Worte sind die elementaren Bausteine des Rechts. An den richtig gesetzten Worten entscheidet sich, ob Prozesse gewonnen oder verloren werden, ob Angeklagte freigesprochen oder zu langen Freiheitsstrafen verurteilt werden. Nun gibt es in Rechtsvorschriften immer wieder auch rein symbolische Worte, die rechtlich folgenlos sind. Zur Studienzeit haben wir uns über eine Anfang der 1990er eingefügte Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch amüsiert: Demnach seien Tiere „keine Sachen“, auch wenn zwei Sätze später deutlich wird, dass sie rechtlich eben doch in aller Regel wie Sachen behandelt werden. Offenbar ein folgenloses Geschenk an tierschutzaffine Politiker.
Auch heute gibt es Schlagwörter, deren rechtliche Relevanz nicht oder zumindest nicht auf den ersten Blick klar ist. Ein solches Wort ist das vom Klimanotstand. Inzwischen sind seit Mai diesen Jahres alleine in Deutschland inzwischen 63 Städte einem internationalen Aufruf gefolgt und haben den Klimanotstand ausgerufen, darunter z.B. Konstanz, Mainz, Wiesbaden, Köln, Bonn, Kiel und Rostock, weltweit gibt es zahlreiche weitere Länder und Kommunen, allen voran 2017 ein Vorort von Melbourne in Australien.
Notstand, das klingt erst einmal nach der rechtlich durchaus relevanten, aber politisch hochumstrittenen Notstandsgesetzgebung, die vor mehr als 50 Jahren vom deutschen Bundestag beschlossen wurde. Damals ging es darum, durch drastische Einschränkungen demokratischer Rechte und bürgerlicher Freiheiten die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen zu sichern. Solche Einschränkungen sind von der Ausrufung des Klimanotstands nicht zu befürchten, denn unmittelbare rechtliche Folgen sind damit bisher nicht verbunden.
Handelt es sich also um eine rein symbolische Maßnahme? Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Tatsächlich kommt es darauf an, was die einzelnen Städte daraus machen. Oft geht es nur um Absichtserklärungen, z.B. bis 2030 CO2-neutral zu werden. Gerade im Bereich Verkehr und im Gebäude‑, bzw Wärmesektor, aber auch bei Photovoltaik haben Kommunen jedoch auch erhebliche Handlungsspielräume. Ein Beispiel für eine Stadt, in der der Beschluss offensichtlich nicht folgenlos bleiben soll, ist Kiel. Dort will die Stadt 100 Millionen Euro in die Hand nehmen. Davon sollen Radwege deutlich aufgestockt und weitere Autofahrspuren den Radfahrern überlassen werden. Auf städtischen Gebäuden sollen Solaranlagen installiert werden, das innenstädtische Dauerparken von Kfz soll weniger attraktiv werden. Beleuchtung soll auf LED umgestellt und für kommunale Zwecken sollen E‑Fahrzeuge genutzt werden. Für Klimaneutralität bis 2030 ist der Weg zwar voraussichtlich noch lang und steinig, aber ein Anfang ist gemacht.
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