Risiko von Erhöhungen dieser unbeein­fluss­baren Kosten nicht übernehmen wollen, geben sie nur mehr oder weniger einge­schränkte Preis­ga­rantien ab.

Viele Verbraucher wissen jedoch keineswegs, wie sich der Strom­preis zusam­men­setzt. Wenn sie etwas von „volle Kosten­kon­trolle“ oder „garan­tiertem Preis“ lesen, nehmen sie deswegen an, es gehe um den Endpreis. Wie es mit den Strom­preise steht, hat sich nämlich trotz der vielen Aufklä­rungs­pflichten v. a. nach § 42 EnWG nicht herum­ge­sprochen. Faktisch liest niemand seine Strom­rechnung ganz.

Vollmundige oder auch nur ungenaue Beschreibung dessen, was garan­tiert wird, sind deswegen riskant. Denn § 5 Abs. 1 UWG verbietet irrefüh­rende geschäft­liche Handlungen, wozu eben auch Werbe­slogans oder Tarif­be­schrei­bungen gehören. Diese sind – kosten­pflichtig – abmahnbar, einer­seits durch die Konkurrenz, anderer­seits durch (die den Energie­markt recht genau beobach­tenden) Verbraucherschutzverbände.

Wie macht man es aber richtig? Klar ist: Der Verbraucher muss eindeutig erkennen können, auf welche Preis­be­stand­teile sich die Garantie bezieht. Und damit eben auch: Auf welche nicht. Das verbietet dem Versorger nicht den eingän­gigen Slogan im Sinne eines Blick­fangs. Aber er muss durch einen Stern­chen­hinweis in unmit­tel­barer Nähe klarstellen, auf welche Preis­be­stand­teile sich seine Garantie bezieht. Diese Darstellung wiederum hat so schnör­kellos auszu­fallen, dass ein Durch­schnitts­ver­braucher erkennen kann, wie sicher in der Abschluss­preis ist. Beim Durch­schnitts­ver­braucher wiederum ist gerade nicht an jemanden zu denken, der (wie ein Vertriebs­leiter eines Energie­ver­sorgers…) sich seit Jahren mit der Materie beschäftigt. Man liegt oft nicht weit daneben, wenn man beim Durch­schnitts­ver­braucher an seine Eltern oder seine Sport­ka­me­raden denkt. Manche Aussage, die den Verant­wort­lichen zuvor klar wie Kloßbrühe erschienen ist, zeigt sich sodann in ganz anderen Licht.

Sie möchte ihre Preis­ga­rantien im beson­deren und/oder ihre Tarif­be­schrei­bungen für Strom, Gas oder Wärme generell überprüfen lassen ? Einen Check ihre Werbe­ma­te­rialien übernehmen wir gerne. Für ein unver­bind­liches Angebot mailen Sie uns bitte an.

2019-09-30T19:24:35+02:0030. September 2019|Allgemein, Gas, Strom, Vertrieb, Wärme|

Ein neuer Anlauf für mehr Mieterstrom

Ist eigentlich irgendwer mit dem Klima­paket zufrieden? Wenn die Reaktionen der Verbands­land­schaft die der Wirtschaft einiger­maßen 1:1 abbilden, ist quasi jede Branche  enttäuscht von dem Paket, das die Bundes­re­gierung geschnürt hat. Und im ZDF-Polit­ba­ro­meter geben nur 20% an, das Paket sei genau richtig. Alle anderen finden es zu weitgehend (13%) oder nicht weitgehend genug (53%).

Die Unzufrie­denheit betrifft nicht nur das große Thema CO2-Preis. Sondern auch die vielen kleinen, aber am Ende vielleicht entschei­denden einzelnen Instru­mente. Unter anderem haben sich viele – wir auch – konkrete Verbes­se­rungen beim Thema Mieter­strom gewünscht. Die Belie­ferung von Mietern mit Solar­strom vom Dach ihres Wohnhauses ist nämlich bisher alles andere als ein Erfolg. Dabei ist die Grundidee überzeugend: Der Mieter zahlt maximal 90% des Grund­ver­sor­ger­preises, und weil der Strom vor Ort bleibt und nicht das Stromnetz belastet, fallen keine Netzent­gelte an, und damit entfallen auch einige netzseitige Umlagen. Zusätzlich zu diesen Vorteilen gibt es noch einen flexiblen Zuschlag für die Anlagen, die maximal 100 kW aufweisen dürfen und nach dem 24. Juli 2017 in Betrieb gegangen sein müssen (ausführ­licher haben wir den Mieter­strom­zu­schlag hier beschrieben).

Trotz dieser gute Idee wurde bisher kaum ein Mieter­strom­projekt umgesetzt. Warum? Zu viel Bürokratie und Behin­de­rungen bei Quartier­strom­mo­dellen, die über das einzelne Haus hinaus­gehen. Die Kürzung der Vergütung für Solar­an­lagen auf Dächern hat den Zuschlag zudem so weit reduziert, dass Anlagen sich meistens nicht mehr rechnen.  Bisherige Versuche, das Modell zu refor­mieren, blieben erfolglos.

Sieben Verbände – darunter der bne und die DUH, aber auch Verbände der Wohnungs­wirt­schaft –  haben sich nun zusam­men­getan, um dies zu ändern. Sie fordern eine Reihe von Reformen, um den Mieter­strom endlich auf die Spur zu setzen:

Zunächst soll für Mieter­strom keine EEG-Umlage mehr anfallen. Weiter soll wohl gesetzlich festgelegt werden, dass ein erheb­licher Teil der Erspar­nisse tatsächlich die Mieter erreicht, auch die, die nicht Mieter­strom beziehen. Hier ist nicht ganz klar, wie dies praktisch aussehen soll. Gefordert wird weiter eine Ausweitung auf Quartiers­mo­delle, also Nachbar­schaften. Dies ist ausge­sprochen sinnvoll, weil die heute geltenden Beschrän­kungen Mieter­strom­mo­delle praktisch nur dort zulassen, wo sie kaum wirtschaftlich betrieben werden können. Mehr Modelle ermög­lichen soll auch eine weitere Definition des gesetzlich gefor­derten „unmit­tel­baren räumliche Zusam­men­hangs“, der heute viele an sich attraktive Modelle verhindert.

