Eine Verkehrs­wende hin zu nachhal­tiger Mobilität muss Inter­essen von Menschen mit Behin­de­rungen berück­sich­tigen und dazu zählen auch mobili­täts­ein­ge­schränkte Autofah­re­rinnen und Autofahrer. Nun könnte man denken, die seien die eigent­lichen Verlierer einer Verkehrs­po­litik, die den Fokus weg vom motori­sierten Indivi­du­al­verkehr lenkt. Tatsächlich muss das gar nicht so sein, im Gegenteil.

Das liegt daran, dass gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO bezüglich der meisten den Kfz-Verkehr einschrän­kenden Regelungen in bestimmten Einzel­fällen Ausnah­me­ge­neh­mi­gungen erteilt werden können. Das heißt, dass Menschen, die aus physi­schen Gründen also wegen einer körper­lichen oder senso­ri­schen Behin­derung auf ein Kraft­fahrzeug angewiesen sind, es auch weiterhin so nutzen können, dass ihnen weite Wege erspart bleiben.

Parkplatz mit Rollstuhlsymbol

Daher ist das oft zu hörende Argument, dass autofreie Innen­städte wegen der Mobili­täts­be­dürf­nisse von Behin­derten nicht möglich seien, in vielen Fällen vorge­schoben. Im Gegenteil ist es eher die mangelnde faktische Verfüg­barkeit von wohnort- oder zielnahen Parkplätzen, die mobili­täts­ein­ge­schränkten Autofahrern zu schaffen macht.

Insbe­sondere können Menschen mit einer außer­ge­wöhn­lichen Gehbe­hin­derung, aber auch anderen Behin­de­rungen gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO bei der zustän­digen Straßen­ver­kehrs­be­hörde eine Ausnah­me­ge­neh­migung, den sogenannten blauen EU-Parkausweis beantragen. Voraus­setzung für die Anerkennung einer außer­ge­wöhn­lichen Gehbe­hin­derung ist, dass sie sich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraft­fahr­zeugs bewegen können.

Dieser Ausweis berechtigt sie dann unter anderem dazu:

  • mit einem Rollstuhl­fah­rer­symbol besonders gekenn­zeich­neten Sonder­park­plätzen zu nutzen,
  • bis zu drei Stunden im einge­schränkten Halte­verbot (sog. “Parkverbot”, VZ 286) oder in Bewoh­ner­park­zonen zu parken,
  • zulässige Parkzeiten zu überschreiten,
  • Fußgän­ger­zonen mit Ausnahmen für Be- und Entladen zu nutzen,
  • in verkehrs­be­ru­higten Zonen außerhalb der ausge­wie­senen Parkflächen zu parken.

Zudem können Inhaber des Ausweises auf Antrag auch einen besonders gekenn­zeich­neten perso­nen­be­zo­genen Stell­platz in unmit­tel­barer Nähe der Wohnung oder der Arbeits­stätte des Berech­tigten im öffent­lichen Verkehrsraum reser­vieren lassen. Insgesamt sollte darauf geachtet werden, ausrei­chend Sonder­park­plätze zur Verfügung zu stellen.

An diesen Möglich­keiten zeigt sich, dass eine Reduzierung und Einschränkung der legalen Parkmög­lich­keiten für Menschen mit Behin­de­rungen sehr viel mehr Möglich­keiten zur Teilhabe bietet. Denn sie sind von den Verboten entweder gar nicht betroffen oder sie lassen ihnen weiterhin ausrei­chend Spielraum. Insgesamt dürfte es für sie leichter werden, nahe gelegene und kostenlose Parkmög­lich­keiten zu finden. Es ist daher unzutreffend, dass Beschrän­kungen des Kfz-Verkehrs prinzi­piell zu Lasten von Menschen mit Behin­de­rungen gehen.

Um die Teilhabe am Kraft­fahr­zeug­verkehr zu gewähr­leisten, sollten Kommunen bei der Stadt- und Verkehrs­planung aber dennoch darauf achten, dass ausrei­chend Sonder­park­plätze bereit­ge­stellt werden. Außerdem sollten Zufahrten zu Fußgän­ger­zonen nach Möglichkeit freige­halten werden, um den Zugang für Menschen mit Behin­derung zu ermög­lichen (Olaf Dilling).