Werbung mit Influencern: Was will das Ministerium?

Wer mit Influencern zusam­men­ar­beitet oder gar ein Influencer ist, kennt die Diskussion: Wann sind Beiträge als Werbung zu kennzeichnen? Wird Werbung nicht gekenn­zeichnet, ist das unter Umständen sogar unabhängig von der Bezahlung des indivi­du­ellen Postings wettbe­werbs­widrig (KG Berlin, „Vreni Frost“, 8.1.2019, 5 U 83/18, hier erläutert).Erst im vergan­genen Oktober hatte auch das OLG Frankfurt mit Entscheidung vo 23.10.2019 (6 W 68/19) unter­strichen, dass seiner Ansicht nach bei einem Account, dessen Inhaber überhaupt bezahlt wirbt, auch die nicht bezahlte Produkt­pla­zierung Werbung darstellt und als solche auszu­weisen ist. Der Senat führt hierzu aus:

Dann aber liegt es nahe, dass sie mit den Tags jeden­falls das Interesse von Dritt­un­ter­nehmen an einem Influencer-Marketing in Koope­ration mit ihr wecken möchte, um Umsätze zu generieren; das genüg“

Kennzeichnet man aber alles als Werbung, kann auch dies den Durch­schnitts­ver­braucher irreführen, weil werbe­willige Unter­nehmen annehmen könnten, dass der Account viel attrak­tiver für Werbe­kunden sei, als dies tatsächlich zutrifft.

Diese Unsicherheit will das Bundes­jus­tiz­mi­nis­terium (BMJF) nun besei­tigen. Es hat deswegen einen Geset­zes­vor­schlag erarbeitet, der § 5a Abs. 6 UWG ergänzen würde wie folgt:

Ein kommer­zi­eller Zweck einer geschäft­lichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Infor­mation und Meinungs­bildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegen­leistung gewährt wurde.“

Doch ist das wirklich hilfreich? Wann dient denn eine Äußerung „vorrangig“ der Infor­mation? Das Geschäft mancher Influencer beruht darauf, dass ihre begeis­terte Follo­wer­schaft überhaupt alles, was sie sagen oder tun, als höchst inter­es­sante Infor­mation wahrnimmt, natürlich auch und insbe­sondere, was sie anziehen, wo sie hinfahren und was sie sich in die Wohnung stellen. Im Einzelfall ist die Abgrenzung damit immer noch nicht klar. Immerhin dürfte feststehen, dass dem Minis­terium eine Beweis­last­umkehr vorschweben dürfte.

Gerade für Unter­nehmen der Infra­struk­tur­wirt­schaft, die oft erstmals überhaupt mit Influencern arbeiten, heisst es damit in jedem Fall auch weiterhin: Bestehende Risiken müssen gesehen und vertraglich abgebildet werden (Miriam Vollmer)

2020-02-17T09:17:49+01:0017. Februar 2020|Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Die Kunden­anlage: BGH vom 12.11.2019

Schade eigentlich: Mit Beschluss vom 12. November 2019 (EnVR 65/18) hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) die Hoffnungen auf eine Vergrö­ßerung von Spiel­räumen für Mieter­strom­pro­jekte fürs Erste zunichte gemacht, aber auch für viele andere Grenz­fälle Pflöcke in den Boden gerammt. Der Senat sollte darüber entscheiden, ob das OLG Düsseldorf mit seiner Einschätzung richtig lag, dass es sich bei zwei BHKW der GeWoBa mit je 140 kW Leistung in Bremen, die jeweils rund 500 Anschlüsse versorgen sollten, nicht mehr um Kunden­an­lagen handelt. Die GeWoBa, die ein Missbrauchs­ver­fahren gegen die Wesernetz anhängig gemacht hatte, argumen­tierte, die Voraus­set­zungen des § 3 Nr. 24a EnWG seien erfüllt. Nach dieser – bekanntlich seit langem heiss umstrit­tenen – Norm liegt eine Kunden­anlage vor, wenn Anlagen, …

a) die sich auf einem räumlich zusam­men­ge­hö­renden Gebiet befinden,
b) mit einem Energie­ver­sor­gungsnetz oder mit einer Erzeu­gungs­anlage verbunden sind,
c) für die Sicher­stellung eines wirksamen und unver­fälschten Wettbe­werbs bei der Versorgung mit Elektri­zität und Gas unbedeutend sind und
d) jedermann zum Zwecke der Belie­ferung der angeschlos­senen Letzt­ver­braucher im Wege der Durch­leitung unabhängig von der Wahl des Energie­lie­fe­ranten diskri­mi­nie­rungsfrei und unent­geltlich zur Verfügung gestellt werden,“

Die Vorin­stanz, das OLG Düsseldorf, hatte insbe­sondere die Frage des räumlich zusam­men­ge­hö­renden Gebiets breit thema­ti­siert und die Zusam­men­ge­hö­rigkeit des Geländes entlang der Qualität der Straßen bewertet. Grund­tenor war hier: Je wichtiger die Straße ist, um so eher ist nicht mehr von einem räumlich zusam­men­hän­genden Gebiet auszugehen.