Gefordert wird weiter eine Reform der gewer­be­steu­er­lichen Regelungen, die sich prohi­bitiv auswirken. Die Geneh­migung soll in zwei Monaten ergehen, und Dritte sollen als Contractor auftreten können.

Insgesamt ein rundes Paket. Viel spricht dafür, dass seine Umsetzung tatsächlich dazu führen würde, dass das Aufdach­po­tential bei vermie­teten Wohnge­bäuden besser genutzt werden könnte. Hier ist nun die Bundes­re­gierung am Zug, bei ihrer Umsetzung des Klima­pakets die Vorschläge, die so ähnlich auch schon andere Verbände wie der VKU geäußert haben, aufzugreifen.

2019-09-27T13:20:05+02:0027. September 2019|Erneuerbare Energien, Strom|

Gutachten über ökolo­gische Sachzwänge und Demokratie

Der Sachver­stän­di­genrat für Umwelt­fragen (kurz: SRU oder Umweltrat) hat gestern in Berlin ein im Juni diesen Jahres veröf­fent­lichtes Sonder­gut­achten vorge­stellt und disku­tiert: „Demokra­tisch regieren in ökolo­gi­schen Grenzen – Zur Legiti­mation von Umwelt­po­litik“. Kurz gesagt geht es um die derzeit sehr aktuelle Frage, wie Umwelt­po­litik sowohl wissen­schaftlich fundiert als auch demokra­tisch legiti­miert werden kann. Am Anfang steht die Diagnose, dass sowohl weltweit als auch in Deutschland selbst verschiedene ökolo­gisch Belas­tungs­grenzen überschritten werden. Neben dem Klima sind vor allem der Stick­stoff­haushalt und die Biodi­ver­sität betroffen. Ziel des Gutachtens sind Vorschläge zur Reform des Gesetz­ge­bungs­pro­zesses und der ressort­über­grei­fenden Abstimmung.

Die Einleitung übernahm die Vorsit­zende des SRU, Claudia Hornberg, Profes­sorin für Umwelt­me­dizin in Bielefeld. Deutschland habe zahlreiche anspruchs­volle Umwelt- und Nachhal­tig­keits­ziele. Im politi­schen Alltag gerate ihre Umsetzung jedoch häufig ins Hintertreffen.

Zum natur­wis­sen­schaft­lichen Hinter­grund der Belas­tungs­grenzen referierte der Rat Wolfgang Lucht, Professor für Erdsys­tem­analyse aus Potsdam. Er wies auf das Vorsor­ge­prinzip und die Bedroh­lichkeit der Risiken bei der Überschreitung plane­tarer Grenzen hin. Die Menschheit bewege sich in vieler Hinsicht ökolo­gisch auf „dünnem Eis“. Es sei zwar oft unklar, wo Kippunkte mit katastro­phalen Folgen seien, es sei aber klar, dass eine ungebremste Überschreitung fatale Folgen haben würde. Daher kommt es darauf an, Bereiche sicheren Handelns, eine Zwischenzone noch tolerier­barer Risiken und eine Zone unver­ant­wort­licher Gefahr zu definieren.

Christian Calliess, Professor für Europa- und Umwelt­recht von der Freien Univer­sität schloss sich mit verfas­sungs­recht­lichen Überle­gungen an. Zum einen ging es dabei um die verfas­sungs­recht­liche Begründung von Umwelt­po­litik, die sich aus der Menschen­würde und – was oft übersehen werde – auch aus den Freiheits­rechten herleiten lasse. Bezogen auf die von Wolfgang Lucht aufge­zeigten absoluten Belas­tungs­grenzen ging es Calliess um die Begründung eines ökolo­gi­schen Existenz­mi­nimums und korre­spon­die­renden Schutz­pflichten des Staates. Um Umwelt­ka­ta­strophen abzuwenden, wäre der Staat an ein sogenanntes Unter­maß­verbot gebunden, das heißt demnach gibt es verfas­sungs­rechtlich eine Mindest­aus­stattung an Maßnahmen die zu ihrer Abwendung einge­leitet werden müssen. Schließlich ging Christian Calliess auch auf rechts­po­li­tische Forde­rungen des Umweltrats ein. Viele der Forde­rungen orien­tieren sich an Instru­menten, die bereits aus der Finanz­ver­fassung (Stichwort: „Schul­den­bremse“) bekannt sind.

So soll so wie bisher das Finanz­mi­nis­terium in finan­zi­ellen Fragen auch das Umwelt­mi­nis­terium in umwelt­po­li­ti­schen Fragen ein Vetorecht im Gesetz­ge­bungs­prozess bekommen. Zusätzlich soll nach den Vorstel­lungen des SRU ein Nachhal­tig­keitsrat einge­richtet werden, der im Gesetz­ge­bungs­prozess ein suspen­sives Vetorecht hat. Dadurch sollen Gesetz­ge­bungs­vor­haben für eine dreimo­natige Bedenkzeit ausge­setzt werden. Die Vorschläge des Umwelt­rates wurden anschließend von Ernst Ulrich von Weizsäcker und Patrizia Nanz kommen­tiert und in einer Podiums­dis­kussion erörtert.

2019-09-26T12:09:15+02:0026. September 2019|Allgemein, Umwelt|