Mit einem inter­es­santen und sicherlich kontro­versen Gutachten belebt der Thinktank Agora unter Mitarbeit der früheren Kollegen von Kollegin Vollmer die Debatte um urbane Mobilität. Ausgehend von der Analyse, dass die Städte unter dem ruhenden Autoverkehr leiden, beschäftigt sich das aktuelle Gutachten mit der Frage, was Städte heute schon tun können, um die Lebens­qua­lität dadurch zu steigern, dass der knappe städtische Raum nicht in erster Linie zugeparkt wird. Und mit der Frage, was der Gesetz­geber noch tun muss, um Kommunen mehr Möglich­keiten einzu­räumen, mit dem parkenden Auto als Problem fertig zu werden.

Zu Recht weisen die Gutachter auf die schon heute – in Grenzen – bestehende Möglichkeit hin, im Rahmen straßen­recht­licher Widmungen nur bestimmte Verkehrs­arten zuzulassen. Weiter fordern sie, Parkplätze zu reduzieren. Auch das dürfen Gemeinden heute schon. Die Idee dahinter: Wenn es weniger Parkplätze in der Innen­stadt gibt, steigen mehr Verkehrs­teil­nehmer auf andere Verkehrs­mittel wie Fahrräder, den ÖPNV oder die eigenen Füße um.

Weiter weisen die Gutachter darauf hin, dass Parken heute zu billig ist. Parkge­bühren müssten deutlich steigen. Außerdem sollten Carsharing-Angebote attrak­tiver werden, etwa durch mehr exklusive Stell­plätze. Weiter weist das Gutachten darauf hin, dass Carsharing allein die Lebens­qua­lität zwar verbessert, weil mehr Menschen sich weniger Autos teilen, aber noch Potenzial im Hinblick auf die Emissi­ons­si­tuation besteht. Kommunen sollten auf eine Elektri­fi­zierung der Flotten hinwirken.

Gleich­zeitig weisen die Gutachter aber auch darauf hin, dass vieles, was sie für wünschenswert halten, heute noch nicht möglich ist. Hier setzt der Gesetz­geber noch absolute Grenzen. Eine Forderung an die Politik ist deswegen, den Rechts­rahmen sowohl im Bund, als auch in den Ländern dahin­gehend zu ändern, nicht mehr vom privat genutzten PKW als Normalfall auch urbaner Mobilität auszu­gehen. Parken dürfe kein Grund­recht mehr sein. In diesem Punkt ist das Gutachten revolu­tionär: Heute ist Parken erlaubt, es sei denn, es ist verboten. Die Autoren wollen dieses Verhältnis umdrehen: Parken soll nur dort ausnahms­weise gestattet sein, wo es ausdrücklich angeordnet ist. Überdies soll der Gesetz­geber die jährliche Maximal­gebühr fürs Bewoh­ner­parken drastisch anheben. Derzeit sind nur maximal 30,70 EUR erlaubt. Das sei zu wenig.

Im Gegenzug soll das stationäre Carsharing mehr Rechts­si­cherheit erfahren. Der Mecha­nismus ist klar: Die urbanen Bürger sollen mehr für das eigene Auto bezahlen, dafür mehr Komfort für Gemein­schafts­lö­sungen erhalten. Dies gilt sowohl für stationäre, als auch für beweg­liche Lösungen.

Was halten wir davon? Zumindest in den urbanen Ballungs­räumen ist der Ansatz mehr als verständlich. Die zuneh­mende Verdichtung urbaner Räume verlangt nach einer Auflösung des Nutzungs­kon­flikts um den begrenzten Raum. Die Autos von Innen­stadt­be­wohnern, die teilweise nur wenige Stunden in der Woche überhaupt bewegt werden, sind durchaus ersetzbar und sollten auch ersetzt werden, um anderen Nutzungen Platz zu machen.

Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der städtische Raum nicht nur von den Innen­stadt­be­wohnern genutzt wird. Gerade in Zeiten steigender Mieten und Grund­stücks­preise sind mehr und mehr Bürger darauf angewiesen, teilweise lange Strecken in die Städte zu fahren, um zu arbeiten, Dienst­leis­tungen wie Arztbe­suche oder auch kultu­relle Angebote zu nutzen. Sicherlich ist nicht jeder Pendler zwingend darauf angewiesen, bis zu seinem Arbeits­platz in den Innen­stadt­be­zirken mit dem Auto zu fahren. Park-and-Ride-Lösungen werden weniger genutzt, als dies heute möglich wäre. Aller­dings darf nicht übersehen werden: Alle zusätz­lichen Hürden für den Pendler belasten tenden­ziell eher denje­nigen, der sich das Wohnen in den teuren Innen­städten nicht mehr leisten kann. Auch, wenn er „nur“ Bequem­lichkeit verliert, dürfen neue Mobili­täts­lö­sungen nicht einseitig den wohlha­benden Stadt­bürger und seine Wünsche in den Blick nehmen. Alles andere würde als unsozial empfunden.