Altes Wasser­recht, neue Turbine

Alte Wasser­mühlen sind nicht nur kultur­his­to­risch als Denkmale, sondern auch als Quellen erneu­er­barer Energie inter­essant. Oft geht die Geschichte einzelner Mühlen bis ins Mittel­alter zurück. Verbunden damit sind oft alte Rechte zur Gewäs­ser­be­nutzung, so dass sich die Frage stellt, ob sich tradi­tio­nelle Mühlen­standorte nicht auch für die Wasser­kraft eignen. Tatsächlich sind  gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) Nutzungen auf der Grundlage alter Rechte ohne erneute Erlaubnis oder Bewil­ligung möglich.

Dass dies jedoch trotzdem häufig Schwie­rig­keiten bereitet, zeigt eine Entscheidung des Bayeri­schen Verwal­tungs­ge­richtshofs vom Dezember letzten Jahres. Darin geht es um einen Standort, an dem sich bereits seit dem 15. Jahrhundert Wasser­mühlen befanden. Im Wasserbuch war für den Standort zuletzt 1969 ein altes Recht einge­tragen worden.

Dazu kurz als Erläu­terung: Im Wasserbuch werden gemäß 87 WHG ähnlich wie im Grundbuch orts- bzw. gewäs­ser­be­zogen Rechte einge­tragen. Es hat aller­dings anders als das Grundbuch nach § 87 Abs. 3 WHG keine rechts­be­grün­dende oder rechts­än­dernde Funktion.

Das 1969 einge­tragene Recht bezog sich zum Betrieb einer Mahlmühle auf ein sogenanntes unter­schläch­tiges Zuppinger Rad. Es handelte sich dabei um einen bestimmten Typ großer hölzerner Mühlen­räder, der von einem Schweizer Ingenieur Mitte des 19. Jahrhun­derts erfunden worden war. 1992 wurde in die Mühle dann aber statt des hölzernen Laufrades eine Francis-Turbine zum Zweck der Strom­erzeugung eingebaut.

Daher widerrief das zuständige Landratsamt 2016 die im Jahr 1969 einge­tragene altrecht­liche Zulassung vollständig und ohne Entschä­digung. Begründet wurde dies mit § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3 WHG. Demnach können alte Rechte und Befug­nisse ohne Entschä­digung wider­rufen werden, wenn sie:

# länger als drei Jahre nicht ausgeübt wurden oder

# die Benutzung mit der im Recht vorge­se­henen Zweck­be­stimmung nicht mehr übereinstimmt.

Das Verwal­tungs­ge­richt Ansbach hatte die Klage gegen diese Entscheidung des Amtes bereits abgewiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof ließ die Berufung in seinem Beschluss nicht zu, geht aber dennoch ausführlich auf die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts ein. Er gab dem Kläger nur insoweit recht, als trotz des Einbaus der Turbine und der gewerb­lichen Strom­erzeugung keine Unter­bre­chung des Mühlbe­triebes vorläge. Die alten Rechte seien auch mit geänderter Zweck­be­stimmung weiter im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WHG ausgeübt worden. Auch Änderung der Zweck­be­stimmung begründet jedoch den Widerruf der alten Rechte. Den Kläger dürfte diese Variante in der Begründung wenig getröstet haben, da sich im Ergebnis nichts ändert.

Für uns wäre die Entscheidung der Fallva­riante inter­essant, in der das Zuppinger Mühlrad zum Zweck der gewerb­lichen Strom­erzeugung betrieben wird. Wäre dies noch vom ursprüng­lichen Zweck des Mühlbe­triebes gedeckt gewesen? Sollte die Recht­spre­chung dies verneinen, würden alte Mühlen­rechte, die sich nur selten auf Strom­erzeugung beziehen werden, in der Regel leerlaufen. Es sei denn, die Zweck­be­stimmung war im Wasserbuch offen genug einge­tragen (Olaf Dilling).

 

 

2020-03-05T10:35:55+01:005. März 2020|Erneuerbare Energien, Verwaltungsrecht, Wasser|

Abwär­me­nutzung: Drei in einem Streich

Vor ein paar Tagen erreichte uns die Meldung, dass in Hamburg eine große Wärme­pumpe zur Nutzung zur Abwärme des städti­schen Klärwerks gebaut werden soll. In dieser Anlage wird nicht nur das Abwasser der Hamburger, sondern auch das von Nachbar­ge­meinden gereinigt. Ermög­licht werden solche Projekte in Zukunft wohl auch durch neue Förder­mög­lich­keiten für die Nutzung von Abwärme aus Kläran­lagen im Gesetz­entwurf für den Kohle­aus­stieg, durch den das Kraft-Wärme-Kopplungs­gesetz (KWKG) entspre­chend ergänzt werden soll. Das ist einer­seits ein Beitrag zur Wärme­wende, anderer­seits verhindert es, dass die Abwärme in den Fluss gelangt.

