#Fitfor55: Was steckt hinter dem Carbon Border Adjustment Mechanism?
Wir setzen unseren Blick auf das Kommissionspaket vom 14. Juli 2021 fort und schauen uns ein Instrument an, das ganz neu aufgelegt werden soll und schon jetzt besonders umstritten ist: Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM).
Der CBAM (Link zum Kommissionsvorschlag hier) ist eine Antwort auf ein altes Dilemma: Die EU mag mächtig sein, aber allmächtig ist sie nicht: Wenn in den 27 Mitgliedstaaten Treibhausgasemissionen verteuert oder anderweitig erschwert werden, können Unternehmen Produktionsstandorte ins außereuropäische Ausland verlagern, die Kosten so sparen und die Produkte wieder in die EU einführen.
In der Vergangenheit bis heute versucht die EU diesem Dilemma durch erhöhte Zuteilungen kostenloser Emissionsberechtigungen im EU-Emissionshandelssystem zu begegnen. Diesen Weg will die EU nun nicht weiter beschreiten: Die kostenlosen Zuteilungen für die von Carbon Leakage, also der klimaschutzbedingten Abwanderung bedrohten Industrien sollen von 2026 an abgeschmolzen werden (zur Zukunft des ETS siehe hier). Statt dessen will die Kommission nicht nur Abwanderung verhindern, sondern generell Einfluss auch auf außereuropäische Unternehmen ausüben, die nach Europa importieren. Der neue Weg: Der CBAM.
Der neue Mechanismus setzt beim Import an. Verantwortlich wird der Importeur. Er muss jedes Jahr zum 31. Mai bei einer nationalen zuständigen Behörde deklarieren, welche der erfassten Güter er im Vorjahr in die EU importiert hat und welche Emissionen mit der Erzeugung dieser Güter verbunden sind. Falls genaue Daten nicht zu beschaffen sind, soll auf Standardwerte abgestellt werden. Für diese Emissionen muss der Importeur CBAM-Zertifikate abführen, die von den Behörden zu dem Preis ausgegeben werden, den auch Emissionsberechtigungen kosten.
Die KOM hat es eilig: Mit einer Meldepflicht soll es schon 2023 losgehen, 2026 tritt dann auch die Abgabepflicht ein. Zunächst soll der CBAM nur für die Güter Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel und Strom starten. Je nach den Erfahrungen mit dem neuen Instrument will die Kommission den CBAM dann ausweiten und zwar nicht nur auf weitere Produkte, sondern auch auf den gesamten CO2-Fußabdruck inklusive Transporte, für die Erzeugung erforderlichen Strom etc.
Der CBAM ist hoch umstritten. Insbesondere muss seine Ausgestaltung den Regeln der WTO entsprechen, u. a. in Hinblick auf Entwicklungsländer. Aber auch in praktischer Hinsicht ist das Mehr an Bürokratie, das mit dem CBAM verbunden ist, ein Faktor, der nicht außer acht gelassen werden darf. Gerade in den letzten Jahren kumulieren sich Melde- und Nachweispflichten nicht nur, aber auch in umwelt- und energierechtlichen Neuregelungen. Was oft übersehen wird: In vielen Unternehmen sind die Abteilungen, die für solche Nachweise zuständig sind, klein und bestehen oft nur aus wenigen Mitarbeitern (Miriam Vollmer).