Bepreisen statt Verbieten? Das Wahlpro­gramm der FDP im Bereich Mobilität

Die FDP behauptet inzwi­schen von sich (wie übrigens fast alle Parteien), in ihrem Wahlpro­gramm den Klima­schutz am konse­quen­testens umzusetzen. Zugleich wenden sie sich strikt gegen Verbote, insbe­sondere Tempo­limits oder Diesel­fahr­verbote, und gegen die Förderung bestimmter Antriebs­tech­no­logien. Wie passt das zusammen?

Nun, die FDP setzt auf eine Ausweitung des Emissi­ons­handels im Bereich Mobilität. Dadurch sollen die auf der Pariser Klima­kon­ferenz getrof­fenen Festle­gungen erreicht werden. Was daraus konkret für ein Fahrplan für Diesel- und Benzin­preise resul­tiert, wurde von der FDP bislang nicht ausbuch­sta­biert. Vielleicht auch besser so für die Partei: Denn ihre Wähler­schaft würde erwar­tungs­gemäß empfindlich reagieren, wenn das Autofahren wirklich teurer werden soll. Selbst für einige poten­tielle Wähler der Grünen waren die angekün­digten 16 Cent Benzin­preis­er­höhung bis 2023 offenbar ein wichti­gerer Grund, doch einer anderen Partei die Gunst zu schenken, als alle Skandale der grünen Kanzler­kan­di­datin zusammengenommen.

Dabei trifft die Erhöhung der Kosten für fossile Brenn­stoffe die typische FDP-Wähler­schaft noch am wenigsten. Denn die Steuerung über das Preis­signal macht natur­gemäß denje­nigen Bürgern am härtesten zu schaffen, die am knappsten kalku­lieren müssen. Demge­genüber treffen Verbote, jeden­falls wenn sie streng kontrol­liert werden, alle Bürger gleich. Daher ist zu vermuten, dass die FDP mit ihrem Konzept der Bepreisung statt der Verbote sich kaum in einer Koali­ti­ons­re­gierung durch­setzen wird.

Im Übrigen bietet das Wahlpro­gramm der FDP wenig Anhalts­punkte für eine Verkehrs­wende: Der öffent­liche Verkehr kommt so gut wie gar nicht darin vor. Techno­logien wie Hyperloop, autonomes Fahren und Flugtaxis sollen gefördert werden, was sich ein bisschen mit der Vorstellung der Techno­lo­gie­of­fenheit beißt. Insbe­sondere hat die FDP in ihrem Programm keine Lösung für die Frage anzubieten, wie sich trotz einer Bevor­zugung des motori­sierten Indivi­du­al­ver­kehrs der drohende Verkehrs­kollaps in den Städten abwenden lässt (Olaf Dilling).

2021-08-10T21:33:39+02:0010. August 2021|Allgemein, Verkehr|

BesAR und Insolvenz: Zu VG FFM v. 11.05.2021 (5 K 2097/18.F)

Im Januar 2015 meldete ein Unter­nehmen, das Sicher­heitsglas herstellt, Insolvenz an. Die Fabrik wurde im April 2015 mit allem Zubehör bis auf das Grund­stück verkauft. Die früheren Mitar­beiter übernommen. Im Juni beantragt der neue Investor frist­gemäß die Begrenzung der EEG-Umlage (hier kurz erläutert) und stützte diesen Antrag auf die Daten des insol­venten früheren Stand­ort­be­treibers aus den Geschäfts­jahren 2013 und 2014.

Nun kann sich ein Unter­nehmen nicht in jedem Fall auf Daten eines Vorgän­ger­un­ter­nehmens am Standort berufen. Die Begrenzung der EEG-Umlage (genauer zur besAR hier) ist keine anlagen­be­zogene Privi­le­gierung. Sondern nur dann, wenn die Voraus­set­zungen einer Umwandlung im Sinne des EEG vorliegt. Dieser Begriff ist zwar weiter als der gesell­schaft­liche Umwand­lungs­be­griff. Aber in diesem Fall meldete das zuständige BAFA umgehend Bedenken an. Denn die Voraus­set­zungen beschreibt der damals geltende § 67 Abs. 1 EEG 2014 wie folgt:

Wurde das antrag­stel­lende Unter­nehmen in seinen letzten drei abgeschlos­senen Geschäfts­jahren vor der Antrag­stellung oder in dem danach liegenden Zeitraum bis zum Ende der materi­ellen Ausschluss­frist umgewandelt, so kann das antrag­stel­lende Unter­nehmen für den Nachweis der Anspruchs­vor­aus­set­zungen auf die Daten des Unter­nehmens vor seiner Umwandlung nur zurück­greifen, wenn die wirtschaft­liche und organi­sa­to­rische Einheit dieses Unter­nehmens nach der Umwandlung nahezu vollständig in dem antrag­stel­lenden Unter­nehmen erhalten geblieben ist“

Hatte sich der Investor wirklich „umgewandelt“, als er den Standort gekauft hatte? Oder – so sah es das BAFA in seinem Ableh­nungs­be­scheid vom 30. März 2016 – doch eher eine Neugründung ohne eine solche Konti­nuität? Diese Diffe­ren­zierung ist alles andere als rein akade­misch. Denn ohne Umwandlung kann nicht auf die Stand­ort­daten zurück­ge­griffen werden, sondern es muss wie bei Neugrün­dungen auf ein Rumpf­ge­schäftsjahr abgestellt werden.

Einfach umschwenken konnte das Unter­nehmen aber nicht mehr, denn dafür war die Ausschluss­frist bereits abgelaufen. Das Unter­nehmen zog also nach erfolg­losem Wider­spruchs­ver­fahren 2018 zu Gericht. Das VG FFM aber wies die Klage mit Datum vom 11. Mai 2021 ab.

Firma, Fabrik, Produktion, Maschine Produktionslinie

Wie bereits das BAFA stellte sich das Gericht auf den Stand­punkt, dass keine Umwandlung vorliegt, sondern eine Neugründung. Hierbei stützt sich der Richter auf die Legal­def­nition in § 5 Nr. 32 EEG 2014, wo die Umwandlung bestimmt wird als

jede Umwandlung von Unter­nehmen nach dem Umwand­lungs­gesetz oder jede Übertragung sämtlicher Wirtschafts­güter eines Unter­nehmens oder Unter­neh­mens­teils im Wege der Singularsukzession,“

Dies sah das VG FFM hier nicht für gegeben an. Der Investor hatte nämlich nicht „sämtliche“ Wirtschafts­güter übernommen, sondern das Grund­stück nur langfristig gepachtet. Das reichte dem Gericht nicht: Die Klage wurde abgewiesen. Das Unter­nehmen muss für das Jahr 2016 die volle, unbegrenzte EEG-Umlage zahlen.

Für die Zukunft ist die Entscheidung – zum Glück – nur noch einge­schränkt aussa­ge­kräftig. Denn schon 2016 wurde die Definition der Umwandlung geändert. Statt der Übertragung „sämtlicher“ Wirtschafts­güter reicht seitdem eine „nahezu vollständige“ Übertragung (§ 3 Nr. 45 EEG 2021). Doch gerade die relative Unschärfe dieses Begriffs sollte Unter­nehmen zu erhöhter Sensi­bi­lität motivieren (Miriam Vollmer).

2021-08-10T00:34:20+02:0010. August 2021|Erneuerbare Energien, Industrie, Verwaltungsrecht|