Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS)
In der öffentlichen Diskussion wird oft verkannt, dass Klimaschutzpolitik nicht nur eine, sondern zwei Dimensionen hat: Zum einen geht es um die Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst nicht mehr als 2° C, noch besser nur um 1,5° C. Zum anderen – und diese Dimension ist nicht weniger wichtig, wie diese Tage zeigen – muss die Bundesrepublik sich an das veränderte Klima anpassen, denn auch schon ein durch vielfältige Maßnahmen „gebremster“ Klimawandel wirkt sich in vielfacher Hinsicht auf Deutschland aus.
Doch während die Maßnahmen rund um die Begrenzung zukünftiger Emissionen etwa des Verkehrs oder der Energieerzeugung viel diskutiert und hoch umstritten sind, ist erstaunlich unbekannt, dass die Bundesregierung bereits 2008 eine Anpassungsstrategie (DAS) an den Klimawandel beschlossen hat. Sie finden Sie hier. Dass die Bundesregierung diesen Plan ausgearbeitet hat, ist auch kein Akt außergewöhnlicher Weitsicht, sondern beruht auf einer Verpflichtung nach Artikel 4 der Klimarahmenkonvention, wo die Vetrragsstaaten sich zum Erlass von Anpassungsstrategien verpflichtet haben.
Die DAS wirkt trotz der 13 Jahre, die seitdem vergangen sind, erstaunlich aktuell, sieht man von den Zeitreihen ab. Interessant: Auf S. 12 befindet sich eine Passage, in der sehr klar prognostiziert wird, dass die heißen Tage mit über 30° C sich verdreifachen und Starkniederschläge zunehmen werden. Ausgehend von dieser Analyse beschreibt die Bundesregierung auf S. 32ff., welche Folgen die modellierten Veränderungen haben werden, von einer Zunahme der Borreliose über Blaualgenblüten mit negativen Folgen für Badegewässer, eine Zunahme von Hautkrebs, Probleme bei der Gebäudenutzung, aber auch Hochwasser, Sturmfluten, Austrocknung der Feuchtgebiete und Moore, negative Folgen für die Landwirtschaft, die Finanzwirtschaft, das Versicherungswesen, Verkehrswege, der Skitourismus und, und, und.
Die DAS erschöpft sich aber nicht in der Aufzählung der unschönen Folgen der Erderwärmung. Sie enthält auch konkrete Forderungen, was der Gesetzgeber, was die Verwaltungen, tun sollten, um die Bundesrepublik erderwärmungsfester zu gestalten. Von neuen DIN-Normen für den Bau bis zu konkreten Kanalisationsverbesserungen wird ein bunter Strauß aufgeblättert. Interessant: Auf S. 23 befindet sich eine Passage, die die Stärkung der Eigenvorsorge bei Starkregenereignissen thematisiert. Interessant ist auch der Passus auf S. 33f., wo es u. a. auch um die Energiewirtschaft und ihre Schwierigkeiten etwa bei der Kühlwasserversorgung und der Versorgung mit Rohstoffen geht. Ganz konkret um Extremwetterereignisse wie in den letzten Tagen geht es auf S. 43, wo u. a. die Freihaltung von Bebauung, Deichbau- und Deichsanierungsmaßnahmen gefordert werden. Wie Anpassungsmaßnahmen regional und sektoral aussehen können, können Sie übrigens selbst über diese Suchmaske des Umweltbundesamtes recherchieren. Er beruht auf dem Aktionsplan Anpassung (APA) von 2011. Die bis 2015 erzielten Fortschritte hat die Bundesregierung in einem ersten Fortschrittsbericht veröffentlicht. 2020 ist ein weiterer Fortschrittsbericht erschienen. Jeweils wird nicht nur dokumentiert, wie die DAS von 2008 vorankommt, sondern diese auch inhaltlich fortgeschrieben. Im letzten Fortschrittsbericht werden die gegenwärtigen (!) Schäden durch Starkregen an Wohngebäuden in NRW in einer Grafik auf S. 21 übrigens mit 13 Mrd. EUR beziffert, 3,50 EUR pro m2 Wohnfläche.
Auch in den nächsten Jahren soll die DAS weiterentwickelt werden. Doch noch deutlich mehr als im weitgehend vergemeinschafteten Klimaschutz durch Verringerung der Emissionen bestehen hier Spielräume von Bund, Ländern und Gemeinden. Der Grad der Oberflächenversiegelung etwa hängt stark an der Bauleitplanung. Die Baustandards und technischen Standards beruhen oft auf institutionalisierten Branchendialogen. Die Zivilgesellschaft selbst ist hier also gefordert, an der zweiten Säule des Klimaschutzes zu arbeiten (Miriam Vollmer).