Wahlkampf­thema Verkehrs­wende: Das Wahlpro­gramm der CDU

Wer nach Verkehrs­po­litik im „Regie­rungs­pro­gramm“ der CDU, wie das Papier etwas großspurig heißt, sucht, muss erst ein bisschen suchen: Es findet sich auf etwa 1 1/2 von insgesamt knapp 140 Seiten unter Gliede­rungs­punkt 3.6 „Vorfahrt für intel­li­gente Mobilität“. Gleich zum Einstieg findet sich der Satz „Mobilität ist ein Ausdruck indivi­du­eller Freiheit“. Das riecht sehr nach dem alten Slogan des ADAC, „Freie Fahrt für freie Bürger“ mit dem vor Jahrzehnten das Fehlen eines Tempo­limits auf deutschen Autobahnen verteidigt wurde. Doch dazu später.

Zunächst geht es im Programm weiter mit Vorschlag, der durchaus im Sinne der Verkehrs­wende ist, aber zwischen den Parteien mit Ausnahme der FDP zumindest als Forderung unumstritten: Der Deutsch­landtakt und der damit verbundene Ausbau der Schie­nen­in­fra­struktur. Dazu ist zu sagen, dass der Ausbau der Schie­nen­in­fra­struktur idealer­weise vor Einführung des Deutsch­land­taktes erfolgt wäre. Aller­dings hat das unions­ge­führte Bundes­mi­nis­terium für Verkehr und Infra­struktur in den letzten Jahren den Schie­nen­ausbau vernach­lässigt. Jeden­falls gemessen an den anderen Europäi­schen Ländern und an den Inves­ti­tionen, die zur gleichen Zeit in den Bau von Fernstraßen bereit­ge­stellt wurden.

Ein weiterer zentraler Punkt zum Thema Verkehr im Wahlpro­gramm der CDU beschäftigt sich mit der Sicherung des Automo­bil­standorts Deutschland. Hier bekennt sich die CDU zu einer Zukunft, in der weiterhin Autos aller Antriebs­formen gebaut werden sollen. Insgesamt ist Techo­lo­gie­of­fenheit ein Stichwort: neben Elektro­mo­bi­lität setzt die CDU auf synthetische Kraft­stoffe und Wasser­stoff im Straßenverkehr. Die CDU spricht sich sowohl gegen Diesel­fahr­verbot als auch gegen ein generelles Tempo­limit auf Autobahnen aus. 

Schließlich beschäftigt sich das Programm mit Flugverkehr und Schiff­fahrt. Die CDU will, dass die Luftfahrt „ein preislich wettbe­werbs­fä­higer Verkehrs­träger“ ist. Sie will die positiven Aspekte des Fliegens und die Innova­ti­ons­kraft der Luftfahrt wieder stärker heraus­stellen und als Schlüs­sel­tech­no­logie gezielt fördern. Sie setzt auf die Entwicklung von Flugtaxen. Sie seien zwar noch eine Vision für die Zukunft, aber würden zunehmend realistischer. 

Insgesamt ist das Programm der CDU aus Sicht der Verkehrs­wende enttäu­schend. Von der (seit langem) verspro­chenen Förderung der Schiene und dem Bekenntnis zu synthe­ti­schen Kraft­stoffen abgesehen, gibt es kaum Impulse für eine klima­freund­liche Verkehrs­po­litik und insbe­sondere für die Lösung der Verkehrs­pro­bleme in den Städten. Kein Wunder, dass der amtie­rende Bundes­ver­kehrs­mi­nister Andreas Scheuer kürzlich von „zu hoch gesteckten Klima­zielen“ warnte. Bei der ambiti­ons­losen Verkehrs­po­litik der Unions­par­teien werden aber selbst niedrig gesteckte Ziele nicht zu erreichen sein (Olaf Dilling).

2021-07-14T21:50:46+02:0014. Juli 2021|Allgemein, Verkehr|

Ausge­rechnet Bananen: Zu BVerwG 8 C 27.20

Eine auf den ersten Blick kuriose, aber auf den zweiten doch auch juris­tisch inter­es­sante Entscheidung hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) mit Datum vom 09. Juni 2021 (8 C 27.20) zur Begriffs­klärung des „produ­zie­renden Gewerbes“ im § 41 EEG 2012  getroffen.

In der nun vom BVerwG gefällten Entscheidung geht es um einen Bananen­rei­ferei. Falls auch Sie nicht wussten, was das ist: Bananen wachsen bekanntlich (noch) nicht im Bundes­gebiet, sondern werden noch grün impor­tiert. Das ist – anders als bei manchen anderen Früchten – nicht schädlich, weil Bananen sowieso erst nach der Ernte reifen. In Deutschland reifen sie in Bananen­rei­fe­reien. Diese lassen die Bananen nicht einfach nur liegen. Sondern sie werden mit Ethylen behandelt.

Dieser Prozess erfüllt an sich die Kriterien des § 41 EEG 2021 in Hinblick auf die Energie­in­ten­sität. Das Unter­nehmen, das die Bananen­rei­ferei betreibt, sah sich deswegen schon berechtigt, nur die begrenzte EEG-Umlage zu bezahlen. Doch dem zustän­digen BAFA reichte das nicht: Es handele sich nicht um produ­zie­rendes Gewerbe gem. § 3 Nr. 14 EEG 2012. Hier wird auf die Klassi­fi­kation der Wirtschafts­zweige des Statis­ti­schen Bundes­amtes verwiesen.

