KWKG ist keine Beihilfe: Zu EuG, Urt. v. 24.01.2024, T‑409/21
Ist das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) eine Beihilfe? Und wie sieht es mit Begrenzungen der Umlage nach dem KWKG für einzelne Unternehmen aus, konkret für Wasserstoffhersteller? Darüber hatte das Europäische Gericht (EuG) zu entscheiden, weil die Bundesregierung gegen einen Beschluss der Europäischen Kommission vorgegangen war, die das deutsche KWKG 2021 als Beihilfe eingestuft hatte.
Die Bundesregierung sah das anders. Das KWKG fördert die Stromerzeugung in hocheffizienter KWK durch Zuschläge und gewährt Zuschüsse für Wärme- und Kältespeicher und ‑netze, wobei die Förderungen durch ein Umlageverfahren über die Netzbetreiber finanziert werden. Die KWK-Umlage beträgt aktuell 0,275 ct/kWh. Diese Umlage entfällt aber nicht auf alle letztverbrauchten Mengen, weil es Privilegierungen gibt, u. a. die für Wasserstofferzeuger, um die es auch in diesem Verfahren ging.
Das Argument der Bundesregierung ist aus dem langen Rechtsstreit mit der Kommission über die letztes Jahr abgeschaffte EEG-Umlage wohlbekannt: Die Förderung stelle keine staatliche Maßnahme dar, denn sie werde nicht aus staatlichen Mitteln gewährt. Das bedeutet nicht, dass es sich zwangsläufig um Geld aus der eigentlichen Staatskasse handeln muss. Aber der Staat muss das Geld kontrollieren.
An diesem Kriterium ist die Position der Kommission am Ende gescheitert. Das KWKG bestimmt nur verbindlich, wie den Förderberechtigten Gelder zu gewähren sind, aber nicht, wie diese erhoben werden. Die Netzbetreiber müssen die abzuführende Umlage schließlich nicht erheben, es ist üblich, aber nicht obligatorisch, so dass es sich nicht um eine Steuer o. ä. handelt. Außerdem kontrolliert die Verwaltung die Gelder auch nicht, denn sie kann über diese nicht wie über eigenes Geld verfügen. Hier knüpft das Gericht an die Preussen Electra Rechtsprechung an, nach der schon die deutsche EEG-Förderung per Umlage gerade keine Beihilfe darstellte. Im Ergebnis sind damit weder das deutsche KWKG noch die Begrenzung der KWK-Umlage als Beihilfen zu betrachten, so dass keine Beihilfenkontrolle durch die Kommission stattzufinden hat (Miriam Vollmer).
Datteln IV: Von Münster nach Leipzig und zurück
Umweltrechtler wissen, es gibt in Deutschland ein Umweltrecht vor und nach „Trianel“.(Das Urteil des EuGH vom 12.05.2011 finden Sie hier). Anhand des Kohlekraftwerkprojekts aus Lünen (bzw. mit Bezug dazu) wurden viele Aspekte des deutschen Verwaltungsprozessrechts und der Klagebefugnis von Umweltverbänden durchexerziert, angefangen von der Schutznormtheorie bis hin zur Präklusion und der Beweislast. „The fish cannot go to Court“ und der Vergleich des deutschen Verwaltungsprozessrechts zu einem Ferrari, für den man keinen Schlüssel habe und der daher zwar schön, aber nutzlos sei, sind geflügelte Aphorismen im Umweltrecht geworden. Doch es gibt nicht nur Trianel, gegen das weiterhin Verfahren laufen. Es gibt auch noch Datteln IV, das jüngste Kohlekraftwerk der Republik.
An dieser Stelle wurde bereits ein Kasten Bier darauf verwettet worden, dass der 1.050 MW Monoblock der Uniper doch wohl vor dem Aus stehen würde. Das OVG Münster hatte schließlich mit drei Urteilen vom 26.08.2021 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 105a für den Block Datteln IV für nichtig erklärt und damit die gemeindliche Absicht der Stadt Datteln durchkreuzt, endlich einen wirksamen Bebauungsplan für das Kraftwerk aufzustellen. Ohne die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage geht es schließlich nicht und diesbezüglich sah es tatsächlich zuletzt sehr eng aus. Nach Ansicht des OVG Münster sei die regionalplanerische Standortfestlegung fehlerhaft gewesen. So hat das OVG angenommen, dass der Suchraum für alternative Standorte auf den gesamten Zuständigkeitsbereich des Regionalverbands Ruhr zu erstrecken sei. Man hätte also auf einer viel größeren Fläche nach einem Standort für ein Kraftwerk suchen müssen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist dem nun nicht gefolgt und hat die angefochtenen Urteile mit Urteilen vom 07.12.2023 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das OVG zurückverwiesen. Aus Sicht der Leipziger Bundesrichter habe das OVG den Bebauungsplan mit rechtlich nicht tragfähigen Erwägungen für unwirksam erklärt. Damit hat sich Datteln IV – ein wenig wie Baron Münchhausen – am eigenen Schopfe aus dem Sumpf gezogen. Ein Klageverfahren gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von 2017 beim OVG Münster gibt es indes auch noch. Dieses ruhte jedoch im Hinblick auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Wie es also mit Datteln IV weitergeht, bleibt abzuwarten (genauso wie die schriftlichen Urteilsgründe des Bundesverwaltungsgerichts). Es ist inzwischen jedoch gut möglich, dass das Kraftwerk doch noch – wie geplant – bis 2038 laufen wird.