Rechtlich ist das Einleiten von zwar geklärten, aber warmen Abwässern oder Kühlwasser von Kraft­werken in Gewässer nämlich nicht unpro­ble­ma­tisch. Denn wasser­rechtlich stellt dies eine Benutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) dar. Es muss daher gemäß § 8 Abs. 1 WHG zugelassen werden. Eine entspre­chende Erlaubnis muss den Anfor­de­rungen des § 57 Abs. 1 WHG genügen. Darin wird zum einen auf die Anfor­de­rungen an Gewäs­ser­ei­gen­schaften verwiesen, die letztlich das Gewässer als Ökosystem schützen sollen. Zum anderen darauf, die Schäden durch die Einleitung nach dem Stand der Technik möglichst gering zu halten.

Wenn die Idee mit der Wärme­pumpe Schule macht, wäre das bei Abwärme von Kraft­werken in dreifacher Hinsicht sinnvoll: Weil es der Kühlung dient, der effizi­enten Energie­nutzung und dem Gewäs­ser­schutz (Olaf Dilling).

2020-03-03T16:26:18+01:0025. Februar 2020|Naturschutz, Umwelt, Wärme, Wasser|

Wasser­recht­liche Erlaubnis für Trianel Lünen rechtswidrig

Das Verwal­tungs­ge­richt (VG) Gelsen­kirchen hat am 14. Januar 2020 erneut über das Kraftwerk der Trianel in Lünen geurteilt. Diesmal geht es aber nicht um die Geneh­migung für Bau und Betrieb des Kraft­werks, die immer noch isoliert beklagt wird. Sondern um die wasser­recht­liche Erlaubnis, rund 60.000 m³ Abwasser aus Kühlturm und Rauch­gas­ent­schwe­fe­lungs­anlage über eine Abwas­ser­leitung in ein Fließ­ge­wässer einzu­leiten. Der Umwelt­verband BUND meint, dass diese Einleitung das Gewässer unzulässig verun­rei­nigen würde und gegen die Wasser­rah­men­richt­linie verstoßen würde. Die Klage läuft seit 2014.

Nach Ansicht des VG Gelsen­kirchen ist die wasser­recht­liche Einlei­tungs­er­laubnis nun tatsächlich rechts­widrig. Doch das Gericht hat den Bescheid nicht wegen der vom BUND vorge­tra­genen Gründe aufge­hoben. Sondern aus formellen Gründen: Der Bescheid stammt von der Bezirks­re­gierung Arnsberg, nach Ansicht des VG war aber der Kreis Unna als untere Wasser­be­hörde für den Erlass zuständig.

Das Gericht hat die Berufung nicht zugelassen. Das bedeutet, dass man eine Überprüfung der Entscheidung durch das OVG Münster nur auf ein Berufungs­zu­las­sungs­ver­fahren hin erreichen kann. Dieses Verfahren ist in § 124a VwGO geregelt. Dessen Abs. 4 ordnet an, dass die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollstän­digen Urteils beantragt und innerhalb eines weiteren Monats begründet werden muss. Solche Anträge sind aller­dings eher selten (aber durchaus nicht nie) erfolgreich.

Es ist anzunehmen, dass Trianel nicht nur versucht, sich den Weg zu einer endlch gesicherten Rechtslage über die Berufungs­zu­lassung freizu­kämpfen. Sondern notfalls auch eine neue wasser­recht­liche Einlei­tungs­er­laubnis beantragen wird, diesmal beim Kreis Unna. Doch ebenso sicher ist davon auszu­gehen, dass der BUND nicht locker lässt, bis er eine unanfechtbare gericht­liche Entscheidung über seine Position herbei­ge­führt hat. Das könnte dann aller­dings wiederum Jahre in Anspruch nehmen, denn ein neuer Besched bedeutet auch ein neues Wider­spruchs­ver­fahren, eine neue Klage und daran anknüpfend mnögli­cher­weise erneut mehrere Instanzen. Während dieser Zeit läuft das Kraftwerk zwar, aber die Rechts­po­sition bleibt ungesi­chert und es fallen fortlaufend Kosten an, die den Betrieb belasten (Miriam Vollmer).

2020-01-17T18:19:18+01:0017. Januar 2020|Strom, Umwelt|