Das VG Frankfurt/M. schlug sich am 8. Juni 2016 (5 K 4598/14.F) auf die Seite der Behörde: Eine Banane bleibe schließlich eine Banane. Der Hessische VGH dagegen meinte mit Urteil vom 7. November 2019 (6 A 1008/17), das Unter­nehmen produ­ziere durchaus etwas, denn es führe einen Prozess durch, bei dem ungenießbare, rohe Bananen in reife, genießbare Bananen umgewandelt werden. Dies sei der Klassi­fi­kation Klasse 10.39.0 zuzuordnen, der „Sonstigen Verar­beitung von Obst und Gemüse“.

Bananen, Obst, Lecker, Süß, Gelb, Früchte, FruchtDas BVerwG hat dies nun (nach durch­ge­führtem erfolg­reichen Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de­ver­fahren) anders gesehen. Es fehle, so der 8. Senat, an einer „Trans­for­mation des Ausgangs­ma­te­rials“. Die Bananen würden nämlich nicht anders reifen als unter Normal­be­din­gungen ohne Ethylen, dieses würde den Prozess nur beschleu­nigen. Dies reiche aber nicht aus. Die Klägerin betreibe deswegen Landwirt­schaft, kein produ­zie­rendes Gewerbe. Eine EEG-Umlage­be­grenzung gebe des also nicht. Klarge­stellt ist damit: Produzent ist nur derjenige, der Einsatz­stoffe in tatsäch­licher, physi­ka­li­scher Hinsicht verändert. Wenn ein natür­licher Prozess nur schneller (oder langsamer?) abläuft, so liegt kein produ­zie­rendes Gewerbe vor.

Nun verwendet das aktuelle EEG diesen Begriff inzwi­schen nicht mehr. Doch der Begriff des produ­zie­renden Gewerbes behält trotzdem seine Relevanz (z. B. § 51 EnergieStG). Hier muss jeweils im Einzelfall anhand des Regelungs­um­felds und der konkreten Prozesse im Unter­nehmen abgegrenzt werden (Miriam Vollmer)

2021-07-16T11:51:45+02:0013. Juli 2021|Erneuerbare Energien, Industrie, Strom|

Sonnen­en­ergie per Gesetz

Erneu­erbare Energien haben häufig einen großen Raumbedarf. Dabei lassen sich Windener­gie­an­lagen zwar ziemlich gut mit landwirt­schaft­lichen Nutzungen kombi­nieren. Aller­dings gibt es Konflikte mit Natur­schutz, Erholungs­funktion und Bebauung der Landschaft, auch wenn sich darüber streiten lässt, wie schwer­wiegend sie sind.

Bei der Photo­voltaik (PV) ist der Flächen­bedarf erheblich und hier ergeben sich tatsächlich auch Konflikte mit der Landwirt­schaft. Insofern läge es nahe, besonders solche Bereiche zu nutzen, die ohnehin bereits überbaut sind: Parkplätze oder auch Wohnge­bäude zum Beispiel. Dennoch sind die Dächer mit PV-Anlagen in deutschen Städten weiterhin eher rar.

In Berlin sollen nun die Hausei­gen­tümer gesetzlich verpflichtet werden, zumindest einen Teil ihrer Dachfläche für PV-Anlagen zu nutzen. Dies gilt zwar nicht für den Bestand, grund­sätzlich aber bei Neubau oder wesent­lichen Umbauten. Gelten soll die Pflicht ab 01.01.2023. Überbaut werden sollen mindestens 30 Prozent der Netto­dach­fläche. Je nach Gebäu­detyp variiert die Leistung: So sollen bei Wohnge­bäuden mit bis zu zwei Wohnungen eine PV-Anlage mit drei Kilowatt, bei größeren Wohn- oder Nicht­wohn­ge­bäuden Anlagen bis 6 Kilowatt instal­liert werden. Wegen Denkmal­schutz, Statik oder Dachaus­richtung sind Ausnahmen von der Pflicht möglich.

Inzwi­schen wurde der Geset­zes­entwurf vom Wirtschafts­aus­schuss des Abgeord­ne­ten­hauses gebilligt. Das Plenum muss aller­dings noch darüber abstimmen. Ähnliche Vorstöße für eine gesetz­liche PV-Pflicht für Hausei­gen­tümer gibt es auf Bundes­ebene seitens des Umweltministeriums.

Die Pflicht könnte PV-Pacht­mo­dellen Auftrieb geben, die bereits jetzt von einigen Stadt­werken Hausei­gen­tümern angeboten werden. Zwar ist der Kauf der Anlagen durch die Eigen­tümer ökono­misch sinnvoller. Aber das „Pacht­modell“ (eigentlich handelt es sich laut Recht­spre­chung des BGH um Miete) beinhaltet in der Regel ein Rundum-Sorglos-Paket und nimmt den Eigen­tümern die Inves­ti­ti­ons­kosten ab (Olaf Dilling).

2021-07-12T17:24:57+02:0012. Juli 2021|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|