Der BGH hat dies nun als „Grobfilter“ zwar nicht verworfen, aber doch deutlich präzi­siert. Danach sind Straßen nicht schädlich, aber ein Gebiet muss „räumlich abgegrenzt und geschlossen“ sein, es darf also keine anderen Grund­stücke, die nicht zur Struktur gehören, enthalten, es sei denn, diese fallen nicht ins Gewicht. Diese Formu­lie­rungen in den Rdnr. 23 und 24 sind so weich, dass die nächsten Strei­tig­keiten absehbar sind. Es kommt also weiter auf eine diffizile Einzel­fall­be­trachtung an.

In einem für viele Projekte wichtigen Aspekt ist der BGH aber restriktiv: Bei der Frage, ob eine Kunden­anlage bedeu­tungslos für den Wettbewerb ist, haben auch schon andere OLG als das OLG Düsseldorf abgeleitet, dass tatsächlich nur sehr kleine, im Ergebnis oft unwirt­schaft­liche Anlagen noch als Kunden­anlage durch­gehen. Hier hatte die Praxis auf mehr Möglich­keiten gehofft. Der BGH sieht aber auf Basis des heutigen § 3 Nr. 24a EnWG Kunden­an­lagen nur dann für gegeben an (Rdnr. 32),

wenn mehrere Hundert Letzt­ver­braucher angeschlossen sind, die Anlage eine Fläche von deutlich über 10.000 m² versorgt, die jährliche Menge an durch­ge­lei­teter Energie voraus­sichtlich 1.000 MWh deutlich übersteigt und mehrere Gebäude angeschlossen sind.“

Damit ist der BGH zwar großzü­giger als manche Oberge­richte, denen schon 90 oder 100 Letzt­ver­braucher zu viel waren, aber für die wirklich inter­es­santen Projekte ist hiernach nach wie vor kein Raum.

Was nun? Die Recht­spre­chung hat die Norm nun hinrei­chend ausge­deutet. Dass es hierzu verfas­sungs- oder gemein­schafts­recht­liche Impulse geben könnte, erscheint fernliegend. Damit ist der Gesetz­geber aufge­rufen, die Spiel­räume für die ökolo­gisch wie sozial ja überaus erwünschten Mieter­strom­pro­jekte durch Änderung des § 3 Nr 24a EnWG zu schaffen (Miriam Vollmer).

2020-02-14T15:22:47+01:0014. Februar 2020|Allgemein, Energiepolitik, Strom|

Mütter als Tages­mütter: Förder­modell in der Kindertagespflege

Bekanntlich haben nach § 24 Sozial­ge­setzbuch (SGB) VIII alle Kinder in Deutschland spätestens ab dem ersten Lebensjahr einen Anspruch auf Förderung in einer Kita oder bei einer Tages­mutter. Aber: Gilt das auch für Kinder, deren Mutter selbst Tages­mutter ist? Kann die Mutter dann selbst auch von der staat­lichen Förderung profitieren?

Die Frage ist deshalb nicht ganz trivial, weil der Anspruch auf Förderung an sich ja einer­seits die Selbstän­digkeit und Gemein­schafts­fä­higkeit der Kinder fördern soll, anderer­seits auch den Eltern eine Erwerbs­tä­tigkeit ermög­lichen soll. Bei der Mutter, die (auch) in eigener Sache als Tages­mutter tätig wird, liegt der Fall aber so, dass das eigene Kind u.U. weiter an ihrem „Rockzipfel“ hängt und die Mutter ihrem Beruf auch nachgehen kann, ohne eine staat­liche Förderung zu erhalten. Anderer­seits ist es ja auch ein bisschen ungerecht für die Tages­mutter und Mutter in Perso­nal­union, dass sie wirtschaftlich schlechter da stehen soll, wenn sie ihr Kind nicht weggibt, obwohl es bei ihr vielleicht genauso gut gefördert wird, wie woanders. Nur weil sie Familie und Beruf ohnehin günstig kombi­nieren kann.

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Münster hat angesichts dieses Dilemmas vor ein paar Tagen in einem etwas kompli­zier­teren Fall aus Bielefeld einen wahrhaft salomo­ni­schen Eilbe­schluss gefällt. Es bleibt zwar dabei, die Betreuung des eigenen Kindes ist nicht förder­fähig. Aller­dings sei nicht ausge­schlossen, dass eine Gemein­schaft von Tages­müttern ihre Kinder gegen­seitig betreuen und dafür Förderung von der Gemeinde einstreichen können. Voraus­setzung ist aller­dings, dass das jeweilige Kind rechtlich und tatsächlich ausschließlich dieser anderen Tages­pfle­ge­person zugewiesen ist.

Wenn wir uns an die Ziele des Anspruchs auf Förderung erinnern, passt das wieder ziemlich genau zusammen. Eine Mutter gibt ihr Kind der anderen, in den gleichen Räumlich­keiten tätigen Tages­mutter zur Pflege, dadurch wird das Kind selbstän­diger und die Mutter erhält die Möglichkeit, ihrer Erwerbs­tä­tigkeit nachzu­gehen – durch Aufnahme eines anderen, fremden Kindes (Olaf Dilling).

2020-02-13T18:24:52+01:0013. Februar 2020|Allgemein|